http://okaz.at/stellungnahme-des-oesterreichisch-arabischen-kulturzentrums-okaz-zur-hetzkampagne-gegen-die-diskussionsveranstaltung-mit-frau-leila-khaled/
Daher fühlen wir uns zu folgender Klarstellung gezwungen.
1. Frau Khaled bereist die EU mit einem gültigen Schengen-Visum. Sie trifft sich mit palästinensischen Gemeinden und mit VertreterInnen der Palästina-Solidaritäts-Bewegung in mehreren europäischen Staaten.
2. Die Behauptung, Frau Khaled bereise das Land mit einem gefälschten Reisepass, nur weil ihr ein „Heute“-Journalist kein Schengen-Visum gönnt, ist neben der falschen Behauptung, Frau Khaled habe ein Flugzeug gesprengt, ein Indiz für die mangelnde Seriosität, mit welcher Journalisten mancher Boulevard-Zeitungen ihre Recherchen betreiben.
3. Wenn auch der erste Besuch in Österreich, ist dies nicht der erste Besuch der palästinensischen Politikerin in Europa. Schon im Mai 2002 besuchte Frau Khaled England, hielt mehrere Vorträge in London und Manchester und nahm an Palästina-Solidaritätsdemonstrationen teil. Im Jahr 2011 reiste Frau Khaled nach Schweden, wo für sie von der Schwedischen Kommunistischen Partei und den schwedischen Gewerkschaften eine Tour durch mehrere Städte organisiert wurde.
4. Frau Khaled ist Mitglied des Palästinensischen Parlaments (Palästinensischer Nationalkongresses). Ihre Partei, Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), ist Teil der PLO, die vom österreichischen Staat als Vertreter der Palästinenser anerkannt wird und eine diplomatische Vertretung in Österreich hat. Der ehemalige österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky zählte zu den ersten Politikern, die sich international für einen Dialog mit der PLO und eine politische Lösung der Palästina-Frage einsetzten. Kreisky unterhielt gute Beziehungen zum ehemaligen PLO-Vorsitzenden Yasser Arafat, der von vielen Medien ebenfalls als Terrorist bezeichnet wurde.
5. Frau Khaled ist eine Vertreterin der palästinensischen Befreiungsbewegung. Sie tritt für eine politische Lösung der Palästina-Frage ein. Sie betont, dass die wichtigste Voraussetzung für die Lösung der Gewaltspirale das Aufheben der israelischen Besatzung palästinensischen Landes ist. Diese Position entspricht dem Völkerrecht und allen internationalen Gesetzen. Diese werden fortlaufend vom Staat Israel verletzt und dies ohne Konsequenzen auf diplomatischer, politischer oder wirtschaftlicher Ebene. Während gegen den Besuch von Frau Khaled in Wien gehetzt wird, werden israelische Politiker, etwa der rechtsextreme Avigdor Lieberman, der zu Vertreibung und sogar Enthauptung von Palästinensern aufruft, als Staatsgäste in Wien empfangen.
6. Die Widerstandsaktionen der Palästinenser sind die natürliche Folge ihrer Vertreibung aus ihrem Land und der kolonialen Besatzung. Eine bloße Verurteilung der Gewalt, ohne auf ihre politischen Ursachen und historischen Hintergründe einzugehen, ist daher eine indirekte Unterstützung vom gesamten Westen unterstützten Kolonialprojekts in Palästina. Die Staatsgründung Israels 1948 baut auf der gewaltsamen Vertreibung von rund einer Million PalästinenserInnen (Dreiviertel der damaligen arabischen Bevölkerung Palästinas) auf. Der israelische Staat tötet Menschen jenseits jeglicher legaler Grundlagen (man könnte auch sagen, er mordet), expandiert gewaltsam und hält Millionen von Menschen in Apartheid-Enklaven eingesperrt. Keine westliche Demokratie wagt es, diesen Staatsterror zu verurteilen.
7. Es ist tatsächlich ein sich wiederholendes Muster in der Kolonialgeschichte, dass die Aufmerksamkeit der Bevölkerung in den Kolonialstaaten auf die Probleme der Kolonisierten erst durch deren Aktionen und nicht durch die von den Kolonisatoren verursachte Misere erregt wird. Der Fall Leila Khaled in der Vergangenheit sowie der heutige Versuch, ihr den Mund zu verbieten, fallen in dieses Muster.
8. Als zum Teil aus dem arabischen Raum stammenden BürgerInnen dieses Landes sehen wir es nicht nur als unser demokratisches Rechet, sondern auch als unsere gesellschaftliche Pflicht, Sprecher aus unserem Land nach Österreich einzuladen, die Wissen über die Situation in der Region vermitteln und eine Diskussion über deren Zukunft ermöglichen. Wir sehen diese Veranstaltungen als eine Möglichkeit, den gesellschaftlichen Dialog in Österreich zu bereichern. Seit seiner Gründung sieht OKAZ diesen Dialog als seine Hauptaufgabe an: Jenen eine Stimme zu verleihen, die von den hiesigen Mainstream-Medien verschwiegen werden.
9. Wie wäre es, wenn sich unsere Medien unter Respektierung des eigenen Anspruchs der journalistischen Ausgewogenheit bemühen würden, die Verfemte selbst zu befragen? Auf diese nahe liegende Idee ist scheinbar noch niemand gekommen. Wir sind gerne bereit den Kontakt zu vermitteln, obwohl sich dieser ohne jede Schwierigkeiten auch ohne unsere Hilfe herstellen ließe.