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Linke Euro-Gegner treffen sich im September in Italien, dem neuen Krisenzentrum

27. August 2016
von Wilhelm Langthaler

Vom 16.-18. September wird in Chianciano Terme bei Siena das „No Euro International Forum“ stattfinden. Es ist bereits das dritte Treffen dieser Art. Es wird von einer europäischen Koalition verschiedener politischer Kräfte abgehalten, die die dringende Beendigung der Einheitswährung fordern und auch nicht die Konsequenz des Bruchs mit dem Binnenmarkt und der EU als ganzer scheuen.


Das vorhergehende Treffen fand in Athen just eine Woche vor dem historischen Referendum statt, das als Mandat für den Bruch mit der Euro-Oligarchie interpretiert hätte werden können. Stattdessen wurde es zur Unterordnung unter das liberalistische Diktat gewendet.

Die Initiative ging von der “International Co-ordination of Leftist and Popular Forces against the Euro” aus, die im August 2014 in Assisi, Italien, gegründet worden war. Deren Kerngruppe setzt sich aus Gruppierungen aus jenen Ländern zusammen, die unter der Zwangsjacke Euro am stärksten leiden, namentlich Italien, Griechenland, Spanien und Frankreich. Mancherorts nehmen sogar mehrere Bewegungen teil, die bisweilen auch unterschiedliche Milieus überspannen. Einzelne Personen oder Initiativen aus Deutschland, Österreich, Finnland, Portugal, Slowenien, Britannien oder Irland haben sich angeschlossen.

Die soziale Revolte in Griechenland, ihre Konsequenzen auf der Ebene der Wahlen und der Linksregierung sowie ihre anschließende Erdrosselung wurden zu einem entscheidenden Wendepunkt für das Euroexit-Projekt, wenn auch mit unerwarteten Wendungen. Bald nach der griechischen Kapitulation entstand die Plan-B-Initiative. Sie versprach die Lehren aus dem Desaster zu ziehen und eine Alternative zur Herrschaft der Euro-Oligarchie anzubieten. Aber die in Spanien neu aufkeimenden Hoffnungen auf einen zweiten gradualistischen Versuch des linken Drucks auf das Euro-Regime, nahmen dem Plan B die sehr schnell die Luft und führten zum Kollaps, bevor das Projekt überhaupt richtig starten konnte. Letztlich stützte es sich auf die simple Vorstellung, dass Spanien wesentlich größer und mächtiger sei als Griechenland und die soziale EU doch durchsetzen können müsse. Die Lehren aus der griechischen Tragödie waren schnell verblasst. Es war dann auch der glücklose frühere griechische Finanzminister eine seiner berüchtigten 180-Grad-Wendungen durchführte und zu einem europäischen Bundesstaat aufrief. Eigentlich ist die Zentralisierung das Projekt der Euro-Oligarchie, doch er meint auf fantastische Weise eine weiter gestärkte EU-Zentrale nach links zwingen zu können. Der viel bescheidenere ehemalige italienische Vize-Finanzminister Fassina erklärte nach weniger Monaten, dass die ungünstigen Kräfteverhältnisse einen Plan B nicht zuließen. Und für den Führer der französischen Front de Gauche Mélonchon handelte es sich sowieso lediglich um eine Drohgebärde. Der einzige, der der ursprünglichen Idee treu geblieben ist, ist der deutsche Exminister Lafontaine. Doch er ist gleichzeitig Gefangener seiner Partei, die auf Biegen und Brechen in eine linksliberale Koalition in den Fußstapfen Schröder aufgenommen werden will.

In der Zwischenzeit hat der Brexit-Entscheid der britischen Unter- und Mittelklassen all diese schüchternen Überlegungen, die von der Angst, mit der europäistischen linksliberalen Ober- und Mittelschicht zusammenzustoßen, geprägt sind, überholt. Das Referendum war ein Schlag gegen das Herz der neoliberalen Diktatur, die EU selbst. Heute versteht jeder, dass der Plan der Eliten für einen immer engeren Zusammenschluss in Richtung eines supranationalen Parastaates zum zügigen Abbau der verbliebenen demokratischen und sozialen Errungenschaften nicht funktionieren wird.

Podemos’ Wendung zur Mitte und ihre Beinahe-Umarmung der “Kaste”, die sie zuvor so angegriffen hatten, führte zur Enttäuschung ihrer hochtrabenden Wahlhoffnungen. In Portugal erweist sich die von der Linken tolerierte sozialdemokratische Minderheitsregierung als nicht in der Lage die versprochene Dämpfung des Brüsseler und Berliner Crash-Programms zu erwirken. Jeder Mucks gegen das Diktat des Zentrums wird mit dem Terror des wieder auftauchenden Zinsenspreads quittiert. Doch das Epizentrum der Eurokrise hat sich nun nach Italien verlagert. Unterstützt von der EU-Oligarchie wollte Renzi das ins Wanken geratene politische System mittels eines autoritären Präsidentialismus panzern. Darüber wollte er populistisch-plebiszitär abstimmen lassen. Aber mit der anhaltenden Wirtschaftskrise und den drohenden Bankenzusammenbrüchen am Horizont, rückt eine Niederlage immer mehr in den Bereich des Möglichen oder gar des Wahrscheinlichen. Das könnte in der Folge die verfemte 5-Sterne-Bewegung an die Macht bringen. Nach dem Brexit wäre das der nächste schwere Schlag gegen das Euro-Regime mit unabsehbaren Konsequenzen für die gesamte EU.

Eine Folge des Zerfalls der Plan-B-Initiative von oben (von elder statesmen) ist die Formierung der Lexit-Plattform von unten. Sie hat nun die überfälligen Konsequenzen gezogen und fordert klar den Austritt aus der Euro-Zone bzw. dessen Auflösung. Nicht nur Stefano Fassina hat dann doch in einer abermaligen Kehrtwende den Aufruf unterzeichnet, sondern auch zahlreiche Volkswirte, Intellektuelle und Aktivisten, die sich vom Plan B mehr erwartet hatten. Der Portugiese Luis Bernardo, ein Mitgründer des Lexit-Netzwerkes, wird nun am Nein-zum-Euro-Forum in Italien teilnehmen genauso wie Costas Lapavitsas, der ehemaliger Syriza-Abgeordnete, der von Anfang an für den Bruch eintrat, sich dann der Volkseinheit (LAE) anschloss und sich auch an den Plan-B-Debatten beteiligte.

Einige ganze Reihe an Persönlichkeiten und Repräsentanten haben sich für Chianciano angekündigt: Inge Höger, Linke-Abgeordnete von der Antikapitalistischen Linken (AKL); Julio Anguita, historische Figur der Izquierda Unida und der KP Spanien; Manolo Monereo, Podemos-Abgeordneter und einflussreicher Berater sowie Mitgründer der Europäischen Koordination gegen den Euro; aus Frankreich der bekannte Anti-Euro-Autor Jacques Sapir sowie Jacques Nikonoff, ehemaliger Präsident von Attac und heute Präsidentschaftskandidat für die neu gegründete Entglobalisierungspartei Pardem; Yves Rouille, früherer Spitzenfunktionär der Gewerkschaft CGT; Luka Mesec von der Slowenischen Linken; Vasilji Volga von der Union der Linken Kräfte der Ukraine als auch Alexej Albu, populäre Figur in Odessa, der für die Autonomie eintrat und heute im Donbass exiliert ist – nur um einige wenige zu nennen.

Das breiteste Teilnehmerspektrum kommt jedoch aus Italien und Griechenland. Das zeigt gleichzeitig den massiven Meinungsumschwung nicht nur im Volk, sondern auch unter den Intellektuellen und selbst in der Linken an, die so lange die EU als „Internationalismus“ verteidigt hat. Damit hat sie den Eliten und ihrem ultraliberalen Projekt linke politische Deckung geboten und tut es bis zu einem gewissen Grad noch immer.

Ergebnis des Treffens in Italien, das möglicherweise wie das Athener Forum knapp vor einem politischen Erdbeben stattfinden könnte, sollte eine verbreitere Koalition demokratischer Kräfte gegen das Euro-Regime sein, die sich auf den notwendigen Bruch mit der Oligarchie vorbereiten. Nur so können auch die rechten Kräfte gestoppt werden, die die Welle des wachsenden Unmuts und Protests der Unter- und Mittelklassen zu reiten und in eine reaktionäre Richtung zu lenken versuchen.

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