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Die EU hat volle Verantwortung für den Bürgerkrieg in der Ukraine

14. September 2016
Von Wilhelm Langthaler

Interview mit Vasilj Volga, Vorsitzender der Union Linker Kräfte, früherer Parlamentarier und Leiter der staatlichen Finanzkommission


Vasilj Volga wird am No Euro Forum in Chianciano Terme, Italien, teilnehmen, das vom 16.-18. September 2016 stattfindet.

Was denken Sie nachträglich über das Freihandelsabkommen zwischen der Ukraine und der EU?

Das Abkommen läuft unseren nationalen Wirtschaftsinteressen diametral entgegen. Es wurde von den Kräften, die schließlich den Putsch organisierten, in populistischer Weise verkauft, zum Beispiel mit dem Versprechen der Visafreiheit. Wir müssen den Vertrag umgehend kündigen und unsere wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland und seinem Integrationsraum wiederherstellen, wie es unserem nationalen Interesse entsprechen würde.

Der Volksaufstand im Osten entstand auch gegen dieses ungerechte Vertragswerk. Hätte sich die Rebellion durchgesetzt und wären unser nationales Interesse nicht verraten worden, gäbe es heute keinen Bürgerkrieg. Die Ukraine hätte ihr wirtschaftliches Potential dynamisch als Brücke zwischen Europa und Asien entwickeln können.

Was halten Sie von der gegenwärtigen Poroschenko-Regierung?

Diese ist wirklich kriminell und hat alle erdenklichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Um ihre Ziele zu erreichen hat Poroschenko und seine Gruppe die fundamentalen staatlichen Institutionen zerstört. Ich könnte zahllose Beispiele dafür bringen, wie sie Rechtsradikalismus unterstützen und fördern.

Kann das Minsker Friedensabkommenden Konflikt lösen?

Minsk ist nur eine Möglichkeit Frieden zu schaffen. Wir haben regelmäßigen Kontakt zu unseren Freunden im Donbass, der sich nicht unter der Kontrolle Kiews befindet. Es gibt noch eine Chance die Region zurück in die Ukraine zu bringen, wenn Autonomie und Föderalismus garantiert wird. Aber dafür müsste das Abkommen nach Punkt und Beistrich umgesetzt werden. Wir brauchen eine Amnestie und der Sonderstatus des Donbass muss in der Verfassung festgeschrieben werden. Ein internationales Monitoring muss eingerichtet werden. Alle Provokationen, die nach der Spaltung in Nationen, Sprachen oder Ethnien trachten, müssen unterbunden werden. Die Justiz muss wieder entsprechend der Verfassung funktionieren. Die Massenmedien und ihre Besitzer, die diesen Konflikt geschürt haben, müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Nur Schritt für Schritt können wir einen gemein samen Staat wiederaufbauen.

Welche Rolle spielte die EU in diesem Konflikt?

Es war gerade die EU, die diese Tragödie über unser Land brachte. Sie schlossen mit Präsident Janukowitsch einen Friedensplan, für den sie garantieren wollten. Dieser sah seinen Rücktriff nach einem halben Jahr vor. Aber schon am nächsten Tag unterstützten Deutschland und Frankreich die ultraradikale Rechte und erkannten ihre Regierung an. Wenn das ausgehandelte Abkommen schlecht gewesen ist, warum haben sie es dann unterschrieben? Wenn es doch gut war, warum haben sie es nicht durchgeführt?

Wenn wir unser Land neu aufbauen und Frieden schaffen wollen, wie können wir Deutschland und Frankreich in ihrer Rolle als Vermittler trauen? In jedem Fall muss die EU die volle Verantwortung für den Konflikt tragen, ganz zu schweigen von den USA.

Können Sie Ihr Projekt der Union Linker Kräfte erklären?

Wir wollen eine Allianz der total zersplitterten und zerstreuten Linken sein. Das ukrainische Regime ist dabei auch die letzten Reste des Sozialstaats auszurotten. Alle Kräfte, die für soziale Gerechtigkeit eintreten, werden verfolgt und unterdrückt. Das ist der Sinn des sogenannten Entkommunalisierungsgesetzes mittels dessen auch die Kommunistische Partei verboten wurde. Weder Sozialisten noch Sozialdemokraten sind in der Lage sich zu organisieren. Die Union der Linken Kräfte möchte eine legale Plattform für die Linke bieten, die die verbliebenen sozialen Errungenschaften verteidigt. Zentrale Figuren der KP sowie der SP beteiligen sich, genauso wie die „Zivile Kontrollorganisation“ (Gromadsky Control, eine ehemalige NGO, die zu einer politischen Organisation wurde).

Und die Repression gegen Sie als Person?

Meine Möglichkeiten mich politisch auszudrücken sind sehr beschränkt. Als meine Pressekonferenz in Zaporozhe physisch attackiert wurde, haben viele TV-Sender mitgefilmt. Es gibt also genug Beweismaterial. Ich habe mich an den Innenminister, den Präsidenten, den Geheimdienst usw. gewendet, das eine Strafverfolgung eingeleitet wird. In einer privaten Nachricht ließ mich Minister Avakow wissen: Jeder Polizist, der in dieser Sache aktiv werden sollte, wird sofort seinen Posten verlieren. Trotzdem entschied ein Gericht Untersuchungen einzuleiten. Doch darüber lachte Avakow nur und tatsächlich passierte bis jetzt gar nichts. Jede unserer öffentlichen Aktivitäten wird von den Asov-Paramilitärs angegriffen und keine Behörde kann und will uns verteidigen.

Wie können Sie unter diesen Bedingungen an einer Beteiligung an den Wahlen denken?

Ich weiß es wirklich nicht. Die Leute sind terrorisiert. Gegen uns wird physische Gewalt angewandt. Meine Frau ist dem Psychoterror via Telefon und Email ausgeliefert. Angesichts dieser Probleme wissen wir nicht, ob wir die Verantwortung für eine Wahlkampagne tragen können.

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