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Festnahme von Kataloniens Exilpräsidenten Carles Puigdemont

Der ungelöste Krise nächser Akt


29. März 2018
von Gernot Bodner

Am Sonntag wurde der seit Oktober im belgischen Exil lebende vormalige Präsident Kataloniens und neuerliche Wahlsieger des Urnengangs im Dezember in Deutschland festgenommen. Die deutschen Behörden haben nun über seine Auslieferung an Spanien zu entscheiden, wo er wegen des katalanischen Unabhängigkeitsreferendums angeklagt ist.


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Damit setzt sich die ausschließlich auf polizeiliche Unterdrückung und juristische Verfolgung gebaute Politik des spanischen Staates gegenüber der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung und ihren institutionellen Repräsentanten ungebrochen fort. Dutzenden Politikern der Regierung Puigdemont drohen jahrzehntelange Haftstrafen wegen Rebellion, Veruntreuung öffentlicher Gelder und anderer „Delikte“: politische Prozesse und Verurteilungen, mit denen Rajoy‘s Volkspartei ein Kernelement der Franco-Ideologie- die Unteilbarkeit Spaniens – bedient und durch die damit erzielte gesellschaftliche Polarisierung erhofft, ihr von Korruption zeitweise tief erschüttertes politische Gewicht langfristig wieder zu stärken. Mit mäßigem Erfolg, wie Umfragen zeigen: der Gewinner der katalanischen Krise sind eindeutig die Neorechten der Ciudadanos.

Die katalanische Unabhängigkeitsbewegung reagierte auf die Verhaftung mit massiven Demonstrationen und Straßenblockaden sowie einer Verurteilung der Repression im neu gewählten Parlament. Dennoch sind die Konsequenzen des gescheiterten Unabhängigkeitsprozesses vom Oktober nicht zu übersehen. Den Unabhängigkeitsparteien gelingt es nicht, eine Regierung zu formieren, nachdem sich die CUP auf die Oppositionsrolle festgelegt hat und Catalunya en Comú eine auf die Unabhängigkeit orientierte Exekutive nicht unterstützt. Auch innerhalb der Unabhängigkeitsparteien ist die Spaltung zwischen den unnachgiebigen Strömungen, die auf ein neues Mandat Puigdemonts als Präsident der Generalitat bestehen (seine Partei lag bei den Wahlen im Dezember unerwartet vor der Republikanischen Linken ERC), und jenen, die eine alternative „entpolarisierende“ Figur suchen. Diese Spaltung verläuft nicht nur zwischen Puigdemonts Junts per Catalunya und der ERC, sondern auch innerhalb beider Parteien.

Katalonien bleibt eine ungelöste Krise: weder das spanische Establishment – Volkspartei, Ciudadanos und Sozialdemokraten – sind in der Lage, eine Lösung in ihrem Sinne durchzusetzen, noch hat das katalanische Unabhängigkeitsmilieu die nötige Mehrheit. Und auch Neuwahlen werden daran nichts ändern. Katalonien ist – analog zu Italien – ein weiteres Beispiel für die verlorengegangene Fähigkeit der EU-Eliten, Lösungen für ihre demokratischen und sozialen Baustellen zu finden. Der Status quo wird verlängert, indem die demokratischen Formen außer Kraft gesetzt werden und man hofft, dass die „anspringende Konjunktur“ das Vertrauen der Wähler wieder zurückbringt.

Eine solche Situation ist freilich nur tragbar durch die Schwäche der Opposition. Nach dem gescheiterten Versuch des Unabhängigkeitsreferendums im Oktober vergangenen Jahres und seinen Konsequenzen für die Linke im gesamten spanischen Staat, hat diese aber noch keinen Neustart geschafft. Daran wird auch die Empörung eines gewichtigen Teils der katalanischen Öffentlichkeit über die Festnahme Puigdemonts nichts ändern. Dennoch: auch wenn die Repression in Katalonien nicht der Katalysator für eine Trendumkehr zugunsten einer Alternative sein wird, so darf das Prinzip der Verteidigung der Demokratie nicht der Stimmungskonjunktur geopfert werden. Und zumindest von ihren EU-Illusionen werden die Unabhängigkeitsbefürworter wohl endgültig geheilt sein, sollte Puigdemont an Spanien ausgeliefert werden.

28. März 2018

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