Natürlich sind die steigende Neuinfektionszahlen besorgniserregend. Die sogenannte „Gleichzeitigkeit“, also die Gefahr, dass eine steigende Anzahl der positiven getesteten Personen gleichzeitig behandelt werden müsse und somit das Gesundheitssystem zum Kollabieren bringe, stellt das größte Bedrohungsszenario dar. Hier zeigt sich, wie beim ersten Lockdown, die Spuren des neoliberalen Diktums seitens der EU: Die ständige Einsparung im Gesundheitswesen. Aktuell bedeutet dies, dass selbst bei einer nicht kompletten Auslastung der Spitalsbetten, der Gesundheitspersonalmangel (PflegerInnen, ÄrztInnen etc.) die Behandlung von Sars-Cov-2-Patienten erschwert.
Es ist klar, dass es Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie braucht. Trotz dieses Bedrohungsszenariums empfinden wir den 2ten Lockdown aber als kontraproduktiv.
Zu den bereits jetzt schon geschwächten Branchen, wie der Gastronomie, an der unzählige vulnerable Personen daran hängen (Frauen mit Migrationshintergrund), würden dieser Lockdown zu einer massiven Arbeitslosigkeit führen. Mieten oder andere Fixkosten werden nicht mehr oder nur knapp zu bezahlen sein. Die Home-Office-Arbeit führt zu einer Entgrenzung des Arbeitsplatzes, in dem Beruf und Freizeit (Familienzeit) sich überlappen. Obwohl Schulen/Kindergarten diesmal offen bleiben, führt diese Entgrenzung zu einer intensiven psychologischen Belastung, da es keinen wirklichen Ausgleich gibt. Jedoch ist bezüglich der Schulen zu sagen, dass Oberstufen-SchülerInnen wahrscheinlich auf Distance Learning umgestellt werden. Erneut werden Jugendliche aus „bildungsfernen“ und einkommensschwächeren Familien (z.B. Laptop nicht leistbar) erhebliche Lernrückschritte erleben.
Während damit ein großer Teil oftmals prekär Beschäftigter und Allein-Selbständiger in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht wird, werden zugleich für jene, die im Handel, in der Fleischindustrie und nicht zuletzt in der Pflege durch die Epidemie einer Ansteckungsgefahren ausgesetzt sind, keine entsprechenden arbeitsrechtlichen Sicherheitsbestimmungen eingeführt. Statt gute Arbeitsbedingungen trotz COVID-19 herzustellen, versucht die Regierung durch „Kontrolldruck“, wie Nehammer meint das soziale Leben zu reglementieren.
Abgesehen von den sozialpolitischen negativen Konsequenzen, die sich aus den 2ten Lockdown ergeben, stellt die im Plan vorgesehene Ausgangssperre von 20 bis 6 Uhr, sowie das Veranstaltungsverbot, einen groben Einschnitt in die Freiheit der BürgerInnen dar. Der politische Aktivismus, der aufgrund des normalen Arbeitsalltages, erst am Abend möglich ist, wird somit völlig unterminiert. Wie beim 1ten Lockdown, wird eine zunehmende Polizeikontrolle stattfinden, die schon beim ersten Mal exorbitanten und willkürlichen Strafen mit sich gezogen hat. Dass solche Maßnahmen den sozialen Zusammenhalt beschädigen, führt zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft.
Deshalb fordern wir den Stopp des zweiten Lockdowns, insbesondere weil die türkis-grüne Regierung nicht zögern wird, den Sparstift sobald wie möglich wieder einzusetzen. Es braucht jetzt eine Umverteilungspolitik die sich den Diktat des EU Regime löst. Es braucht jetzt einen starken Staat der nicht nur ein Verteiler, sondern auch seine Kapazität zur Geldschöpfung ausnutzt um eine öko-soziale Wende ein zuleiten.
Nein zum Lockdown!
Ja, zu einer tiefgreifenden öko-sozialen Wende im Sinne der Mehrheit!