Site-Logo
Site Navigation

Die Amtszeit von Angela Merkel – eine Zeit der Spaltungen

3. Oktober 2021
Von R. Brunath

Eine Zusammenfassung


8683

Die außen- und militärpolitische Politik der Ära Merkel endete mit einer üblen Bauchlandung. Der militärische Einmarsch deutscher Soldaten  in Afghanistan, der zweite nach Jugoslawien nach Weltkrieg II  ist nach 20 Jahren Kriegüben krachend gescheitert. Nicht nur den Schutz Deutschlands am Hindukusch musste man abschreiben, sondern auch das „Erfahrungen sammeln“ für „größere Aufgaben“. Der verloren gegangene Rußlandfeldzug belegt immer noch die Hirne der deutschen Imperialisten, deren Fantasien Merkel stets gehorsam exekutiert hatte. Ach, es wäre so schön gewesen, wenn die Bundeswehr den Sandkasten Afghanistan für die ultimativen Erfahrungen hätte nutzen können. 

Aber es gibt ja noch Mali oder einen anderen der zahlreichen „militärischen Auslandseinsätze“ wo man Erfahrungen sammeln kann. So war Merkel-Deutschland weltweit Kriegs- und Besatzungsmacht – „Verantwortung“ übernehmend.  Und es wurden keine Kosten gescheut. Abermilliarden Dollar und Euro wurden aufgewendet – Steuergelder – um Erfahrungen zu sammeln. Menschenleben spielten dabei keine Rolle. Millionen Menschen sind auf der Flucht, mehr als 200.000 sind getötet worden. Ihr Blut klebt auch an Angela Merkels Händen.

War das Politik oder was?

Halbherzig war die Kanzlerin nicht, wenn es darum ging eine Konfrontationspolitik der EU gegenüber Russland zu entwickeln. Der zuletzt diesbezüglich sichtbar gewordene  Effekt ihrer Einflussnahme ist die sang- und klanglos in der Versenkung verschwundene EU-Zulassung des russischen Sputnik-Impfstoffes gegen Corona. Oder ihre Ablehnung gegen die von Präsident Biden vorgeschlagene Freigabe der Impfstoff-Patente an Drittländer, speziell für Afrika.                                

2014 spielte Deutschland unter Merkels Kanzlerschaft eine maßgebliche Rolle bei dem faschistischen Putsch in der Ukraine. So konnten die USA beginnen, in Osteuropa Antiraketensysteme zu installieren und die Frontpositionen bis an die russische Grenze vorzuverlegen. Für Washington geschah das in der Logik ihrer geostrategischen Politik, nämlich einen Zusammenschluss Europas unter deutscher Führung mit Russland zu verhindern. Merkel hat die Washingtoner Direktiven – bis auf das Nord-Stream-2 – brav exekutiert und vorauseilend den Beitritt der Krim zur Russischen Föderation als Vorwand genutzt, um in der EU antirussische Stimmung zu machen. Und das sogar in dem Bewusstsein, dass ihre Politik den langfristigen ökonomischen und geostrategischen Interessen Deutschlands, den Interessen der deutschen Industrie, erheblich schadet.

Frau Merkel hat in ihrer Amtszeit diese kurzsichtige Außenpolitik bis zum Schluss nie korrigiert. In diesem Zusammenhang ist auch der vielen Menschen in Deutschland bis heute unverständliche, 2018 erfolgte Austausch des Außenministers Sigmar Gabriel gegen den farblosen Heiko Maas zu verstehen. Anscheinend hatte Gabriel andere Vorstellungen von Ostpolitik, die mit denen von Frau Merkel kollidierten. Ihr Vermächtnis nach der Niederlage in Afghanistan ist töricht. Trotzig soll die Verstärkung der Aufrüstungsbestrebungen begonnen bzw. weitergeführt werden,  und sie ließ keine Zeit vergehen. Denn obwohl und gerade weil sich die Niederlage im Fernen Osten seit Langem abzeichnete, beteiligte sich die Bundeswehr unter der Merkel-Regierung an den konfrontativen Truppenaufmärschen im Baltikum, im Schwarzen Meer und im Südchinesischen Meer. China gegenüber ist das absoluter Unfug, denn das Land war 2020 zum fünften Mal in Folge Deutschlands wichtigster Handelspartner. Nicht genug damit: sie verklärte eisern die CIA-Subjekte  Alexej Nawalny, Swetlana Tichanowskaja, Ai Weiwei oder Joshua Wong zu „Regimekritikern“ und „Menschenrechtsaktivisten“.

Rettung für die Banken und Konzerne

Die Kanzlerin legte 2008 die Richtlinien fest für ein Krisenmanagement zugunsten der Banken und des Finanzkapitals. Sie gestattete nach dem Crash 2008, dass  Hunderte Milliarden den Banken zugeschanzt wurden und seit 2019 weitere Billionen. Anstatt aktive Konjunkturprogramme aufzulegen, wurden Banken vor dem Bankrott gerettet. Und trotz der unlauteren Machenschaften der Banker im Vorfeld der Krise, ließ sie es zu, dass diese ebenso wenig angeklagt und verurteilt wurden wie Abgasbetrüger aus den Führungsetagen der Autokonzerne – mit Ausnahme einiger, nach öffentlichem Druck. Die  herrschende „Elite“ wird mit Samthandschuhen angefasst, der kleine Mann auf der Straße darf zahlen. Dieses Prinzip verfolgte die Kanzlerin von Beginn an. Unverdrossen machte sie sich gleich nach ihrem Amtsantritt Gerhard Schröders Agenda 2010 und Harz IV zu eigen, das zur inneren Spaltung Deutschlands führte. Und die  Fridays for Future-Bewegung in Deutschland hat nicht vergessen, wie sie als „Klimakanzlerin“ die Ansätze Brüssels unterbunden hat, strengere Abgasnormen durchzusetzen.

Unauslöschlich auch ihr: „Wir werden gestärkt aus der Krise hervorgehen“. Das war 2009. Sie meinte Deutschland – nicht die EU, obwohl die auch in der Krise war. Sie meinte damit auch, dass Deutschlands Rolle in der EU stärker werden sollte.  Als erstes setzte sie durch, dass den vor dem Staatsbankrott stehenden südeuropäischen Staaten, wie etwa Griechenland, ein hartes Austeritätsprogramm verordnet wurde. Das aber war leider  kontraproduktiv für den EU-Integrationsprozess, denn die vorsätzliche Verarmung großer Teile Europas musste schlichtweg die ökonomischen und sozialen Ungleichgewichte in Europa verschärfen. Diese Politik war der  Kahlschlag, der zur rechtspopulistischen Entwicklung der danach folgenden „Flüchtlingskrise“ im Jahr 2015 führte und 2016 per Referendum in Großbritannien zum dort beschlossenen EU-Austritt.

Rechtspopulismus

Merkels „Wir schaffen das“ war nationalistisch und damit chauvinistisch rechts. Sie hat mit dieser Pose die Le Pens in Frankreich, die Orbáns in Ungarn, die Salvinis in Italien, die Kaczynskis in Polen wachsen lassen, ja sie hat deren Politik kopiert. Merkel hat damit den latent in der deutschen Finanzelite vorhandenen Rechtspopulismus ausgeführt und ihm selbst die Tendenz  verliehen, immer mehr Gesetze zu erfinden zur Kontrolle des eigenen Volkes, zu mehr Sanktionen sowie zu autoritärer Flüchtlingspolitik. Damit hat sie seit 2008 die Phase der Stagnation der EU eingeleitet, die mit dem Austritt Britanniens deutlich wurde, und die unweigerlich zur Auflösung der EU führen wird, denn  auch in anderen EU-Staaten wird über einen Austritt diskutiert. Das Europaprojekt, ein Projekt der Konzerne und Finanzoligarchie, ein Projekt in dem der Mensch, der Arbeiter, niemals eine Rolle spielte, ein Projekt verfolgt seit Kaisers Zeiten, steht wieder einmal vor dem Zusammenbruch – auch das ist ein „Verdienst“ der Politik der Kanzlerin.

Corona, willkommener Anlass

Nach 2002, 2007 erleben wir seit 2020 den dritten großen Krisenausbruch des Neoliberalismus der durch die weltweite Verbreitung des Coronavirus verstärkt wird. Auch diese Krise fasste Merkel beim Schopf,  weil sie die Chance sah, endlich ein Regime zu erweiterter Kontrolle des Volkes durchzusetzen. Ein repressives, höchst fragwürdiges „Gesundheits“-Regime sollte die Vorgabe werden, die Grundrechte der ganzen Bevölkerung bis hin zu Ausgangssperren auszuhebeln, was bis zur allgemeinen Deklarationspflicht für den Gesundheitsstatus im Falle einer Teilnahme am öffentlichen Leben führte. Das aber war nichts anderes als Merkels Förderungsprogramm zugunsten der ganz großen Konzerne, der  IT- Pharma- und Hightech-Monopole und zulasten mittelständischer Industrie und  breiter Kreise der Bevölkerung. Man fragt sich, wie es möglich sein konnte, dass Studenten und Angestellte der Mainzer Universität für die Forschung am Corona-Vakzin in millionenhöhe subventioniert wurden um danach private Profite mit weltweiten Umsätze in dreistelliger Milliardenhöhe zu machen.

„Mutti Merkel“ am Ende im doppelten Sinn

Ihr Amtsvorgänger Gerhard Schröder hatte die Zeit des neoliberalen Feldzuges gegen die sog. Schmarotzer in der Gesellschaft, gegen sog. Arbeitsunwillige mit Agenda 2010 und Hartz IV eingeläutet. Frau Merkels 16 Jahre Amt waren eine Phase der Festigung und der Stärkung der „Schröder´schen Reformen“, die aber über den Effekt der „Vorteilsgewährung“ an die deutsche Exportindustrie zur Verarmung in Kreisen der Arbeiterschaft führte.  Innere Spaltung war das Ergebnis ihrer Politik. Außenpolitisch folgte sie den aggressiven US-Vorgaben. Mit  „Mutti Merkel“, von den Medien als Figur in die Welt gesetzt,  als Fata Morgana für die Massen,  hatte die deutsche Finanz- und Industrieelite eine medial verharmloste Frontfrau, die dem grünen deutschen Mittelständler Vertrauen einflößte, aber andererseits in entscheidenden Fragen konsequent kurzfristige Interessen der Finanz- und Exportindustrie realisierte.                                                                                        

Sie machte Tugendhaftigkeit zu ihrem Markenzeichen wie „Gutmenschtum“ und immer politische  Korrektnes und schreckte nicht vor 180 Grad Kehrtwendungen zurück, wie den Ausstieg aus dem rosa-olivgrünen Atomausstieg, um kurz danach diesen Ausstieg aus dem Ausstieg nach dem Super-GAU in Fukushima sofort wieder zu revidieren. Das war keine Politik des langen Atems und des langfristigen Erkenntnisgewinns. Und das war auch kein Schritt auf die Grüne Partei zu, deren vorgebliches Hauptargument heute das Klima und CO2-Emissinen sind. Das war opportunistischer Wille zum unbedingten Machterhalt der CDU. Merkels pro Einwohner-CO2-Klimabilanz wurde in ihrer Amtszeit laut UN-Veröffentlichungen in der Bundesrepublik in der Zeit 2005 bis 2018 um gerade einmal 5,3 Prozent gesenkt. Das ist Platz 167 in der Welt.

Eine Trümmerlandschaft ist ihr Erbe. Die Zustimmung für die Union ist von einst 35  Prozent vor vier Jahren auf aktuell 25 Prozent gefallen.  Olaf Scholz  erntete vor Wochen noch Spott oder ein mitleidiges Lächeln als er seine Anwartschaft auf das Kanzleramt verkündete.  Heute hat er Zustimmungswerte, die deutlich höher sind als jene für die Union.  Dass es heute sogar ein SPD-Kandidat schafft, den Wahlsieg verkünden zu können, zeigt auf, wie hoffnungslos die Situation in der BRD und in der EU ist. Ob es mit einem Kanzler Olaf Scholz oder Armin Laschet besser wird, darf getrost bezweifelt werden. Wirkliche Alternativen haben beide Kandidaten nicht angeboten. Gerade in Bezug auf Friedenspolitik – Krieg ist der allergrößte Klimakiller und die Waffenschmieden ebenso – sind die Aussichten mit den zwei Kandidaten und der Grünen Bewerberin für eine Wende gleich null.  Bezüglich einer Wende in dieser Frage bedarf es außerparlamentarischer Wirkungskräfte.

Rainer Brunath 1.10. 2021 Hamburg

Thema
Archiv