Sieben Referentinnen und Referenten präsentierten ihre Thesen mit anschließender Diskussion – geschlagene sieben Stunden lang. Doch das Thema wird als so brennend empfunden, dass erstaunlich viele die ganze Zeit durchgehalten haben.
Willi Langthaler präsentierte die Arbeitsthesen des Seminars im Rahmen eines historischen Abrisses, der den Wandel des (BRD)-Regimes von einer Pro-Fa-Haltung hin zur Adoptierung, Aushöhlung und Umdrehung von Anti-Fa begrifflich zu fassen versuchte.
Franz Sölkner, der ehemaliger Grüner Gemeinderat und heutiger Palästina-Aktivist, erklärte die Umdeutungsoperation bezüglich des Antisemitismus-Begriffs. Belegt wird damit nicht mehr die Diskriminierung und Verfolgung von Juden wie in den vergangenen zwei Jahrhunderten. Sondern es geht darum, die antikoloniale und demokratische Bewegung gegen den Imperialismus Israels und des Westens zu verleumden. Der Historiker Thomas Zechner stellte als Kontrast die Entstehung und Wirkungsweise des Antisemitismus in der Habsburg-Monarchie und während der Ersten Republik dar.
Der Philosoph und Publizist Ortwin Rosner illustrierte in einer auch sprachlich herausstechenden Rede wie das Motto Poppers „Intoleranz gegenüber den Intoleranten“ gegenwärtig in die Meinungsdiktatur führt, weil die sich selbst geläutert deklarierenden Eliten allen Zweiflern und Kritikern diesen exklusiven Status als Tolerante absprechen.
Der Journalist Thomas Oysmüller wies am Verschwinden des Klassenbegriffs bei der Antifa sowohl formal als auch inhaltlich die Transformation der real noch existierenden Gruppen zu Regime-Apologenten nach.
Der Gesellschaftswissenschaftler Albert F. Reiterer verdeutlichte am Beispiel des italienischen Faschismus die sich wandelnde Klassenzusammensetzung vor und nach der Machtergreifung und das nicht reibungsfreie Zusammenspiel von Mittel- und Oberschichten. Die staatstragende KPI etablierte den Antifaschismus als Ersatz für den von Moskau nicht mehr erwünschten Sozialismus. Deren Restposten helfen heute ein immer autoritärer werdendes Regime der Extremen Mitte zu legitimieren und zu stabilisieren. Die Soziologin Irina Vana brachte die Grundzüge des Nationalsozialismus im historischen und gesellschaftlichen Kontext knapp auf den Punkt, den dem begreifen und Bearbeiten behindernden Antifa-Schleier des Absolut Bösen entfernend. Sie insistierte auf den qualitativen Unterschied zwischen den reaktionären Diktaturen von Brüning-Papen-Schleier zur Bürgerkriegsarmee Hitlers, dessen Gleichsetzung durch die KPD ein Mitgrund ihrer Passivität und damit verbundenen Niederlage war. Beide bestanden auf der historischen Funktion des Faschismus als Vernichtungsinstrument gegen die sozialistische Bewegung im Dienst der kapitalistischen Eliten.
Die Diskussion drehte sich nicht so sehr um eine exakte (akademische) Definition des Faschismus, sondern viel mehr um Kriterien und Methoden zum Verständnis der Gegenwart mit ihren sehr deutlichen autoritären Tendenzen, die zuletzt im Corona-Ausnahmezustand zum Ausdruck kamen.
Aufgrund der Größe und Bedeutungsschwere des Themas mussten viele Dinge offenbleiben. Ein zweiter Teil mit gehörigem Abstand ist in Planung, wo ein Schwerpunkt auf den Austrofaschismus, auf den Neofaschismus in der Ukraine und dann natürlich schon wieder auf die Beziehung von Autoritarismus und Faschismus gelegt werden wird. Genaue Form und Zeitpunkt sind noch zu gestalten.
Eine ganz grundlegende Feststellung: die Umdeutungsoperation von Antifaschismus und Antisemitismus im Dienst und durch das neoliberale Regime, verliert stark an Glaubwürdigkeit und damit auch an Narkotisierungswirkung. Das Seminar war die erste wichtige Veranstaltung dieser Art in Österreich – ein Eisbrecher. Der diesbezügliche Konsens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist ermutigend. Es handelt sich um eine Art Selbstermächtigung emanzipatorischer Kräfte. Antifa ist eine Tarnung der Eliten, was angesichts ihrer Unterstützung für die faschistische Bewegung in der Ukraine vielen deutlicher wird. Doch diese Fratze ganz zu demontieren, das ist noch eine große Aufgabe.
Die Beiträge werden in Kürze auch als Video verfügbar sein. Einige der Interventionen werden auch schriftlich vorgelegt werden.