Am 18.6.24 fand ein denkwürdiges Ereignis der Rehabilitierung des Antifaschismus statt. Der Mauthausen-Schwur wurde beim Denkmal am Morzinplatz öffentlich verlesen und seine Botschaft interpretiert: „Nie wieder“ muss für alle gelten, auch für das palästinensische Volk.
Ausgegangen war die Initiative von Ernst Wolrab vom KZ-Verband, als dessen Bundes- und Wiener Landessekretär er bisher gedient hatte. (Hier seine Rede als Video.) Im Gefolge des israelischen Völkermords in Gaza hatte er sich mehr und mehr in Opposition gegen die prozionistische Haltung des Verbands begeben und sich an der Palästina-Solidaritätsbewegung zunehmend beteiligt. Die fest mit dem Regime und seinem verdrehten Antifaschismus verbundene Verbandsführung hatte deswegen gegen ihn und seine Unterstützer zu kampagnisieren und zu intrigieren begonnen. (Hier eine Darstellung der Ereignisse.) Mit medialer Schützenhilfe des „Standard“ stürzten sie ihn zunächst als Wiener Sekretär, um ihn dann auch von der Bundesfunktion zu eliminieren. (Hier seine persönliche Stellungnahme dazu.)
Dalia Sarig, eine aus einer jüdischen Familie stammende Palästina-Aktivistin und Gründerin von „Not in Our Name“, hat das sofort aufgenommen und sich angeschlossen. (Video und Redetext) Dann kam noch Andreas Wimmer hinzu, langjähriger kommunistischer Funktionär und antiimperialistischer Aktivist, dessen Vater im Gestapo-Haus am Morzinplatz wegen Widerstandsaktivitäten gefoltert und dessen Familie mütterlicherseits als Juden verfolgt worden waren. (Video) Als weiterer Redner trat Gunnar Bernhard auf (Video), ein Palästina-Aktivist dessen Vorfahren ebenfalls Opfer des NS-Regimes waren.
Madeleine Petrovic, die nun als oppositionelle Grüne zum Nationalrat kandidiert, hatte ihre volle Unterstützung ausgesprochen, konnte schließlich aber nicht teilnehmen.
Einige Tage vor dem Ereignis hat das erst von einigen Wochen gegründete politische Bündnis „Stimmen für die Neutralität“ die Kundgebung adoptiert und die Federführung übernommen. Denn immerhin repräsentiert die Neutralität den in Staatsvertrag und Verfassung gegossenen Sieg gegen über den Nationalsozialismus. Sie wirkt jedenfalls dämpfend gegenüber allen imperialistischen Ambitionen und Bestrebungen.
Die Aktion ist deshalb denkwürdig, weil sie seit vielen Jahrzehnten das erste Mal öffentlich den Antifaschismus zurückführt, woher er gekommen ist, nämlich als ein Moment des Kampfes gegen Kapitalismus und Imperialismus. Die KZ-Häftlinge von Mauthausen haben das auf großartige und unverdrehbare Weise in ihrem Schwur zum Ausdruck gebracht.
Solange die Sowjetunion und die Reste der Arbeiterbewegung existierten, blieb der konsequente Antifaschismus den kapitalistischen Eliten Feind, zumindest nicht geheuer. Sie unterstützen lieber die Apartheid & Co.
Nach der Wende umarmten, ja adoptieren sie den schon weichgespülten Antifaschismus bereitwillig und eilig, um ihn als Schild zur Legitimierung des Neoliberalismus und des dahinter weiterexistierenden Imperialismus zu benutzen. Er wurde dabei nicht nur ausgehöhlt und umgedeutet, sondern richtiggehend auf den Kopf gestellt. Die imperialistischen Kriege wurden auf einmal zu humanitären und antifaschistischen Einsätzen. Zu den neuen Hitlers wurden alle jene stilisiert, die sich der US-Vorherrschaft widersetzten – und derer gab es viele. Nur der Zionismus und der westliche Imperialismus wurden mit einem Analogieverbot geschützt.
Besonders zynisch, aber dafür systematisch wurde dieses Regime-Antifa für die Zwecke des israelischen Kolonialismus eingesetzt. Die sich der Vernichtung widersetzenden Palästinenser und alle, die mit ihnen solidarisch waren und sind, wurden zu „Antisemiten“ erklärt, ja der Antisemitismus-Begriff überhaupt umgedeutet und die alten Antisemiten de facto freigesprochen.
Besonders eklatant sieht man das im gegenwärtigen französischen Wahlkampf, wo die antisemitische Rechte von Le Pen gemeinsam mit den Macronisten sich voll hinter den israelischen Völkermord stellend, den linken Mélenchon, der die Seite der Palästinenser verteidigt, millionenfach des „Antisemitismus“ anklagen. Das ist praktisch Regime-Position und in den Regime-Medien wird keine andere Interpretation zugelassen. Der Bogen ist völlig überspannt. Die breite Masse glaubt diese menschenverachtende Propaganda sowieso nicht mehr. Der Bogen wird brechen, und zwar bald. Man hört förmlich das Krachen und Knirschen, doch das Ereignis selbst muss sich noch Bahn brechen. Es steht noch bevor. Ein kleines Gerinnsel kann sich zum Dammbruch entwickeln.
Bis vor kurzem wäre eine Aktion wie die am Morzinplatz von als Antifas getarnten zionistischen Schlägern gestört und von der Presse mittels Rufmords vernichtet worden, ergo nicht möglich gewesen. Auch jetzt war es eine Avantgarde-Initiative. Doch sie war möglich, erfolgreich und Inspiration für mehr.
Die zionistische Attacke kam, aber diese musste sich angesichts des nach wie vor andauernden Völkermords in Gaza zurückhalten. Und diese Dämpfung ist nachhaltig.
Doch das ist nicht genug. Wir müssen in die Offensive gehen und den Antifaschismus, wie er im Mauthausen-Schwur in seiner Quintessenz dargestellt wird, wieder herstellen, manifest machen. Der Antifaschismus muss sich nicht nur auf die Seite des antiimperialistischen Kampfes stellen, sondern auch auf jene der sozialen Opposition gegen den autoritären Liberalismus in seiner rechten wie linken Spielart. Gerne wird ja diese rohe Opposition mittels des Begriffs „Populismus“ in die Nähe des Faschismus gerückt, und damit der Liberalismus verewigt.
Gegenwärtig ist das globale Symbol für den Kampf gegen das US-geführte kapitalistische System die unverbrüchliche Solidarität mit dem palästinensischen Volk gegen den vom zionistischen Kolonialismus systematisch betriebenen Völkermord.
Was Österreich betrifft, so bedeutet das den Kampf für die antifaschistische Neutralität gegen die von oben betriebene immer weitere Eingliederung in die westlichen Kriege, sei es gegen Russland, gegen die Palästinenser und – in Vorbereitung befindlich – gegen China.