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Die EU ist nicht friedensfähig

Essay


24. Oktober 2024
Rainer Brunath

Das Europäisierungs-Pathos (z.B. Friedens-Union) gab es ja von Anfang an. Ich erinnere mich noch an Diskussionen kurz nach den 2000ern, dass in meinem Freundeskreis behauptet wurde: „Wir sind ja heute alle Europäer“.  Und in der Tat, „Schengen“ wurde als Erleichterung angesehen, also ohne Kontrollen hin- und herzureisen, bis hin zu der Einwanderung, die ohne die offenen Grenzen so gar nicht möglich (gewesen) wäre.

Wunderbar, aber das war nur der Lockvogel!

Denn inzwischen eignet sich die ungewählte Brüsseler Exekutiv-Kabale schrittweise immer weitere staatliche Kompetenzen an, wie an der „europäischen Außenpolitik“ deutlich zu sehen ist und was Sanktionierungen unbotmäßger Teilstaaten  wie Ungarn einschließt. Weiteres Beispiel: Der berüchtigte SMS-Wechsel zwischen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem Pharmakonzern Pfizer ist geradezu symptomatisch für Kompetenzmissbrauch (oder Gelegenheit zur Korruption?)

Und wieso konnte es dahin kommen? Antwort: es ist die (Brüsseler) Bürokratie –  hat sie erst eine gewisse Größe erreicht, wird sie zu einer Krake.

Jede große menschliche Struktur, entwickelt ein Eigenleben, d.h nach Wachstum nach größerer Bedeutung sowie Absicherung des eigenen Anteils an verfügbaren Ressourcen (d.h. z.B. das Budget). Wer beruflich mit Verwaltungen zu tun hat, der lernt schnell, dass interner Austausch und Kommunikation bis hin zu bürokratischem Kriegen gehen kann.

Für den Brüsseler Apparat ist das  Budget der  Versammlung der Nationalstaaten das Objekt der Begierde. Logisch ist: dieser bürokratische Organismus will seine eigene Existenz sichern. Dafür braucht er Zugriff aufs Budget, und schon allein deshalb ergibt sich, dass Brüssel in existenzieller Konkurrenz zu den Nationalstaaten steht.

Und jetzt wird es spannend:  Die einzige Art und Weise, wie dieser zentrale Apparat sein eigenes Dasein dauerhaft sichern kann, besteht in der Auflösung der Fresskonkurrenz, was ja die einzelnen nationalen Budgets quasi sind. Und damit wiederholt sich in Brüssel jenes, was in Europa vor langer Zeit dazu führte, dass sich, für die Völker in schmerzhaftem Prozess, Nationalstaaten ausbildeten.

Wie widersprüchlich die Ausbildung des Nationalstaats war, konnte man noch vor fünfzig Jahren in Bayern deutlich wahrnehmen, wo der Unterton einer Unterwerfung unter Preußen hundert Jahre nach der Reichsgründung noch nicht verschwunden war.

Wollte man also die europäischen Nationalstaaten durch diesen Überstaat ersetzen, müsste mehr oder weniger zeitgleich die vorhandene kleinere Struktur zerschlagen und die Identität für die größere geschaffen werden.

Nur, inzwischen haben wir 2024 und nicht mehr 1848 oder 1792. Die kapitalistische Entwicklung ist zum Imperialismus aufgestiegen und er beherrscht die Welt. Entwicklungsräume gibt es für ihn nicht mehr! Daher führt der ökonomische Zustand des Kapitalismus zu inneren Verwerfungen, so z.B. dass der einstige Sozialstaat schon den Verwertungsbedürfnissen des zu viel aufgehäuften Geldes geopfert wurde.

Wie und wo soll es mit gutem Willen weitergehen? Antwort: Investitionen, die zur  nötigen EU-Identität führen, wie z. B. eine denkbare Investition,  ganz Europa mit einem dichten und funktionierenden  Netz von Hochgeschwindigkeitszügen zu durchziehen.  Schön, aber vorher fragt der Investor: „und wie verdient man als Investor  daran?“ Also: eine Illusion, oder etwas nur für die Reichen!

Das Streben hin zu einem europäischen Zentralstaat erklärt auch die eigenartige Migrationspolitik und den Merkel´schen Spruch: “Wir schaffen das“! Sie, die Migrationspolitik,  ist für Brüssel  ein Hilfsmittel, um mit den Strukturen der Nationalstaaten auch deren Identität  aufzulösen.  So werden also die Voraussetzungen geschaffen, um  die angestrebte EU-Wesenseinheit an ihre Stelle zu setzen. Und das ist der Grund für den Hass auf die Konservativen, die in ganz Europa an Zulauf gewinnen. Hilft die Wagenknecht´sche Politikvariante diesen Gordischen Knoten zu durchtrennen?

Antwort: Nein

Und warum? Die hochstilisierte Gegenposition der Wagenknecht ist inzwischen nicht mehr glaubwürdig. Ihre Kungelei im Thüringer Landtag mit den Bürgerlichen, insbesondere der CDU kam allgemein nicht gut an, womit sie sich eine Blöße gibt und ihre Schwäche demonstriert. Wenn man vorgibt, Demokrat zu sein sollte man den Wählerwillen respektieren und sich nicht hinter irgendwelche Geschäftsordnungen verstecken, um dem Mittelstand zu gefallen. Außerdem dient dieses parlamentarische System nur dem Machterhalt und wenn sie sich darin verheddert, spricht das nicht mehr die unterste Klasse an. Aber dort sind die Massen und damit die Wähler.
Ihre weiterhin plakative Behauptung vom „unprovozierten Einmarsch“ Russlands in die Ukraine ist eine weitere Stolperstelle in ihrer Politik. Das demonstriert eine sklavische Haltung gegenüber den öffentlich-rechtlichen Propagandsmedien, womit sie diese unterstützt und nicht bekämpft.

Zurück zum Thema, Identität mit der EU. Das Strampeln in Brüssel erklärt sich aus der Tatsache, dass es inzwischen ökonomische Gründe gibt, die einen  Austausch der Identität erschweren oder unmöglich machen:  Es ist die mittlerweile tief eingegrabene Ideologie der Konkurrenz jeder gegen jeden und die ungleiche  Einkommens- und Vermögensverteilung. Jeder Versuch einer Staatsbildung von oben in einem Gebilde mit extremen (finanziellem)Abstand zwischen oben und unten wäre ausgesprochen gefährlich, weil ja nichts in Gestalt einer realen Verbesserung der Lebensumstände der unteren Klasse in Aussicht steht.

Also bleibt für die Formierung des „Staatsvolks“ nur die negative Variante, die unter diesen Voraussetzungen ein Bewusstsein als „EU-Staatsvolk“ erzeugen könnte oder erzwingt:  Krieg.

Das bedeutet, dass nicht nur schlichte Unterordnung unter US-Interessen den Brüsseler Apparat so aggressiv agieren lässt. Nein, es ist auch das bürokratische Eigeninteresse, welches die Kabale Brüssels aus sich heraus erzeugt.

Seit der Unterzeichnung des Lissabon-Vertrags hat sich Brüssel stetig weiter ideologisiert: von den „europäischen Werten“ bis zur heutigen Feindseligkeit nach außen, wie z.B. Borrells Bild vom „Garten“ und vom „Dschungel„. Da die Ursache dieser Feindseligkeit Teil der Natur  dieses Apparats ist, gibt es keine Hoffnung auf Mäßigung. Die Katze lässt das Mausen nicht.

Es bleibt nur eine Rückabwicklung oder eine direkte Zerschlagung dieser Struktur!  Aus sich selbst heraus ist die EU nicht zum Frieden fähig, weil Frieden letztlich ihre Existenz bedroht.

Nun ist unbestreitbar, dass der Einfluss des deutschen Imperialismus an der Entstehung dieser politischen Krake sehr stark war und immer noch ist,  und der die wahren Interessen der Deutschen  nicht abbildet. Belege dafür gibt es zuhauf.  Auch die Interessen der Völker in EU-Europa werden  durch die Brüsseler Zentralstruktur weiter beschnitten und noch weiter in den Hintergrund gedrängt, als sie es in den Nationalstaaten ohnehin schon sind. Das Ergebnis entspricht dem, was Lenin schon im Jahr 1915 schrieb: „Vom Standpunkt der ökonomischen Bedingungen des Imperialismus, d. h. des Kapitalexports und der Aufteilung der Welt durch die ‚fortgeschrittenen‘ und ‚zivilisierten‘ Kolonialmächte, sind die Vereinigten Staaten von Europa unter kapitalistischen Verhältnissen entweder unmöglich oder reaktionär.“

Lenins geniale Vorausschau bestätigt sich unter der Brüsseler Ägide in ungeheuerlichem Maße:  die EU  ist zutiefst reaktionär! Daran ändern die Sirenengesänge von selbst ernannter und behaupteter Demokratie und vermeintlicher Offenheit kein Deut. Im Gegenteil, der Kleister,  ob er nun Migration oder Transgender heißt, ist Teil des Projekts, das gar nicht anders kann, als alles auf Krieg auszurichten. Die hässlichen Brüsseler Zwillinge NATO und EU sind der größte Feind der Völker in Europa – brüderlich vereint in gegenseitiger Verklärung.

4.10.2024

„Gastbeitrag, der nicht notwendigerweise den Positionen der Redaktion entspricht.“

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