Die KPÖ hat der „Bewegung für soziale Befreiung“ (BSB), die ihren Tisch der „Antiimperialistischen Koordination“ (AIK), dem Arabischen Palästinaklub (APC), der „Jugoslawisch-Österreichischen Solidaritätsbewegung“ (JÖSB) und dem „Lateinamerikaforum“ zur Verfügung stellt, eine Teilnahme an ihrem Fest gestattet, allerdings mit einem Maulkorb:
„Wir bringen Euch folgenden Beschluss der Geschäftsführung des VolksstimmeFestes zur Kenntnis:
2) Den von der Friedensbewegung in Wien bei den großen Demos gegen den Irak-Krieg und den beteiligten Gruppen im Frühjahr erzielten Konsens, auf das Mittragen und Anbringen von Symbolen und Fahnen des Saddam-Hussein-Regimes zu verzichten, halten wir auch für das diesjährige VolksstimmeFest im Rahmen seiner Pluralität als verbindliche inhaltliche Vorbedingung für die Gestaltung aller beteiligten Gruppen fest.“
Die offizielle irakische Fahne wäre demnach also ein Symbol des baathistischen Regimes, während diejenige von der Besatzungsmacht gnädig zugelassene abgeänderte Version scheinbar gestattet ist.
Damit überholt die KPÖ den UN-Sicherheitsrat weit rechts, der die Verantwortung für das 12-jährige Embargo trägt, das über einer Million Menschen das Leben gekostet hat. In der UN-Entschließung 1483 vom 23.5.2003 erkannte dieser zwar „die besonderen Befugnisse, Verantwortungen und Verpflichtungen dieser Staaten (der USA und Großbritanniens, d.A.) als Besatzungsmächte unter einem gemeinsamen Kommando an.“ Ihnen wurde die Bildung einer „allgemein akzeptablen und repräsentativen“ neuen Regierung zugebilligt. Doch noch konnte diese Regierung nicht gebildet werden. Bei dieser Resolution handelt sich um eine halbe Legitimation des angloamerikanischen Krieges. In dem die KPÖ die amerikanische Version der irakischen Fahne als allein gültige zulässt, gesteht sie der kolonialen Besatzungsmacht die Souveränität über den Irak zu, wie es nicht einmal das imperialistische Frankreich macht. Es handelt sich dabei um nichts weniger als eine volle Rechtfertigung der Besatzung.
Im übrigen flattert bis dato bei der UNO in Wien die offizielle irakische Fahne, die die KPÖ untersagen will.
Nicht umsonst hat sich im Irak um die Flagge ein heftiger Konflikt mit den Okkupanten entwickelt. Abd al Jabbar al Kubaysi, Chef der Patriotischen Opposition des Iraks, erzählte während seines Wien-Aufenthalts im Juli 2003, dass die US-Soldateska wenige Wochen nach ihrem Einmarsch das Rathaus von Mosul mit einer amerikanischen und einer um den Schriftzug „Gott ist groß“ gesäuberten irakischen Flagge schmückten. In einer nächtlichen Aktion wurden die Fahnen entfernt, während Bewohner der Stadt auf hunderten Häusern die offizielle irakische Flagge befestigten. Stellt sich die KPÖ nicht nur gegen den bewaffneten, sondern auch gegen den zivilen Widerstand gegen die Besatzungsmacht? Ihre irakische Schwesterpartei, die die Petition des notorischen antiarabischen Rassisten Schmidinger gegen die AIK unterzeichnete, tut es. Sie diffamiert den Widerstand als Saddam-Terror. Sie wurde sogar Mitglied des amerikanischen Übergangsrates.
Was ist gegen die offizielle irakische Fahne einzuwenden? Die Gruppe der Kriegstreiber und Zionisten um Pfeifer, Schmidinger und Schiedl, die der KPÖ in ihrer eigenen Zeitung „Volksstimme“ den Marsch bläst, in dessen Takt sie gegen die Antiimperialisten loszuziehen hat, glauben gleich zwei Fliegen auf einen Schlag erledigen zu können: Einerseits hat Saddam Hussein den Spruch „Allah Akbar“ Anfang der 1990er Jahre in die Fahne aufnehmen lassen, weil der damit hoffte, auf die sich zunehmend re-islamisierende Bevölkerung auf billige Art und Weise zugehen zu können – Pfui Saddam, wenn er den Stimmungen der Massen nachkommt! Andererseits meinen sie damit gleich auf der Welle des antiislamischen Chauvinismus schwimmen zu können – schlagt die Muselmanen wo ihr sie trefft! Da wird zusammengemischt, was nicht zusammen gehört, mit dem Ziel, nochmals den neuen Hitler in Bagdad zu bemühen, gegen den mit allen Mitteln, auch jenen des zivilisatorischen Kolonialkrieges, vorgegangen werden müsse.
Tatsächlich war das Baath-Regime bis auf die Knochen säkular, oft sogar in brachialer Weise. Der Spruch „Gott ist groß“ bedeutet im modernen arabischen Kontext eigentlich nichts mehr als ein Kampfschrei, eine Selbstaffirmation. Er wird selbst von ausgewiesenen Marxisten wie der PFLP auf Demonstrationen mitgeschrieen.
Die Forderung nach einem säkularen Irak entspricht heute den Interessen der Besatzungsmacht. Sie will damit die Mehrheit der schiitischen Bevölkerung, die einer religiösen Führung folgt, möglichst von der Macht fernhalten. Wer für einen demokratischen Irak mit einem souveränen Volk eintritt, muss eine islamische Verfassung als mögliche Variante zulassen. So opportunistisch der schiitische Klerus gegenüber den Besatzern auch sein mag, das Volk könnte ihm die offizielle Fahne des Iraks als Nationalinsignie aufzwingen. Die KP hat hingegen jede Glaubwürdigkeit im Volk verloren. Sie repräsentiert mit ihrem prowestlichen Säkularismus die „Zivilgesellschaft“ von Amerikas Gnaden.
Konsens der Anti-Kriegsbewegung?
Bekanntlich hat die KPÖ unter dem Druck der pro-israelischen Linken die AIK von der Demonstration vom 15.2.2003 ausgeschlossen. Der Vorwurf lautete auch damals, wir würden Saddam unterstützen. In Wirklichkeit weigerten wir uns als Antiimperialisten zwischen den Fronten zu stehen, sondern bezogen die Seite des Iraks – ungeachtet seines Regimes. Das Bündnis ließ sich auf die imperialistische Gegenüberstellung von individuellen gegenüber kollektiven Menschenrechten ein. Wir halten es da aber lieber mit dem alten Marx. Formale Gleichheit kann nur real werden, wenn sie sich auf das Soziale erstreckt. Der globale Kapitalismus ist aber eine gigantische Pumpe von Arm zu Reich, von der Peripherie in die Metropolen. Die Voraussetzung, diese zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen, ist die Durchsetzung des Rechts auf nationale Souveränität als dem wichtigsten und elementarsten Menschenrecht, das die USA nicht von ungefähr im Visier haben. Dieses sichern natürlich noch nicht automatisch die individuellen Menschenrechte, aber es ist zumindest deren unabdingbare Voraussetzung. Individuelle Menschenrechte ohne kollektive heißt Herrschaft der Oligarchie, also Freiheit für die Elite, wie sie uns in vielen US-Diktaturen vorexerziert wird. Darum muss ein unterdrücktes Land immer und prinzipiell gegen en imperialistischen Würgegriff verteidigt werden – völlig unabhängig vom seinem Regime. Denn erst die umfassende Befreiung vom Imperialismus stößt das Tor zur Emanzipation der unterdrückten Volksmassen auf. Die Plattform und in ihre federführend die KPÖ negierte mit unserem Ausschluss dieses Prinzip.
Die unter dem Druck der „Antinationalen“ stehende Plattform diskutiere im Vorfeld der Demonstration vom 15.2. sogar jegliche Nationalflaggen und damit das nationale Selbstbestimmungsrecht prinzipiell zu verbieten. Als die Palästinenser auszuziehen drohten, nahm man „nicht existierende Staaten“ aus – als bedeutete die formale Selbständigkeit bereits reale Souveränität.
Wir hingegen bleiben dem grundlegenden emanzipatorischen Prinzip des Rechts auf nationale Selbstbestimmung gegen den Imperialismus, das für jeden Kommunisten selbstverständlich sein sollte, treu und unterstützen den irakischen Widerstand gegen die angloamerikanische Okkupation in all seinen Formen. Die von der Resistance gewählten Symbole betrachten wir als die unseren – einschließlich der offiziellen irakischen Flagge – und behalten uns das Recht vor, diese zu Schau zu stellen. Unsere internationale Kampagne „10 Euro für den Irakischen Widerstand“ werden wir selbstverständlich auch auf am Volksstimmefest entfalten!
Auf eine Jubelfeier für das amerikanische Reich wollen wir natürlich nicht stören. Wenn uns die KPÖ ausschließt, so ist das ihr gutes Recht. Wir entlassen sie jedoch nicht aus der Pflicht, das politisch zu begründen und damit offen Partei mit den Kriegstreibern und israelischen Apartheid-Fanatikern zu ergreifen.
Antiimperialistische Koordination, 12. August 2003