Fünf Tote auf dem „“Jerusalemweg““
Der „Jerusalemweg“ – so heißt die Strasse, die vom Süden der Stadt Nablus (Westjordanland) nach Jerusalem führt – ist am 30. März 2001 wieder zur Todesfalle geworden.
Wie jedes Jahr veranstalteten die politischen Kräfte in der Stadt eine Massendemonstration zum Gedenken an den 25. „Tag des Bodens“*. Die Demonstration war als eine friedliche Kundgebung geplant; die Demonstranten wurden ausdrücklich darauf hingewiesen, keine Waffen mitzutragen. Zirka 15.000 Personen – darunter Politiker, Intellektuelle und Universitätsprofessoren – marschierten bis zur Militärsperre an der Grenze der Stadt. Die israelischen Soldaten, die dort in Festungen und Panzern stationiert sind, ließen die Demonstration näher kommen, um sie mit einem Kugelhagel zu begrüßen. Die Szene entwickelte sich zu der üblichen Straßenschlacht. Aus ihren sicheren Stellungen schossen die Soldaten mit Maschinengewehren (500 mm-Kaliber!) in die Masse, obwohl die palästinensischen Jugendlichen nichts außer Steine besaßen und keine Bedrohung für die Soldaten darstellten. Die Schüsse kamen laut Augenzeugenberichten aus dem Süden und dem Osten, wo die Soldaten auf einem Hügel neben der Strasse verschanzt waren. Laut Spitalsbericht wurde ausschließlich Live-Munition benützt. Dann setzten die Soldaten Tränengas ein. Dadurch wurde die Sicht so vernebelt, dass es in dem Durcheinander schwierig war, die Verletzten zu finden. Viele sind in Ohnmacht gefallen und erstickt. Fünf Palästinenser sind gefallen:
Ayesch Zamel, 19 Jahre alt, durch einen Explosivschuss in den Kopf,
Mahmoud Abu Marahiel, 16, durch einen Schuss ins Genick,
Shaaban Abu Saloum, 31, und Murad Scharaia, 20, wurden von je einer Patrone, die die Köpfe in Stücke riss, getroffen. Diese wurden vom Maschinengewehr (500 mm-Kaliber) eines Panzers abgefeuert, der 1.500 m vom Demonstrationsort entfernt war!
Khaled El Nahle, 27, wurde vielfach im Bauch getroffen.
Weiters wurden 26 Demonstranten mit verschiedenen Feuerschussverletzungen in die Spitäler eingeliefert. Das hochkonzentrierte Tränengas verursachte Vergiftungen und starke Verkrampfungen bei Dutzenden Personen, von denen 12 in kritischem Zustand noch im Spital liegen. Durch das Tränengas kam es zu dauernden Schwierigkeiten beim Atmen, Bewegungsproblemen und Irritationen in den Augen. Um diese bisher unbekannte Tränengassorte zu analysieren, untersuchte die Gesundheitsbehörde in Nablus Blutproben der Verletzten.
Schon im November 2000 kam es bei der südlichen Ortseinfahrt nach Nablus zu einem ähnlichen Massaker, bei dem die Besatzungssoldaten vier Personen ermordeten. Der Name Jerusalemweg, den die Strasse immer getragen hatte, ist heute zu einem Symbol geworden.