Erwiderung an das Schreiben des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin vom 13. Februar 2007
Obwohl Sie ständig vorgeben, der Rechtsstaatlichkeit zu dienen, bestätigen die deutschen Behörden einmal mehr, dass sie sich in keiner Weise der UN-Menschenrechtscharta und den damit verbundenen internationalen Normen verpflichtet fühlen: „… kommt es nicht darauf an, ob der bewaffnete Kampf im Einklang steht mit den Vorstellungen der Vereinten Nationen.“
Zeitgleich maßen sie sich an, uns Lernstunden in Demokratie zu erteilen – einer militärisch exportierten „Demokratie“, unter der unser Volk unsägliches Leid ertragen muss. Während sie die permanenten Völkerrechtsbrüche des US-geführten Besetzungskrieges als irrelevant abtun, stellen Sie unsere Forderung nach einem „unabhängigen und demokratischen Land mit Mehrparteiensystem, Religionsfreiheit und sozialer Gerechtigkeit“ in Frage. Welch maßlose Heuchelei.
Warum dieses Verhalten? Weil wir darauf bestehen, dass ein unabhängiger Staat, in dem das Volk der Souverän ist, nur dann entstehen kann, wenn die Besatzer hinausgeworfen werden. Weil wir auf unser Recht auf Selbstbestimmung bestehen und weil wir nicht aufhören werden, mit allen legitimen Mitteln für die Erreichung dieses Ziels zu kämpfen. Die deutschen Behörden beschweren sich über unsere Darlegung, dass das politische System eines befreiten Irak von den Kräften aufgebaut werden wird, welche in Opposition zur Besatzung stehen.
Ja, wir wollen tatsächlich nicht die deutsche Erfahrung durchmachen, die sich jahrzehntelang in ausländischer Bevormundung, eingeschränkter Souveränität und der Teilung des Landes manifestierte. Ja, wir bestehen darauf, dass eine breite, pluralistische Koalition verschiedener Kräfte, mit unterschiedlichster politischer, kultureller und religiöser Provinienz, den Kern eines neuen demokratischen Staates bilden wird.
Wir streiten für eine neue Verfassung, beschlossen vom Volk in Ausübung seines Rechtes auf Selbstbestimmung. Die Verfassung wird jedem Bürger unabhängig seiner Nationalität oder Konfession die gleichen Rechte garantieren. Sie wird das Recht festschreiben, politische Parteien gründen und wählen zu können. Die entstehende Widerstands- und Befreiungsfront wird die überwältigende Mehrheit unseres Volkes repräsentieren, während sie jene Kriminelle ausschließt, die den Besatzern helfen.
Keine unabhängige Nation der Welt kann es sich leisten, Verräter, die einer ausländischen Besatzung geholfen haben, nicht zur Verantwortung zu ziehen. Warum sollte uns dieses Recht verwehrt werden, während die USA mit dem Vorwand des „Krieges gegen den Terror“ ihre eigenen Bürger entführen und festsetzen (dies oftmals mit der Billigung Deutschlands) und ihnen noch nicht einmal Habeas Corpus – jene gepriesene, 1679 etablierte Quintessenz aller Rechtsstaatlichkeit – gewähren?
Wir wollen nicht nur eingestehen, nein, wir wollen mit Stolz verkünden, dass unsere Demokratie nichts mit jener westlichen Demokratie zu tun hat, dieser exklusiv für weiße Menschen reservierten Einbahnstraße, die für die darbenden Massen dieser Welt bedeutet: Krieg, Besatzung, Unterdrückung und Ausbeutung. Wir können hier nur noch einen alten Deutschen zitieren: „Eine Nation, welche andere unterdrückt, kann selbst nicht frei sein“ (Karl Marx). Dies ist es, was die deutschen Behörden demonstrieren.
Awni al Kalemji
Sprecher der Irakischen Patriotischen Allianz
Im März 2007