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„Geschäftsmodell Zypern“, die Bankenrettung und die EU

31. März 2013
Von A.F.Reiterer

16 Milliarden Euro braucht „Zypern“, um zu überleben.


16 Milliarden Euro braucht „Zypern“, um zu überleben. Aha. Zu Jahresende 2012 hatte die Regierung Gesamtschulden von etwas über 15 Mrd. Das laufende Defizit des Jahres 2012 betrug hohe 1,1 Mrd. €, knapp 6 % des BIP. Ist das Defizit im laufenden Jahr wieder etwa gleich hoch, so betrüge der Finanzbedarf nur rund 7 % der Summe, von der nun die Rede ist. Und die bald fällige Rückzahlung einer Anleihe könnte man rollen. Damit ist eigentlich schon Alles gesagt.

Oder auch nicht.

Zypern ist eine Off-shore-Wirtschaft. In einer verständlichen Sprache: Das Land betreibt systematisch die Politik, Steuerhinterzieher aus Russland und Großbritannien und Geldwäscher aus der ganzen übrigen Welt anzulocken, ihnen einen sicheren Hafen anzubieten und sie noch zu privilegieren, z. B. durch die sofortige Staatsbürgerschaft. So können die russischen Oligarchen, die Wirtschafts-Gangster, auch gleich in der ganzen übrigen EU ihre Geschäfte machen. Damit betrügt die Regierung schlicht andere Länder und deren Menschen. Der bisherige angeblich kommunistische Präsident hat dieses „Geschäftsmodell“ ebenfalls gestützt. Er hatte aber ein bisschen Scheu, seine eigene Klientel dafür zahlen zu lassen. Er hat also Lohnkürzungen und ähnliche Patent-Rezepte der EU abgelehnt. Die hat daraufhin beschlossen, auf den neuen Präsidenten zu warten, und der Konservative Anastasiades ist denn auch mit bequemer Mehrheit gewählt worden.
Hat man eine Spur politischer Moral, dann ist eine Off-shore-Wirtschaft so ziemlich das Letzte, was man vertreten kann. Doch die zypriotische Politik hat noch die Chuzpe, die Geschädigten anzubetteln, bei der Weiterführung dieses „Geschäftsmodells“ zu helfen. Übertroffen wird dies höchstens noch von der eilfertigen Bereitschaft der EU-Finanzminister, diesem Wunsch nachzukommen, auf Kosten der eigenen Bevölkerungen. Das österreichische Fernsehen zeigt immer wieder Szenen, in denen die zypriotische Bevölkerung angeblich einmütig denselben Wunsch äußert. Der ORF manipuliert natürlich, und die Geschäftsleute vor der Kamera sind vielleicht nicht ganz so typisch für die Arbeiter und Angestellten. Aber immerhin wurde dieser Präsident gerade eben komfortabel gewählt. Und was vertritt er?
Der deutsche Finanzminister plauderte am 19. März vor sich hin: „Wenn man eine bestimmte Summe braucht um Banken zu retten und man die Großinvestoren daran nicht all zu hoch belasten will, dann muss man eben in die Breite gehen.“ Und er beeilte sich, hinzuzufügen: „Aber das war die Idee der Zyprier (wie die Deutschen so unnachahmlich sagen), nicht die
unsere.“ Aber um was geht es denn eigentlich?

Die Finanzkrise 2008 brachte auch für Zypern, wie für viele andere Wirtschaften, einen Wachstumsknick. Darauf stiegen das öffentliche Defizit. Das hatte 2008 noch -2,6 % des BIP betragen, und der gesamte öffentliche Schuldenstand lag bei 48,9 % des BIP. 2009 lag das Defizit schon bei -8,8 %, und der Schuldenstand bei 58,5 %. 2011 schließlich lauten die Werte -8,3 % und 71,1 %. Es ging also rasant nach oben, wie fast überall. Der Schlag aber kam von anderswo her.

Die Euro-Krise stürzte Griechenland ins Chaos. Die EU, ihre Kommission, die EZB und die Finanzminister traten daraufhin an, den Euro, sprich: die Deutsche Bank, die Paribas, usw., zu retten. Die eine Schiene war die Übernahme jeder Menge fauler Papiere in die EZB. Die zweite aber bestand im „Schuldenschnitt“ für den Rest. Die zypriotischen Bank-Manager saßen auf großen Summen solcher Papiere und waren zu blöd gewesen, die Folgen zu sehen.
So wurden die zypriotischen Banken indirekt zu Opfern der €-Krise.

Frage: Wer braucht die zypriotischen Banken? Sicher, es wird Entlassungen geben. Aber der Beschäftigungs-Umfang dieser Banken ist bei weitem nicht so hoch, wie ihre Bedeutung für die Russen und die Briten.

Das Parlament verweigerte die Zustimmung. Nun kam der Präsident auf die nächste, noch viel schmutzigere Idee. Einerseits schickte er die Popen vor, die Opferbereitschaft heuchelten. Andererseits aber kündigte er an, die Hand auf die Pensionsfonds zu legen. Das ist die argentinische Vorgangsweise des Carlos Menem. Folge war dort, dass der Großteil der älteren Argentinier um ihre Pensionen umfielen, und daher einige von ihnen z. B. jetzt in Österreich Heurigen-Musikanten sind.

Wie hat Island in einer ähnlichen Situation reagiert? Die Isländer hatten die Unverfrorenheit und die Brutalität, die Lösung auf die Briten, die dort die Rolle der Russen in Zypern spielten, abzuwälzen. Die bekamen schlicht ihre hinterzogenen Gelder nicht mehr heraus. Nun hat die Insel zwar ein Problem mit der britischen Regierung, aber die Isländer leben damit ganz gut. Die Neigung zu einem Beitritt zur EU ist auch weitgehend verschwunden.

Denn die EU-Finanzminister wollten und wollen „Zypern retten“. Die heilige Kuh € steht auf dem Spiel. Sie gingen dabei in einer Weise vor, die das provozierte, was sie unbedingt vermeiden wollten: die nächste Runde der €-Krise, eine akute politische Bedrohung der Währungsunion..

Die Euro-Krise kommt immer wieder an Stellen hoch, wo man sie selbst bei viel Phantasie ganz und gar nicht erwartet. Das ist lästig für den analytischen Beobachter: Wie soll man da eine Prognose liefern? Aber es ist vielleicht noch unangenehmer für die Damen und Herren Krisen-Manager. Sie sind stets überfordert. Eine politische Kraft gegen den Euro-Wahnsinn hätte gute Chancen. Aber wo gibt es die?

Und noch etwas sollte man anmerken. Die alten Regeln gelten einfach nicht mehr. Sieht man sich die Wirtschafts-Daten von Zypern an, wäfre für eine Panik kein Anlass. Sicher, es müsste gehandelt werden. Aber ein Zinsendienst von 550 Millionen € (2012), 3 % des BIP, wäre vor zwei Jahrzehnten noch als fast läppisch betrachtet worden. Heute aber sind Paniken mit weittragenden Folgen auf Grund der Entgrenzung kaum mehr zu vermeiden. Und bis jetzt hat dafür immer die Bevölkerung bezahlt. Zypern wird nun Kapitalverkehrs-Kontrollen einführen. Die wären in Griechenland längst überfällig gewesen. Aber das ist Anathema in der EU, das ist ein Tabu-Bruch. Die EU verhindert auch in der Krise, die sie selbst hervorrief, jede rationale Krisen-Bewältigung, selbst im Interesse des Systems. Die Konsequenz kann nur heißen:

Zerschlagt die EU!

26. März 2013

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