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Verhandlungen für eine Übergangsregierung

Statt einem Angriffskrieg, einer politischen Lösung zum Durchbruch verhelfen


11. September 2013
von Wilhelm Langthaler

Wir sind erleichtert, dass die unmittelbare Drohung der USA Syrien anzugreifen, zurückgestellt wurde. Die militärische Machtprojektion bleibt indes aufrecht – und damit die Situation explosiv.


Seit Anbeginn des Konflikts lehnen wir jede ausländische Einmischung ab, insbesondere jene des Westens unter dem Deckmantel von humanitärer Hilfe und Demokratieexport. Nicht nur weil wir Neokolonialismus aus Prinzip ablehnen. Sondern auch ganz konkret, weil die Einmischung die Umformung einer friedlichen demokratischen Volksbewegung in einen blutigen konfessionellen Bürgerkrieg wesentlich mitprägte. An dessen Ursprung liegt die Weigerung der Assad-Führung, ernsthafte demokratische und soziale Reformen zuzugestehen. Stattdessen wurde der Volksprotest gewaltsam niedergeschlagen. Bis heute wird mit aller Härte nicht nur gegen die bewaffneten Aufständischen, sondern auch gegen ihre Unterstützerbasis in der Zivilbevölkerung vorgegangen. Doch die rasch einsetzende ausländische Einmischung vor allem durch die Türkei und die Golfstaaten hat die Spirale der Militarisierung und der Konfessionalisierung massiv angetrieben. Die Dschihadisten und auch andere Islamisten zahlen mit konfessioneller Münze zurück und verbreiten Angst und Schrecken unter den Minderheiten – und nicht nur unter diesen.

Mit einem US-Militärschlag würde das große konfessionelle Schlachten erst richtig beginnen und alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen.

Der einzige Weg um aus der Katastrophe herauszukommen und den Bürgerkrieg zu beenden, ist eine politische Lösung auf der Basis einen geopolitischen Kompromisses zwischen den USA und Russland – obwohl es sich um Wölfe handelt, die die Beute aufzuteilen versuchen. Doch dieser Interessensausgleich stellt nur den globalen Rahmen dar. Er ist eine notwendige Bedingung, aber keine ausreichende, denn der innere Konflikt enthält weiterhin ein autochthones Moment.

Militärisch ist der Bürgerkrieg nicht zu gewinnen, insofern Militarisierung und Konfessionalismus Hand in Hand gehen, und so beide Seiten ausreichend große Unterstützerbasen hinter sich zwingen können. Zumal dann jeweils die ausländische Unterstützung hinzukommt, die auf erhebliche Ressourcen zählen kann.

Daher bedarf es eines baldigen Waffenstillstands. (Dieser muss notwendig vom gegenwärtigen militärischen Kräfteverhältnis ausgehen.) Möglich ist ein solcher aber nur, wenn es in einem dialektischen Prozess auch zur Bildung eines Übergangsregierung kommt. Das heißt, dass die herrschende Gruppe ihren alleinigen Anspruch auf die Macht aufgeben muss. Die Opposition muss indes anerkennen, dass die Assad-Führung die Allawiten und teilweise die anderen Minderheiten nolens volens vertritt. Wer diese Opposition ist und wie weit sie als solche die andere Seite des Volkes repräsentieren kann, ist keine ausgemachte Sache. Aspiranten für diese Rolle als Volksvertreter gibt es indes genug.

Das können die direkten Vertreter der Interessen der intervenierenden Regionalmächte Türkei und Golfstaaten und natürlich des Westens, diverse sunnitische Islamisten (die mehr oder weniger von ausländischen Kräften unterstützt werden) aber auch demokratische überkonfessionelle Kräfte sein (die aber ebenso wenig wie die Islamisten davor gefeit sind, sich opportunistisch an ausländische Mächte zu hängen oder sich gar mit Haut und Haar an sie zu verkaufen).

In diesem Kampf gilt es die demokratischen, sozialen und vom Imperialismus unabhängigen Kräfte zu unterstützen und damit tendenziell der weit fortgeschrittenen konfessionellen Spaltung und Aufteilung des Landes entgegenzuwirken.

Insofern jedoch die Bildung konfessionell-kommunaler Gruppen durch den Bürgerkrieg und die ausländische Einmischung ein unbestreitbares Faktum ist, muss ein Kompromiss zwischen diesen angestrebt werden. Daraus ergibt sich das Paradoxon, dass das Festhalten an einem formalen französischen Republikanismus (der in Wirklichkeit ein laizistisch getarnter Kommunalismus ist) weiter Öl ins Feuer des Konfessionalismus gießt, während die De-facto-Anerkennung der kommunalen Gruppen die Voraussetzung zur Beendigung des Bürgerkriegs und der Schwächung und schrittweisen Auflösung des Kommunalismus-Konfessionalismus wird.

Ob das gelingt, ist eine andere Frage. Versucht werden muss es.

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