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Wahlsiegerin SPÖ verliert absolut an Stimmen

Was die Wiener Wahl 2020 uns sagen kann


16. Oktober 2020
von Wilhelm Langthaler

Auf der Oberfläche bleibt alles beim Alten – der Neoliberalismus light der Wiener SPÖ wurde bestätigt. Doch einige Momente zeigen doch Verschiebungen an.


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1)    Die Wahlbeteiligung ist um 10 Prozentpunkte eingebrochen, von 75% auf 65% für den Gemeinderat. Für die Bezirksräte sank sie von 66% auf 58%. Der Rückgang ist in den Arbeiterbezirken durchwegs noch stärker, meist über 10 Punkte bei beiden Wahlen. In Rudolfsheim-Fünfhaus beteiligten sich an den BRW weniger als 50% und in Floridsdorf sank die Partizipation um satte 15 Punkte ab.

Die ärmeren Schichten fühlen sich immer weniger repräsentiert, ein Trend der schon einige Jahrzehnte anhält. Die Mehrzahl der ehemaligen FP-Wähler ist zuhause geblieben, auch viele SPler.

 

2) So hat die SPÖ ihren Stimmanteil für den GR von knapp 40% auf knapp 42% gesteigert, aber absolut 28.000 Stimmen verloren (wobei die Zahl der Wahlberechtigen um 10.000 gesunken ist.) In den Arbeiterbezirken konnte sie zwar überdurchschnittlich zulegen. Aber selbst in Floridsdorf, wo die SPÖ mit mehr als 7 Punkten am meisten dazugewinnen konnte, bleibt das noch immer ein absoluter Rückgang an Stimmen und das trotz der Zunahme der Wahlberechtigen im Bezirk. Angesichts des völligen Zusammenbruchs der FPÖ ist das umso erstaunlicher. Die Trennung von den Subalternen hat sich also verfestigt. Sieger sehen jedenfalls anders aus.

 

3) FP+Strache haben sich mehr als halbiert auf über 10%. Aber es hat in den unteren sozialen Segmenten niemand ihren Platz eingenommen, während die wohlhabenden freiheitlichen Ex-Wähler zur ÖVP abgewandert sind. Die wählenden Arbeiter sind noch immer mehrheitlich (45%) bei FP+Strache. (Siehe Wählerstromanalyse Der Standard.) Zum Vergleich: 35% bei der SPÖ. Das heißt aber auch, dass die FPÖ wieder auferstehen kann, wenn sie eine volksnahe Führungsfigur findet, also keinen Business-Bürger und Burschenschafter wie Haimbuchner – zumindest solange es niemanden gibt, der die sozialen Interessen der unteren Schichten und insbesondere der Arbeiter in linkssouveränistischer Weise zu verteidigen vermag.

 

4) Die NZZ spricht von einem Linksruck, doch selbst wenn man ganz formalistisch alles was nicht VP oder FP ist zusammenzählt, zumal in absoluten Zahlen, handelt es sich nur um eine geringfügige Verschiebung. Inhaltlich nicht. Im Gegenteil, der neoliberale Sunnyboy, Finanzminister und Adjutant Kurz‘, Blümel, konnte die Stimmen für die ÖVP verdreifachen.

 

5) LINKS konnte sich von 12.000 (1,38%) auf 20.000 (2,54%) bei den BRW steigern, beim Gemeinderat etwas weniger: auf 15.000 (2,06%) von 9.000 (1,07%). Das ist ein Achtungserfolg, zumal sie in einigen Bezirken bis zu 5% auf sich vereinigen konnten. Doch das Verteilungsmuster ist jenem der Grünen ähnlich, also die Bildungsschichten. Und diese haben angesichts der Implosion der FPÖ die Angstwahl für Rotgrün ein bisschen weniger verfolgt als sonst. Eigentlich ein Paradoxon, denn als antischwarzblau entstanden, erhielt LINKS just Luft zum Atmen, weil der Angstgegner Schwarzblau nicht funktionierte. Doch der lähmende Mechanismus des kleineren Übels, der besonders für jene gilt, die eben viel mehr zu verlieren haben als nur ihre Ketten, wird früher oder später wieder zurückkehren. Ganz abgesehen davon, dass es eine linke und moralische Identitätskampagne war, die trotz lautstarker sozialer Bekenntnisse keine Chance hat von den Subalternen aufgenommen zu werden, eben weil diese den Kulturliberalismus als Signum der herrschenden Eliten begreifen. Es ist kein Zufall, dass es kein Thema war, wie gegen die Verheerungen der Globalisierung (und das ist ident mit dem Neoliberalismus) vorgegangen werden könnte.

 

6) Bemerkenswert ist auch der partielle Erfolg der SÖZ, vermutlich vorwiegend unter türkischstämmigen Menschen, von rund 1,2% bei beiden Wahlen, in Favoriten aber über 3%, genauso wie in allen Arbeiterbezirken mit starkem türkischem Anteil. Auch hier zeigt sich die Ablösung der Subalternen von der SPÖ. Inhaltlich ist aber die Kombination von Linksliberalismus mit Erdoganismus kein Rezept zur Verbreiterung, auch bei noch so viel Bemühen.

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