2018 – 1818: Karl Marx – der Intellektuelle, der „Sozialismus“ und die Geschichte
Zum 200. Geburtstag von Karl Marx, 5. Mai
28/4/2018 · Von Albert F. Reiterer
Was uns Marx und der Marxismus bedeutet - Eine Biographie und ihre politische Bedeutung
Am 5. Mai 1818, vor zwei Jahrhunderten, wurde Karl Marx geboren. Die Heilige Allianz beherrschte unangefochten Europa. Eben hatte sie das Wartburgfest und damit die Vorhut der national-liberalen Bewegung erfolgreich unterdrückt. In Großbritannien und Frankreich begannen die frühsozialistischen Theoretiker gerade ihre Sekten zu gründen.
Zwei Jahrzehnte später, als Marx zu studieren begann, wies das bleierne und scheinbar so unerschütterliche System bereits eine Reihe von Sprüngen und Rissen auf, die einen Zusammenbruch ankündigten. Die bürgerlichen Liberalen stellten sich in ganz Europa gegen das Alte System. In Frankreich war die umfassende Restauration bereits einem kurzen revolutionären Aufruhr zum Opfer gefallen (1830). Und jenseits des Kanals kontrollierten die britischen …
[weiterlesen]Vier Jahre Massaker von Odessa
25/4/2018 · Von Komitee Frieden für die Ukraine
Ukraine: nur Demokratie und Selbstbestimmung kann den Konflikt
Gedenkkundgebung Wien Stock-im-Eisen-Platz 2. Mai 2018, 18h lösen
Am 2.Mai 2014 verbrannten Neonazis mehr als 50 Menschen im Gewerkschaftshaus von Odessa. Polizei und Feuerwehr schauten zu. Bis heute gibt es keine Strafverfolgung. Und sowohl die Kiewer Regierung als auch EU und USA hüllen den Mantel des Schweigens über das so schreckliche wie entlarvende Ereignis.
Denn es rührt am Kern ihrer Darstellung, nachdem der einzige Schuldige Russland wäre.
Das Massaker von Odessa ist Symbol geworden: Es steht dafür, dass in weiten Teilen des Ostens und des Südens der Ukraine der rechte und ausschließende Nationalismus der Kiewer Regierung keine Mehrheit hat und diese daher des Terrors der Rechtsradikalen bedarf, um an der Macht zu bleiben.
Im Donbass, einer zutiefst von der sowjetischen Arbeiterkultur geprägten schwerindustriellen Region, kam …
[weiterlesen]Erneut Terroranklage gegen politische NGO
25/4/2018 · Von Thomas Pierer
Seit dem zu trauriger Berühmtheit gekommenen Tierschützerprozess von 2010/11 sind Anklagen wegen der berüchtigten Paragraphen 278 des Strafgesetzbuches nicht seltener geworden. Im Gegenteil. Die Wiener Zeitung berichtet etwa darüber, dass Anklagen wegen Terrordelikten zwischen 2012 bis 2016 um satte 260 Prozent zugenommen haben.
Begründet wird das (vor allem von Seiten der Medien) mit dem verstärkten Kampf gegen den islamistischen Terror. Denn fast alle Anklagen (95 Prozent) beruhen auf dem Vorwurf islamistischen Terrors. - Viele davon wohl ebenfalls unbegründet. Doch es trifft, wie der folgende Fall zeigt, auch andere unliebsame Formen der politische Opposition.
Im Fadenkreuz der Justiz steht nun der in Wien gemeldete migrantische Kulturverein „Anatolische Föderation Österreich“, der sich für eine politische Veränderung in der Türkei einsetzt und eine scharfe kritische Stellung gegen das herrschende AKP-Erdogan-Regime einnimmt.
Angeklagt sind derzeit 12 Personen, darunter ein noch 15-jähriger Junge. Der Vorwurf lautet auf „Mitgliedschaft“ bzw. „Gutheißung und Förderung einer …
[weiterlesen]Solettifüße
22/4/2018 · Von Kurt Kann, pensionierter Versicherungsangestellter, Internationales Solidaritätsforum
Terroranklage gegen den Verein „Anatolische Föderation“
Am 13.10.2015 fand in Wien im Vereinslokal der "ANATOLISCHEN FÖDERATION ÖSTERREICH" eine Polizeirazzia statt. Der hierfür notwendige Hausdurchsuchungsbefehl wurde von der Staatsanwaltschaft Wien mit Ablaufdatum 31.21.2015 ausgestellt. Zeitgleich im Rahmen der Razzia wurde eine Person in Neunkirchen, eine Person in Innsbruck und 5 Personen in Wien festgenommen. Bei den Festnahmen wurde manchen mündlich angedroht, sie werden, wenn sie nicht kooperieren, wie einst die linken türkischen Genossen Yusuf TAS und Özgür ASLAN nach Deutschland ausgeliefert. Evin TIMTIK, Vorstandsmitglied der "ANATOLISCHEN FÖDERATION ÖSTERREICH" ist eine davon. Ihr wurde der Konventionspass seit März 2015 mit der Begründung, dass sie eine Gefährdung für die innere und äußere Sicherheit sei, nicht mehr …
[weiterlesen]Sozialisten erstmals aufgrund der „Terror“Paragraphen § 278/282 vor Gericht
Gemeinsam Dämme setzen gegen die Kriminalisierung und justizielle Verfolgung der Linken in Österreich jetzt!
5/4/2018
Die im Zuge der „Terror“-Angstkampagne der vergangenen zwei Jahrzehnte eingeführten Paragraphen 278/282 sind – wie sich bereits im sog. Tierschützerprozess zeigte – brandgefährliche justizielle Geschütze der Einschränkung der Meinungsfreiheit und der Kriminalisierung linker Oppositioneller.
Nun gibt es eine neue Anklage, diesmal gegen Aktivistinnen und Aktivisten des seit 2004 offiziell registrierten wie tätigen türkisch-linken Vereins „Anatolische Föderation Österreich“.
In offensichtlicher willfähriger Auftragsarbeit für das türkische Erdoğan-Regime sowie als gleichzeitiges Pilotverfahren gegen Linke wie kämpferische migrantische Strukturen in Österreich hat die Staatsanwaltschaft Wien einen „Terrorprozess“ nach § 278 und § 282 gegen fünf Vorstandmitglieder und einen zusätzlichen Vereinsaktivisten der „Anatolischen Föderation“ eingeleitet. Gegen neun weitere Personen werden zurzeit zudem jeweils weitere, abgesonderte Ermittlungen geführt.
Der Vorwurf: Sie sollen mutmaßliche Mitglieder resp. SympathisantInnen der – in der Türkei …
[weiterlesen]Immer an vorderster Front und trotzdem hinten
Podiumsdiskussion in Wien mit tunesischen Linken
3/4/2018 · von Wilhelm Langthaler
Am 3. April lud die Flüchtlingsaktivistin Monika Mokre zu einer bemerkenswerten Veranstaltung mit dem Titel „Tunesien - Die Revolution ist noch nicht zu Ende“. Das Podium teilten sich Firas Hamda, ein Aktivist der Front Populaire (FP, Volksfront) sowie ehemaliger politischer Häftling, und Imad Garbaya, ein seit drei Jahrzehnten in Österreich lebender und aktiver tunesischer Linker.
Zum Einstieg eine ernüchternde Beobachtung: Das Land durchlebte im letzten halben Jahrhundert eine nicht abreißen wollende Kette von sozialen Bewegungen und Revolutionen, in denen die Linke immer am vorderster Front stand. Dies gilt auch für die Revolte von 2008, die unmittelbar Vorspiel für den Sturz des prowestlichen Diktators Ben Ali 2010 war und den Arabischen Frühling einleitete.
Doch statt an der sozialen Frage dran zu bleiben, hätte sich die Linke in einen identitären Konflikt mit den Islamisten eingelassen und hätte so die Rolle des fünften Rads am Wagen des alten Regimes gespielt. Trotzdem die Koalitionsregierung aus alten Eliten und Islamisten keine Vision für das Land hätte, die altbekannten neoliberalen Rezepte wiederholte und die soziale Situation sich nicht …
[weiterlesen]EU-Dominator BRD stützt spanisches Klein-Imperium
Katalonien - Abhängigkeit von Brüssel bringt keine Unabhängigkeit
30/3/2018 · von Albert F. Reiterer
Die Verhaftung von Puigdemont in der BRD vulgo Deutschland wirft ein grelles Licht auf einige Züge der EU. Die sind es wert, näher betrachtet zu werden. Wert sind es auch die Schlussfolgerungen, welche die bürgerlichen Nationalisten in Katalonien daraus ziehen müssten – es aber aller Wahrscheinlichkeit nicht tun werden.
Die EU ist als Eliten-Union konfiguriert. Sie ist regional fraktioniert, als europäischer Verwaltungs-Föderalismus aufgebaut, hat aber eindeutig eine Zentrum-Peripherie-Struktur. Das erfordert, dass die „nationalen“ politischen Klassen das politische (Verwaltungs-) Handeln der jeweils anderen als rechtens anerkennen. Aber ich habe das Wort „national“ in Anführungszeichen gesetzt. Denn die meisten dieser regionalen Gruppen haben ihren nationalen, d. h. selbstbestimmten Charakter schon verloren. Aber da gibt es eine imperiale Vormacht, die gerade deswegen noch Züge ihres nationalen Charakters und ihrer nationalen Interessen wahren kann, die BRD. Das gibt ihrem Agieren auch mehr Bedeutung als dem anderer Staaten. Andere, wie Belgien, sind so belanglos, dass ihr Handeln nur …
[weiterlesen]Festnahme von Kataloniens Exilpräsidenten Carles Puigdemont
Der ungelöste Krise nächser Akt
29/3/2018 · von Gernot Bodner
Am Sonntag wurde der seit Oktober im belgischen Exil lebende vormalige Präsident Kataloniens und neuerliche Wahlsieger des Urnengangs im Dezember in Deutschland festgenommen. Die deutschen Behörden haben nun über seine Auslieferung an Spanien zu entscheiden, wo er wegen des katalanischen Unabhängigkeitsreferendums angeklagt ist.
Damit setzt sich die ausschließlich auf polizeiliche Unterdrückung und juristische Verfolgung gebaute Politik des spanischen Staates gegenüber der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung und ihren institutionellen Repräsentanten ungebrochen fort. Dutzenden Politikern der Regierung Puigdemont drohen jahrzehntelange Haftstrafen wegen Rebellion, Veruntreuung öffentlicher Gelder und anderer „Delikte“: politische Prozesse und Verurteilungen, mit denen Rajoy‘s Volkspartei ein Kernelement der Franco-Ideologie- die Unteilbarkeit Spaniens - bedient und durch die damit erzielte gesellschaftliche Polarisierung erhofft, ihr von Korruption zeitweise tief erschüttertes politische Gewicht langfristig wieder zu stärken. Mit mäßigem Erfolg, wie Umfragen zeigen: der Gewinner der katalanischen …
[weiterlesen]Sozialismus, Entwicklung und unsere Grundlagen
Eine Abgrenzung
26/3/2018 · Von Albert F. Reiterer
Vorbemerkung: Der folgende Text greift einige Probleme auf, die in der sozialistischen Bewegung keineswegs neu sind. Ich denke aber, dass sie in neuem Licht debattiert werden müssen, wenn wir unser eigenes politisches Engagement ernst nehmen. Der Ausgangspunkt ist eine Polemik über einen Blick auf China.
„Sozialismus“ ist der Zentralbegriff für alle politisch Engagierten auf der Linken. Und doch sind wir uns nicht darüber einig, was das eigentlich sei – Sozialismus. Seit eineinhalb Jahr-hunderten, seit die sozialistische und die Arbeiter-Bewegung erst recht eigentlich entstanden, ist das die entscheidende Frage. Die zwei Pole des Versuchs, das zu definieren, können wir als eine sehr diffuse Festlegung auf einige Ziele auf der einen Seite sehen, auf ein ziemlich strikt ausgebautes Modell von politischer Herrschaft und von sozialen Strukturen auf der anderen Seite.
Ich will mich hier vor allem mit der zweiten Annäherung auseinandersetzen. Seit Kautsky seine Schrift „Die soziale Revolution“ schrieb, vor allem aber nach der Oktober-Revolution und dem Aufbau der Sowjetunion …
[weiterlesen]In Verteidigung des Netzwerks Muslimische Zivilgesellschaft (NMZ)
Nicht Feindbildproduktion, sondern demokratische Integration brauchen wir
18/3/2018 · von Wilhelm Langthaler
Im Vorfeld der Antirassismusdemo vom 17.3. kam es von einem Teil der Organisatoren zu einer Attacke auf das NMZ. Ihm wurde vorgeworfen, verlängerter Arm Erdogans zu sein. Es sollte so aus der Demo gedrängt werden. Nicht nur, dass auf einmal die Kronenzeitung ihre Liebe zu Asylhelfer Genner entdeckte, der den Angriff ritt, sollte zu denken geben. Sondern auch die Tatsache, dass Schwarzblau den Neoliberalismus mittels eines antiislamischen Chauvinismus abstützen – zu diesem sehr spezifischen Mechanismus schweigt die Plattform.
1) Der Kontext: die antiislamische identitäre Mobilisierung
2) Das NMZ als demokratische Initiative des Dialogs
3) „Bomb Iran“ und alle anderen „Islamofaschisten“
4) Warum Afrin als zentrales Kriterium – und nicht Gaza?
5) Schlussfolgerungen
Anti-Islam-Regierung
Die Auseinandersetzung findet nicht im luftlehren Raum statt, sondern vor dem Hintergrund der schwarzblauen Regierung. Die Demo will das Kabinett Kurz-Strache wegen „Rassismus und Faschismus“ anklagen. Das ist reichlich abstrakt und teilweise irreführend, weil es vom neoliberalen Kern des Regimes und dessen Kontinuität zu Rotschwarz ablenkt. Die FPÖ stammt zwar von der NSdAP und dem Deutschnationalismus ab, doch befindet sie sich nun gänzlich am Nasenring von Raiffeisen & Co. Hauptfeind muss der …
[weiterlesen]Bombenkrieg gegen Serbien - eine Schande für die Zivilisation am Ende des 20. Jahrhunderts
1/3/2018 · Von Tatjana Kojic
Zum 19. Gedenktag an die Opfer der NATO-Aggression
Die Bombardierung Serbiens wurde am 24. März 1999 durch 19 Staaten der NATO ohne Autorisierung des UN Sicherheitsrates begonnen. Der Luftkrieg gegen Serbien hatte drei Ziele: die Entschlossenheit und Macht der NATO zu zeigen, in jedem Winkel der Erde mit Waffengewalt „Demokratie“ zu erbomben, einen unliebsamen Politiker – Milosevic - zu stürzen und Serbien im Kampf gegen die bewaffneten albanischen Kräfte militärisch in die Schranken zu weisen, um letztendlich den Kosovo von Serbien abzuspalten, also Serbien zu schwächen. In der medialen Sprache wurde erstmals der Begriff „humanitäre Intervention“ verwendet. Bomben gegen serbische Zivilisten, mitten in Europa, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern? Stattdessen wurde eine humanitäre Katastrophe herbeigeführt. An …
[weiterlesen]Angriff auf Afrin: Erdogan versucht in der syrischen Niederlage das Gesicht zu wahren
15/2/2018 · von Wilhelm Langthaler
Kooperation mit USA könnte für Kurden von militärischem Vorteil zur politischen Bürde werden
Der gegenwärtige türkische Versuch, den kurdischen Kanton Afrin zu erobern, ist eine der zahllosen Schritte in einem historischen Bürgerkrieg mit starker regionaler und internationaler Verstrickung. Es zeigt sich, dass der Krieg noch lange nicht aus ist. Zudem sind militärische Verschiebungen nicht immer deckungsgleich mit politischen. Bei so vielen Mitspielern können sich immer neue, unerwartete Konstellationen ergeben.
Die Quintessenz dieser Etappe: Die Türkei musste bereits seit geraumer Zeit zur Kenntnis nehmen, dass ihre Macht- und Expansionsambitionen gescheitert sind. Doch Erdogan kann das nicht eingestehen, sondern muss es verstecken. De facto hat Ankara die russische Vormachtstellung bereits akzeptiert und damit auch die weitere Existenz des Systems Assad. Der …
[weiterlesen]Anschluss 1918, 1938 und EU 2018
13/2/2018 · Von Albert F. Reiterer
Die Sehnsucht nach der Großmacht und das globale „Weltsystem“ seinerzeit und heute
Wenige Monate vor dem totalen Zusammenbruch der Mittelmächte schwadronierten in Wien Politiker und ihre intellektuellen Sprachrohre noch vom „Siegfrieden“. Doch 1918 war dies nicht von einer Terror-Propaganda des Regimes erzwungen wie 1945. Diese Redner und Schreiberlinge glaubten Ende Juli 1918 noch wirklich, was sie sagten. Als dann Ende Septem¬ber tatsächlich alles zusammenbrach und selbst ein Blinder dies nicht mehr übersehen konnte, waren sie fassungslos.
Es war der unbedingte Glaube an die Großmacht, welcher sie bis zuletzt und darüber hinaus in ihrem Wahn gefangen hielt. Nun aber brachen ringsum alle Bestandteile des verrotteten Habsburgerstaats weg. Da versuchte die deutschsprachige politische Klasse, sich schleunigst an eine andere Großmacht anzuschließen. Die …
[weiterlesen]Es gibt keinen islamischen Antisemitismus
13/2/2018 · Von Murat Gürol, Wien
Wer vom schwarzen Rassismus gegen Weiße sprach, versuchte die Apartheid zu rechtfertigen
Canan Yasar, Bundesvorsitzende der MJÖ, geht mit ihrer Verlautbarung, MuslimInnen seien nur für einen Teil antisemitischer Vorfälle verantwortlich, in die Offensive: die MJÖ sei bereit, sich kritisch mit Antisemitismus in den muslimischen Reihen auseinanderzusetzen. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180124_OTS0054/mjoe-startet-kampagne-musliminnen-gegen-antisemitismus
Damit zielt Yasar offensichtlich auf das nichtmuslimische Publikum. Unter MuslimInnen stößt so ein Vorstoß dann schon eher auf Unverständnis oder gar auf Empörung, setzt diese Ankündigung doch schon voraus, dass man die Anschuldigung des Antisemitismus implizit annimmt. Und so entspreche die aliquote Aufteilung antisemitischer Übergriffe zwischen NichtmuslimInnen und MuslimInnen den gesellschaftlichen …
[weiterlesen]Tunesien zwischen dem revolutionären Traum und dem Albtraum des alten Systems
3/2/2018 · Von Imad Garbaya
Dezember/Jänner war immer eine heiße Zeit im tunesischen Winter: 1978 und der Aufstand der Arbeiter, der durch das Regime Bourguiba brutal niedergeschlagen wurde. 1984 der Brot-Aufstand mit hunderten Märtyrern und Verletzten. 2008 der Aufstand in der Region Redeyf (Bergbau) und die brutale Antwort Ben Alis. Jener Aufstand war die Generalprobe zur tunesischen Revolution, die im Dezember 2010 startete und den ersten Erfolg innerhalb der arabischen Aufstände verzeichnete, nämlich mit der Absetzung Ben Alis, der Errichtung einer neuen Verfassung und einiger demokratischen Fortschritte.
Der gemeinsame Nenner dieser Aufstände war und ist immer noch die soziale Frage.
Jetzt, sieben Jahre nach dem Beginn der Revolution Ende 2010, entflammt die soziale Bewegung wieder und zwar in den gleichen Regionen und Vorstädten, die historisch immer nachbeteiligt waren, mit den gleichen Forderungen: Arbeit, soziale Gerechtigkeit und Absicherung.
Die letzten Aufstände im Jänner 2018 wurden durch die Medien der herrschenden Elite auf die „Sicherheitsfrage“ reduziert und teilweise brutal niedergeschlagen mit hunderten Festnahmen. Politisch wurde es zur Abrechnung mit der linken „Volksfront“, die als „chaotische“ Truppe bezeichnet wurde, dieses Mal nicht nur von der Elite, sondern auch von der Islamisten-Partei „Ennahda“.
In diesen sieben Jahren hat die alte Elite …
[weiterlesen]Ideologischer Kitt von Schwarzblau: Immigranten als Sozialschmarotzer dämonisieren
8/1/2018 · von Wilhelm Langthaler
Wirtschaftspolitische Realität: Lohndrücken durch Arbeitszuwanderung fördern
Das vielleicht wichtigste politisch-kulturelle Element des Regierungsprogramms und auch des gesamten Wahlkampfs ist die Ausmachung eines Feindes, eines Schuldigen, der zu jagen und zur Strecke zu bringen ist. Es sind das die Flüchtlinge und insbesondere die Muslime.
Tenor: Deren Ziel sei das leistungslose Einschleichen in den Sozialstaat. Zum Dank dafür wollten sie sich nicht einmal integrieren und gefährdeten uns sogar noch mittels des Politischen Islam. „Aber so nicht – nicht mit uns! Wir stellen wieder Fairness her und verteidigen uns.“ Dieses Motto wird im Regierungsprogramm über dutzende Seiten wiederholt und breitgetreten.
Bei vielen Menschen aus den unteren Schichten (und nicht nur) fällt diese Rhetorik auf fruchtbaren Boden. Sie sehen sich mit Abbau von …
[weiterlesen]CETA: Ein wunder Punkt der Kurz-Strache‘schen Privilegierten-Regierung
8/1/2018 · Von Gernot Bodner
Gerne schauen die Europäer mit Abscheu auf das Phänomen des Stimmenkaufs in der „Dritten Welt“: mit Fernsehern, kleinen Geldgeschenken oder auch nur einer Tasse Reis sichern sich Kandidaten/innen die Stimmen der Armen. Weit ist man aber in Österreich davon nicht entfernt, wenn schamlos mit großspurigen Versprechen Wählerstimmen eingeheimst werden, und diese dann, ohne mit der Wimper zu zucken, nach wenigen Wochen ins genaue Gegenteil verkehrt werden.
Nimmt man Sebastian Kurz sein völliges Desinteresse an den weniger privilegierten Menschen in Österreich problemlos ab, ist es bei HC Strache und seiner Ministerriege schon erstaunlich, wie ungeniert sie ihre Wähler (59 % der Arbeiter, 33 % der Menschen mit Pflichtschulabschluss, 37 % mit Lehrabschluss) verraten. Drei Bereiche stechen dabei aus heutiger Sicht besonders hervor:
Freihandel/CETA: Hatte die FPÖ im Februar 2017 noch groß plakatiert „Verbindliche Volksabstimmung zu CETA und TTIP“ und noch im November einen entsprechenden Antrag im Nationalrat eingebracht, liest man im Kurz-Strache‘schen Regierungsprogramm: „Ratifizierung und Umsetzung des am 18.10.2016 im Ministerrat und in weiterer Folge am 30.10.2016 von der Europäischen Union und Kanada beschlossenen …
[weiterlesen]Schwarzblau langsam zersetzen – chancenreicher Widerstand gegen einzelne Angriffe
Eine Interpretation des österreichischen sozioökonomischen Regierungsprogramms und strategische Schlussfolgerungen für eine demokratisch-soziale Opposition
8/1/2018 · von Wilhelm Langthaler
Ein Merkmal des Regierungsprogramms sind die neoliberal-populistischen Phrasen, die „Entlastungen“ versprechen ohne jedoch den zugehörigen Leistungsabbau anzukündigen. Es wird schlicht keine Gegenrechnung angestellt. Das getrauten sie sich offensichtlich nicht. Das muss dann wohl im Laufe der Regierungsperiode kommen und bietet die Möglichkeit auf Widerstand. Hartz IV steht bereits nach zwei Wochen in Frage. Dafür wird ausgiebig der chauvinistische Ton gegen Ausländer und Muslime angestimmt, die bei uns schmarotzen wollten und uns gleichzeitig bedrohten.
Senkung der Staatsquote
Das ist ein altes neoliberales Schlachtross – die Abgabenquote als angebliches Maß der Belastung der Bürger. Diese soll von 43 auf 40% gesenkt werden, was ungefähr 14 Mrd. Euro oder rd. einem Viertel des Budgets entspricht – also ein gewaltiger Wert.
Zuerst sollen natürlich die Unternehmer profitieren. Senkung der Körperschaftsteuer (ohne Angabe eines Wertes) und Reduktion der Umsatzsteuer im Tourismus von 13 auf 10%. „Senkung der Lohnnebenkosten ohne Leistungsreduktion“ um 500 Mio. bei der Unfallversicherung (AUVA) – was ohne Einschränkung der Dienste schlicht unmöglich ist.
Der Mittelstand soll für jedes Kind eine Steuerreduktion von 1500 geschenkt bekommen. Um Kritik von unten gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen, wird …
[weiterlesen]Fariss Wogatzki: Möge keiner sagen er hätte es nicht gewusst
1/1/2018 · Von Elisabeth Lindner-Riegler
Buchrezension
Fariss Wogatzki: Möge keiner sagen er hätte es nicht gewusst
Mit einem Vorwort von Evelyn Hecht-Galinski, Zambon Verlag, Frankfurt 2017, 471 Seiten, 19,90 Euro.
„‘Heidelberg untersagt Ausstellung von Kinderzeichnungen zum Alltag in Palästina.‘ Die Eröffnung war für den 10.08.2016 angesetzt. Kurzfristig entschied sich die Stadt jedoch, die Ausstellung abzusagen. Laut eines Stadtsprechers hieß es, ‘dass die Ausstellung nicht in einer städtischen Einrichtung gezeigt werden darf‘, weil ‘in der Ausstellung waren Aussagen zum Nahost-Konflikt enthalten, denen sich die Stadt nicht anschließen kann. Da die Stadt zur Neutralität verpflichtet ist, war die Durchführung einer Ausstellung mit derart hochpolitischen Inhalten in städtischen Räumlichkeiten nicht möglich.‘, …
[weiterlesen]Trump tötet toten Nahost-Frieden
15/12/2017
Ohne USA wäre israelischer Kolonialismus nicht möglich
Die Verlegung der US-Botschaft ins besetzte Jerusalem macht wieder ein deutlich, was jeder schon lange weiß, der es wissen will: Die US-Vermittlerrolle ist nichts als Hohn. Denn die USA sind schlicht die Weltmacht, die auf Biegen und Brechen hinter Israel steht. Die Dummheit Trumps liegt darin, dass er sich um die Tarnung nichts schert, um seine christlichen Zionisten als letzte Reserve zu mobilisieren.
Doch bereits seine Vorgänger Clinton und Bush sind an der Allmachtsträumen der Manifest Destiny gescheitert. Darum versuchte Obama die imperiale Überdehnung zurückzunehmen und mehr auf indirekte Machtausübung zu setzen. Trump, der mit America First darauf anspielte die Ausgaben für den globalen imperialen Herrschaftsapparat sogar herunterzufahren, wird kläglich scheitern. Wer …
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