Thesen: Planung – Eine radikale Alternative zum Marktfundamentalismus?
11/11/2017 · Von Albert F. Reiterer
Thesen zum vergangenen Seminar: 100 Jahre Oktoberrevolution
(0) Die gegenwärtige Krise des Finanzkapitalismus ist ein Ergebnis des Trends zur Deregulierung der Wirtschaft. Eine Reihe von Steuerungsfunktionen werden an parastaatliche Organe des globalen Finanzkapitals übertragen. Selbst im Rahmen der gegenwärtigen Grundstruktur ist eine Überwindung der Krise nur denkbar durch verstärkten Einsatz planerischer Mechanismen. Doch Planung als solche heißt nicht von vorneherein Sozialismus. Planung kann im Interesse ganz entgegengesetzter Kräfte stattfinden. Wir müssen uns daher die bisherigen Planungserfahrungen ansehen.
I. Die historische Erfahrung: „Realsozialismus“
(1) Die Wirtschaftsplanung in der UdSSR war ein Entwicklungsprojekt, eine Strategie der nachholenden Entwicklung für eine schlecht entwickelte Wirtschaft …
[weiterlesen]Umsturz und Transformation neu denken
Beitrag zu den Lehren der Oktoberrevolution und des gescheiterten weltweiten ersten sozialistischen Anlaufs
28/10/2017 · von Wilhelm Langthaler
Mein Beitrag ist mit dem sperrigen Titel „Revolutionäres Subjekt – Partei – Konflikt und Hegemonie – Homogenität“ überschrieben. Die Begriffe mögen auf das Erste zufällig zusammengewürfelt erscheinen. Ich werde versuchen sie mit einem roten Faden zu verbinden und daraus wesentliche Schlussfolgerungen für einen Emanzipationsversuch zu ziehen.
Es gibt mehrere Gründe für das Scheitern, die alle bearbeitet werden müssen. Hier wird einer dieser Komplexe aufgegriffen, der natürlich an vielen Stellen mit den anderen verbunden ist. Sozioökonomische und methodisch-epistemologische Fragen können nur am Rande gestreift werden. Es geht darum, ein revolutionäres and transformatives (das ist nicht das gleiche) Subjekt zu konzipieren. Dabei interessiert vor allem, warum die zum Teil erfolgreichen Revolutionen die Transformation, trotz beeindruckender zwischenzeitlicher Erfolge, dann nicht schafften.
Zunächst einmal die Fragestellung, um dann darauf einige Thesen aufzubauen:
Die russische Revolution ist bestimmend für das ganze 20. Jahrhundert. Der Leninismus stellte sich selbst in die Tradition des orthodoxen Marxismus. Es …
[weiterlesen]Sieben Lesehinweise zu den Nationalratswahlen in Österreich
23/10/2017 · von Wilhelm Langthaler
Analyse des Wahlausgangs in Österreich
1 Identitäre Anti-Migrationsmobilisierung wichtigster Hebel, um Mehrheit für neoliberales Regime zu sichern
2 Niedergang der SP als Arbeiterpartei wurde überdeckt durch die Aufsaugung der Grünen
3 Moderation der FP zum VP-Anhängsel (fast)
4 Kurz-Hype als Medienblase
5 Politisches System substanziell stabil
6 Pilz als soziale Opposition?
7 Gescheitert: Düringer und KPÖ
Identitär-chauvinistische Mobilisierung
Chauvinismus gegen ärmere, kulturell und insbesondere von den äußeren Merkmalen andere Zuwanderer ist eine Konstante. Dessen politische Nutzung durch Teile des Systems auch. Doch diesmal hat es aus zwei Gründen eine neue Qualität: Einerseits war die Aufnahme von ca. 1% Flüchtlingen (im Bezug zur Gesamtbevölkerung) in rund einem Jahr eine tatsächliche …
[weiterlesen]Revolutionäres Subjekt
Nachlese zu einer Veranstaltung im Volkshaus Graz, 20. Oktober 2017: 100 Jahre Oktoberrevolution
23/10/2017 · Von Albert F. Reiterer
Ein Konzept, seine Fragwürdigkeit und seine Unentbehrlichkeit; Plebeisierung
Als Lenin im April 1917 nach Russland zurück kehrte, bestanden in Petrograd und auch in anderen Großstädten bereits Arbeiter- und Soldatenräte. Aber die Mehrheit in diesen Räten hatten die Sozialrevolutionäre und Menschewiki. Kerenski konnte sich durchaus auf sie stützen und hatte selbst eine wichtige Funktion im Petrograder Sowjet. Erst nach mehreren Anläufen schafften es die Bolschewiki, gegen Ende August in Petrograd und in Moskau, in den Sowjets die Mehrheit zu erringen. Nun nahmen sie, oder vielmehr ihre entschlossene Gruppe um Lenin, Kurs auf den bewaffneten Aufstand, auf die Oktober-Revolution. Auf diesen Punkt, auf die Mehrheit in den Räten, hat auch Trotzki später immer wieder hingewiesen, und er gilt in der Linken weiterhin als entscheidend.
„Die …
[weiterlesen]Burka-Verbot: das „Böse“ amtlich markiert
Ursachen des Politischen Islam verstehen, um eine demokratische Gesellschaft zu ermöglichen
11/10/2017
Das Vollverschleierungsverbot ist nur die Spitze des Eisbergs einer gefährlichen Identitätspolitik. Sie macht die Muslime und insbesondere Musliminnen zur Bedrohung, erklärt sie zum aggressiven Feind, gegen den man sich mit allen Mitteln zur Wehr setzen müsse. Dabei werden die unteren Schichten der Gesellschaft gespalten und die demokratischen Grundrechte beschnitten: Aber das ist Absicht.
Mit dem Verbot des Gesichtsschleiers (in den meisten Fällen der Niqab von der arabischen Halbinsel) wurden gleich mehrere Schranken überschritten.
Die Gesichtsverschleierung wird bei uns nur von einer winzigen Minderheit der muslimischen Frauen praktiziert. Sie behördlich zu unterbinden, hebt ihre symbolische Bedeutung unermesslich an. Sie wird so in der öffentlichen Wahrnehmung dem Islam als Ganzem zugeschrieben und zwingt die Muslime Stellung zu beziehen. Wir wissen von vielen Beispielen, dass Fremdzuschreibungen im Gegenzug oft in Selbstverteidigung in die Eigendefinition übernommen werden. Wenn es also um Integration ginge, so würde die Maßnahme mit Sicherheit nach hinten losgehen.
Der Gesichtsschleier ist ein Nicht-Problem, das von der Regierung zu einem Problem gemacht …
[weiterlesen]„Lassen wir ihnen den lieben Gott hinter den Wolken“
9/10/2017 · Von Michael Wengraf
Ein Plädoyer für die Verteidigung der Gewissensfreiheit durch die radikale Linke
Die hierorts so beharrlich betriebene Verknüpfung von Islam und Terrorismus ist ein funktionelles Konstrukt. Sie dient vor allem dazu, die momentan einzig erwähnenswerte – wenn auch untaugliche – Gegenwelt zur globalen kapitalistischen „One World“ zu punzieren. Im Narrativ über den Kampf von „Gut gegen Böse“ soll die rechte Gewichtung geschaffen und der „Feind aller Menschlichkeit“ plakativ und für alle erkenntlich zur Schau gestellt werden. Propagandistisch geschickt mit in den Fokus gerückt wird dabei immer wieder die sogenannte „Rückständigkeit“ des Islam, die als Gegenpol zu einem „fortschrittlich-liberalen und säkularen Abendland fungiert.
Bequemerweise für die Eliten geht das einher mit der Einschränkung von bürgerlicher Freiheit; konkret sind …
[weiterlesen]Demokratisch – Sozial – Souverän – Neutral: Symposium
Ein handlungsfähiger Pol für eine solidarische, demokratische und ökologische Wende
5/10/2017
Wer von der EU nicht reden will, der soll auch über den Kampf gegen den Neoliberalismus schweigen.
Am 30. September 2017 trafen sich in Wien mehrere Dutzend in Betriebs- und Gemeinderäten, in Gewerkschaften, politischen Organisationen und Initiativen tätige Menschen, um auszuloten, wie eine politische Kraft zur Überwindung des neoliberalen Regimes in Österreich gebildet werden kann.
Ausgangspunkt sind die Begriffe: demokratisch, sozial, souverän und neutral, die auch von einer großen Mehrheit der Menschen in Österreich geteilt und getragen werden.
Doch diese wurden und werden durch das herrschende Establishment in eine Politik transformiert, die sich gegen die Interessen der Menschen richtet. Die Ankündigung einer Reform gilt heute als Drohung. Die Forderung nach Reformen kündigt von weiteren Angriffen auf das Pensions-, Gesundheits- und Bildungssystems. Der Ruf nach …
[weiterlesen]USA werden in Mosul einen General an die Macht hieven
20/9/2017
Interview mit Awni al Kalemji von der Irakischen Patriotischen Allianz (IPA), die Teil des politischen Flügels des irakischen Widerstands gegen die Besatzung war.
F: Vor zwei Monaten wurde Mosul zurückerobert. Welches politische Projekt gibt es seitens der Sieger?
A: Ich habe keine internen Informationen, aber für die USA ist das eine entscheidende Frage. Aber eines ist sicher: Sie werden die Al-Hashd Al-Shaabi (Volksmobilisierungseinheiten, PMU) keine Rolle spielen lassen. Es soll keinen iranischen Einfluss geben. Das sieht auch die Türkei so, die ein wichtiger Spieler ist.
Noch sind die Details nicht klar, aber die USA werden irgendeinen General aus dem Hut zaubern, so wie Najim al-Jubouri, der die Operation gegen Mosul kommandierte. Er hat jahrelang in den USA gelebt. Es gibt auch andere Namen, einige davon ehemalige Baathisten.
F: Was ist mit den Vertriebenen? Könnte sich ein Szenario wie in Falluja wiederholen, wo diese monate- oder …
[weiterlesen]Mosul: Ohne Selbstverwaltung kein Frieden
Oder: warum sind US-Bomben auf Mosul humaner als russische auf Aleppo?
20/9/2017 · Von Wilhelm Langthaler
Nur mit äußerster Gewalt konnte Mosul vom IS zurückerobert werden. Vielfach vernahm man Berichte, die die Operation als Rachefeldzug erscheinen lassen. Selbst viele Wochen nach der Siegesmeldung gibt es kein Anzeichen dafür, dass die Bagdader Regierung Bereitschaft hätte, die lokale Bevölkerung politisch einzubinden. Es deutet alles auf eine fortgesetzte quasi-militärische Herrschaft, die auf Ablehnung in der Bevölkerung stoßen wird. Damit ist auch vorauszusehen, dass der Bürgerkrieg und der Jihadismus sich in der einen oder anderen Form fortsetzen werden.
Eine weitere Episode im Kampf ums Zweistromland
Der Westen zeichnet ein klares Bild im irakischen Konflikt – das Gute, geleitet von den USA, führt einen unversöhnlichen Kampf gegen das Böse, den IS, der die Welt bedroht. Bei so einer epochalen Schlacht darf man natürlich nicht zimperlich sein.
Die gesellschaftliche Realität ist, wie immer, viel komplexer und kann ohne den historischen Kontext gar nicht verstanden werden. Im Großen gesehen handelt es sich um eine weitere Schlacht im Krieg um das Zweistromland, wie er zumindest seit 1980 andauert, als der Erste Golf-Krieg begann. Schon damals hatten die Groß- und Regionalmächte einen wesentlichen Anteil daran. Wenn man will, kann man den Konflikt auch viel weiter zurückverfolgen, denn das Zweistromland war nicht nur Wiege …
[weiterlesen]Die EU, die nationale Frage und Lenin
11/9/2017 · Von Michael Wengraf
"In Mittelasien und dem Kaukasus schuf die Sowjetmacht sogar ein paralleles Rechtssystem, in dem die islamischen Gerichte in Übereinstimmung mit den Schariagesetzen neben den sowjetischen Rechtsinstitutionen Recht sprachen. Die Menschen sollten die Wahl zwischen religiöser und revolutionärer Gerichtsbarkeit haben.Auch dieses Herangehen ist typisch für Lenins Methodik: Die Toleranz gegenüber der Scharia war eine Anerkennung der Tatsache, dass der islamische Konservativismus nur mittels eines Bruchs mit der großrussischen chauvinistischen Politik zurückgedrängt werden konnte. "
Lenins Herangehen an die Nationen- bzw. Nationalitätenfrage erweist sich heute noch in vielerlei Hinsicht als hochaktuell. Die Nation dominiert – trotz gegenteiligem Anschein – auch gegenwärtig kapitalistische Staatlichkeit als Organisationsform. Konkurrenz, sowohl zwischen einzelnen Unternehmen wie auch zwischen Nationen bzw. zu Blöcken geeinter Staaten, ist dem System immanent geblieben; ebenso wie der Drang nach Vereinheitlichung und Vereinigung zu Lasten Dritter. Letzteres geschieht weltweit durch die Tendenz zum Monopol, durch supranationale Bündnisse der Mächtigen – wie die EU eines ist – oder einfach durch global organisierten Neokolonialismus.
Lenins grundsätzlicher Standpunkt in der nationalen Frage könnte wie folgt zusammengefasst werden: Solange es den …
[weiterlesen]Italien: Patt der Perspektivlosen auf dem schlafenden Vulkan
Sizilianische Wahlen im November als Testlauf
9/9/2017 · Von Wilhelm Langthaler
Eine Annäherung an die unhaltbare Lage in Italien und das „Rebellische und souveräne Italien“
Vom 1.-3. September 2017 fand in Chianciano Terme, in der Toskana, die Zweite Versammlung der CLN, der „Konföderation für die Nationale Befreiung“, deren Akronym nicht zufällig identisch mit jenem des Komitees der antifaschistischen Kräfte von 1943 ist. Das Motto lautete „Italia ribelle e sovrana“, inspiriert von Mélenchons „France insoumise“, dem sich nicht unterwerfenden Frankreich.
Die Grundannahme der Initiative lautet, dass dieses aufständische Italien bereits existiere. Es habe sich im Referendum vom 4. Dezember 2016 manifestiert, als das Volk den neoliberalen Renzi-Putsch im Dienste der EU-Oligarchie mit fast Zweidrittel hinwegfegte. Man will die Lehren aus der griechischen Tragödie ziehen: Dort hatte 2015 das Volk das neokoloniale Diktat von Brüssel und …
[weiterlesen]Treffen ungarischer Linksopposition
Konferenz marxistischer und linker Parteien und Kräfte in Budapest 2017
27/8/2017 · Aug und Ohr
Das Konzept einer gesamtgesellschaftlichen Klassenveränderung mit der Steigbügelhilfe konkreter Reformprogramme und radikaler Opposition zum Regime (und System) findet sich in Ungarn nur ein bei einem relativ kleinen, -aber immer besser organisierten Teil der Bevölkerung, der seiner Ziele bewußt ist, aber auch weiß, daß er noch längere Zeit an Hegemonie nicht denken darf.
Es ist dies ein Synergiebereich aus MEBAL („Vereinigte Ungarische Linke“), Munkáspárt 2006 („Arbeiterpartei 2006), einem sehr aktiven Rest der Zöld Baloldal (Grünen Linken) sowie NGOs, Basisorganisationen und Bewegungen. Die MEBAL versteht sich als marxistische Basisorganisation und als Forum des Austausches zwischen linken Kräften und fortschrittlichen Bewegungen und stützt sich auf einen Zusammenschluß von marxistischen Historikern , Soziologen und Wirtschaftswissenschaftlern wie Wirtschaftswissenschaftlerinnen, wie etwa dem mehrere Funktionen innehabenden und international präsenten Mátyás Benyik, dem feurigen Soziologen Attila Melegh, dem scharf und hart formulierenden Tamás Krausz, dem umtriebigen Gáspár Miklós Tamás und, nicht zu vergessen der …
[weiterlesen]Das neue Politische Dokument der Hamas
In bedrängter Lage zwischen Nationalcharta und Pragmatismus
23/8/2017 · Von Wilhelm Langthaler
Das am 1. Mai 2017 vorgestellte neue Grundsatzdokument stellt sich in Inhalt, Argumentation und Sprache eindeutig und signalhaft in die Tradition der palästinensischen Befreiungsbewegung (und damit indirekt auch der Linken). Das ist angesichts der bewaffneten Aufstände der Jihadisten keine Selbstverständlichkeit und könnte dem Widerstand helfen, den Jihadismus politisch zurückzudrängen. Gleichzeitig bietet Hamas als „nationalen Konsens“ einen bisher abgelehnten palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 an – interpretierbar irgendwo zwischen taktischem Schachzug, Öffnung gegenüber Anderen und Zugeständnis an die äußeren Unterstützer.
Zuerst möchte ich die wesentlichen Positionen des Papiers (http://hamas.ps/en/post/678/a-document-of-general-principles-and-policies [Dieser Link funktioniert nicht mehr, was die zunehmende Repression anzeigt. Hier alternativ jewishvirtuallibrary.org) zusammenfassen, was jedoch niemanden dazu verleiten sollte, dieses wichtige Dokument nicht selbst zu lesen:Juden ungleich Zionisten„§16. Hamas affirms that its conflict is with the Zionist project not with the Jews because of their religion. Hamas does not wage a struggle against the Jews because they are Jewish but wages a struggle against the Zionists who occupy Palestine. Yet, it is the Zionists who constantly identify Judaism and the Jews with their own colonial project and illegal entity.“Zunächst korrigiert Hamas den enormen …
[weiterlesen]KPÖ: Ein unmoralisches Angebot
19/8/2017 · Von Michael Wengraf
In Mitteilungen der Klahr-Gesellschaft wird EU-Verbleib propagiert und gegen Euroexit polemisiert
In ihrem materiellen Kern ist die Europäische Union ein Vehikel zur Beförderung der Angelegenheiten ganz bestimmter – vor allem deutscher – Kapitaleigner und Konzernchefs. Denen gelingt es allerdings perfekt, dieses Instrument von Herrschaft als im allgemeinen, die ganze Gesellschaft umfassenden, Interesse stehend darzustellen. In krassem Gegensatz zu allen verfügbaren Fakten wird die EU als Friedensprojekt, Mehrer des Wohlstands und ebenso demokratischer wie alternativloser Überwinder nationaler Borniertheit inszeniert.
Um solch einen realitätsfernen Narrativ durchzusetzen, bedarf es einiger Arbeit. Für deren Erledigung wiederum ist die sogenannte Zivilgesellschaft, von Antonio Gramsci als „zweite Front“ des Kapitalismus beschrieben, zuständig. Neben den …
[weiterlesen]Venezuela nach der Einberufung und Wahl einer neuen verfassungsgebenden Versammlung.
4/8/2017
Warum wir in diesem historischen Augenblick die Regierung Maduro gegen die rechtgerichtete Opposition unterstützen, aber gleichzeitig wenig Hoffnung in sie setzen.
1. Nach allen international anerkannten Regeln hat die Bevölkerung mit knapp mehr als 40% Wahlbeteiligung eine neue verfassungsgebende Versammlung gewählt, wie auch von der internationalen Wahlbeobachterkommission bestätigt wurde. Diese soll und wird in den nächsten Wochen zusammentreten, um eine Reform der Verfassung zu diskutieren und zu beschließen. Entgegen der allermeisten Erklärungen der internationalen Presse soll und kann diese nicht das Parlament ersetzen. Im Gegensatz zu den Meldungen der Mainstreampresse ist dies kein Schritt in Richtung Diktatur, wie die Opposition behauptet. Grundsätzlich ist die Medienhetze gegen die Regierung Maduro wieder einmal von besonderer Qualität. Kein Artikel, selbst in den linksliberalen Medien, indem nicht mindestens vor der totalen …
[weiterlesen]Was der Oktober lehrt
Die Revolution und das Prinzip Hoffnung
13/7/2017 · von Michael Wengraf
„Wo also die Vorstellung eines besseren, schließlich wohl vollkommenen, da findet Wünschen statt, gegebenenfalls ungeduldiges, forderndes“, so Ernst Bloch.(1)
Am Beginn jeder bewussten Veränderung steht der Wunsch nach Verbesserung. Zuerst macht er sich individuell bemerkbar. Und zwar als das Interesse, die eigene Situation erträglich und endlich lebenswert zu gestalten. Wenn dies aber der individuelle Wunsch vieler ist, dann wird er schließlich zum kollektiven Verlangen.
Das kollektive Verlangen als Triebkraft der Oktoberrevolution, die sich heuer zum hundertsten Mal jährt, hatte sicher wenig mit einem voll ausgeprägten Bild der neuen perfekten Welt, also kaum etwas mit Sozialismus unmittelbar, zu tun. Es waren die einzelnen elementaren Bedürfnisse der Individuen, die als Triebkräfte wirkten. Wie zum Beispiel jene nach Brot und Kleidung sowie nach Beendigung eines für das Volk desaströsen Krieges: Sich satt essen, es warm haben und …
[weiterlesen]Nach dem G20-Gipfel in Hamburg
Was war und was bleibt? Ein Kommentar.
9/7/2017 · von Thomas Zmrzly
Wer auch nur einige Tage in Hamburg während des G20-Gipfels verbracht hat, der oder die konnte neben einer Schule der Demokratie das eine oder andere Problem oder das Fehlen eines oder mehrerer gemeinsamer Ziele und dessen Auswirkungen zur Kenntnis nehmen.
1. Wie fast nach allen großen Versammlungen der letzten Jahre (G7, G8, EU-Gipfel), bleibt offiziell oder besser in den Mainstreamnachrichten von den Gegenprotesten nur mehr die Gewaltfrage als wesentlicher Baustein mit Nachrichtenwert übrig. Die Auseinandersetzungen im Schanzenviertel Freitag- und Samstagnacht mit ihren Bildern von brennenden Autos und Barrikaden einerseits, und einer martialisch aufgerüsteten Polizei(armee) aus Räumpanzern, Wasserwerfern und Polizeirobocops überstrahlen alles. Tatsächlich aber wurde das ganze Geschehen von Anfang an durch die Staatsmacht und ihre Repressionskräfte in diese Richtung gelenkt. Anfang der Woche waren mehrfach angemeldete Zeltlager widerrechtlich durch die Polizei geräumt worden, obwohl jeweils höhere Instanzen deren Bestand …
[weiterlesen]Ukraine: weiterer Schlag gegen Oppositionsmedien
Der fortgesetzte Fall Igor Guzhva
2/7/2017 · von Sergei Kiritschuk
Die ukrainischen Behörden erhöhen den Druck auf die wenigen verbliebenen Medien oppositioneller Kräfte. Journalisten, die sich noch getrauen die Regierungspolitik zu kritisieren oder Korruptionsvorwürfe gegen Regierungsfunktionäre zu erheben, werden mundtot gemacht.
Am 22. Juni 2017 stürmten zwei Dutzend Mann des ukrainischen Geheimdienstes SBU die Räumlichkeiten von strana.ua, einer wichtigen Website der Opposition.
Der Chefredakteur Igor Guzhva wurde festgenommen und in Untersuchungshaft verbracht. Die Arbeit der Redaktion wurde mit der Begründung blockiert, dass Untersuchungen wegen Fälschungen im Gange seien. Seine Stellvertreterin, Svetlana Kryukova, gab an, dass die Redaktionsräume vom SBU besetzt worden wären.
Ein Gericht in Kiew bestimmte, dass Guzhva durch die Hinterlegung einer Kaution von rund USD 20.000 auf freien Fuß gesetzt werden könnte. Doch seine Anwältin Olena Lukash, die frühere Justizministerin, gab bekannt, dass die Kaution bereits bezahlt worden wäre doch Guzhva dennoch nicht frei wäre.
Guzhva wird …
[weiterlesen]Golf-Monarchien: Streit über Instrumentalisierung des Islamismus
Was uns das Zerwürfnis zwischen Riad und Doha sagen kann
25/6/2017 · von Wilhelm Langthaler
Viele sind von der Wucht des saudischen Angriffs auf ihren kleinen Bruder Qatar überrascht – haben sie nicht alle den Jihadismus unterstützt? Ein Blick auf den Kern des Streits kann helfen allzu simple Erklärungsmuster zu überwinden.
Formal gesehen ist Qatar der Saud-Monarchie am ähnlichsten, denn das Thani-Regime bekennt sich offiziell ebenfalls zum Wahabismus, was für die anderen Golfdiktaturen nicht gilt. Doch gerade diese scheinbare Übereinstimmung ist hilfreich um zu verstehen, dass der ideologisch-konfessionelle Faktor trotz allem für die Sauds nicht der entscheidende ist.
Die Saud-Monarchie ist – neben Israel – die wichtigste Stütze der von den USA geführten globalen Ordnung in der Region. Der Arabische Frühling war akutes Zeichen deren Brüchigkeit. Die Sauds kennen da nur eine Sprache – hau drauf, direkte Repression. Sie sind die offenen Feinde jeglicher demokratischen und linkssäkularen Bestrebungen, aber eben auch jeder Infragestellung des monarchischen Prinzips und sei es durch islamische …
[weiterlesen]V. Rao, Rebellendichter, spricht zu Wiener Indien-Debatte
Telugu-Schriftsteller und Literaturkritiker, sowie Exponent der Bauernbewegung und Kämpfer für den Teilstaat Telangana
18/6/2017 · von Wilhelm Langthaler
Varavara Rao hat die moderne Literatur in Telugu begründet und ist gleichzeitig ihr wichtigster Philologe. Er hat die Dichtung mit der sozialen Bewegung der Unterdrückten verbunden, über Jahrzehnte Literaturzeitschriften herausgebracht und Teleugu gelehrt.
Ursprünglich aus der Brahmanen-Kaste stammend, hat er sich bereits in den 1950er Jahren den Befreiungsbewegungen der Bauern und Dalits (Unberührbaren) angeschlossen. In den 1970er Jahren wuchsen die Naxaliten, die vom Maoismus inspirierte Bauernguerilla, in Andra Pradesh zur Massenbewegung an. Rao wurde verhaftet. Er verbrachte viele Jahre seines Lebens in Gefängnissen. In den 2000ern war er als Vermittler in Friedensgesprächen zwischen Regierung und Maoisten tätig.
Rao war auch Fürsprecher für einen separaten Teilstaat Telangana, in dem sich alle politischen, sozialen und kulturellen Forderungen der Volksopposition bündelten. Tatsächlich wurde dieser Staat dann 2014 geschaffen.
Heute ist Varavara Rao Präsident der teil-illegalisierten Revolutionary Democratic Front. Ihr …
[weiterlesen]