Weiter wie bisher?
Die österreichischen Parlamentswahlen und ihre Aussage
29/9/2013 · von Albert F. Reiterer
"Wahlen ändern nichts, sonst würde man sie abschaffen." Ganz so unrecht hat der einsame Anarchist nicht, der seit Jahren das Karmeliter-Viertel mit seinen etwas schäbigen Plakaten ziert. Aber ganz recht hat er erst recht nicht.
Es gibt bei Wahlen zwei ganz unterschiedliche Ebenen: das (Wahl-) Volk und die Institutionen. Und so gibt es folgerichtig Bemühungen, Wahlen, wenn schon nicht abzuschaffen, so doch zu manipulieren. Denn noch gibt es Optionen, und die Elite fürchtet sich davor. Die Idee ist somit: Das Volk soll Dampf ablassen, ohne dass dies die großen Verfügenden gefährdet. Bisher hat dies ganz gut funktioniert. Wahlen sind heute auch auf nationaler Ebene weitestgehend eine Frage der Symbolik.
Machen wir einen Blick auf die Kräfte! Das Interessanteste sind nicht die Blöcke an sich, sondern ihre Ränder. Dass die SP noch einen etwas stärkeren Kernwähler-Block hat als die ÖVP, rettete sie nun schon ein weiteres Mal. Sie verliert zwar von Mal zu Mal. Aber noch ist die Mehrheits-Stimmung in …
[weiterlesen]Der Bauernkrieg, die Unterdrückten und die Intellektuellen
28/9/2013 · Von A.F.Reiterer
"Achtung! Im Zuge der politischen Neuorientierung sind diverse Umbenennungen zu erwarten!" Im Baedeker Deutschland von 1992 finden wir diesen entwaffnenden Hinweis auf S. 241 neben dem Stadtplänchen von Eisenach.
Die Konsequenzen hat eine Nachbarstadt gründlich gezogen, Mühlhausen in Thüringen. In der DDR führte die Gemeinde den Ehrentitel "Münzer-Stadt". Sie stellte durch ihre bloße Existenz eine Erinnerung an den Großen deutschen Bauernkrieg von 1524/25 und an Thomas Münzer dar: für viele Jahrhunderte der konsequentesten Sprecher der Unterdrückten, der in seinen Gedanken weit voraus griff. Man hat dies die erste Proklamation der Menschenrechte genannt (Bickle 2012). Sie wurde in Strömen von Blut ertränkt. Nach 1990 war diese Erinnerung offenbar nicht mehr erwünscht. Der Ehrentitel Münzer-Stadt musste weg. Die Mühlhausener Gemeinderäte, jedenfalls ihre Mehrheit, nickten dazu gehorsam. Die Stadt, so ihre Sicht, dürfe sich doch nicht "auf einen einzigen Vorfall" reduzieren …
[weiterlesen]Krise in Europa – Nebelschwaden in Österreich
27/9/2013 · Von Stefan Hirsch
Ein Kommentar zur Nationalratswahl
Europa steckt in einer strukturellen Wirtschaftskrise fest, die Währungsunion wird entweder zerfallen oder Südeuropa in der Depression halten, dazu ein Bankensystem, das für eine staatliche Rettung eigentlich zu groß ist: Man könnte sagen, dass die österreichische Politik vor gewaltigen Herausforderungen steht. Interessanterweise spielt all das im Wahlkampf keine Rolle.
Werner Faymanns Sozialdemokratie setzt „mit sicherer Hand“ auf einen "Amtsinhaber-Stabilität-Merkelbonus". Der wird seine Wirkung nicht verfehlen, besonders spannend ist das aber nicht. Die christlich-sozialen plakatieren Kulturkampf: Rot-Grün bringe Zwangskindergarten ab dem ersten Lebensjahr. Könnte wirken, sofern das irgendjemand glauben würde, an den wesentlichen Themen geht aber auch das vorbei.
Der …
[weiterlesen]Sieg des deutschen Kleinbürger-Hausverstandes
Volle Kraft voraus in die Katastrophe
24/9/2013 · Von Wilhelm Langthaler
Erste Gedanken nach den deutschen Wahlen, bei denen die herrschende Elite fulminant bestätigt wurde
Erschütternder Erfolg
So erschütternd der Wahlerfolg Merkel aus einer sozialrevolutionären Sicht auch ist, er folgt einer politisch-kulturellen Logik, nämlich jener der Mittelschichten, die die deutsche Massenkultur prägen. Es ging ihnen darum das vermeintliche Wirtschaftswunder fortzuschreiben (zumal das Desaster des Südens als Vergleich und Warnung dient), für Stabilität zu sorgen und möglichst wenig Risiko für die schwächeren Länder zu übernehmen. Dabei nimmt man die Maßnahmen gegen die Euro-Krise, wie die mehrfache Umschuldung Griechenlands, als notwendiges Übel in Kauf. An der Oberfläche sieht es für den kleinen Mann so aus als wäre Merkels Kurs erfolgreich.
Populismus
Gerne schreit die Oligarchie Populismus wenn zentrale Dogmen ihrer neoliberalen …
[weiterlesen]Alexis Tsipras bereitet sich aufs Regieren vor
23/9/2013 · Von Gernot Bodner, Antiimperialistische Koordination
Bericht vom Vortrag des Vorsitzenden der Partei Syriza in Wien
Auf Einladung des Bruno Kreisky Forums referierte der Vorsitzende der Syriza, Alexis Tsipras, am Freitag, 20. September, in Wien. Mit Erstaunen berichteten die österreichischen Medien, dass Tsipras sich in Wien von seinem populistischen Anti-Europakurs abgewendet hatte (ZIB2). Man kann vom österreichischen Journalismus keine tiefere Kenntnis der immer schon pro-europäischen Programmatik („soziales Europa“) von Synaspismos, der führenden Gruppierung in Syriza, der Tsipras angehört, erwarten. Das Aufhorchen angesichts von Tsipras „versöhnlichen“ Tönen ist dennoch symptomatisch für die politische Dynamik von Syriza.
Der Kern seiner Argumentation war, dass das Sparprogramm, das die Troika Griechenland auferlegt hat, gescheitert ist und es daher im Interesse des gemeinsamen …
[weiterlesen]Der "Wachstums-Motor" EU ist eine Wohlstandsbremse
21/9/2013 · Von A.F.Reiterer
Die Eliten haben die EU und den Euro tabuisiert. Mit Erfolg verbreiten sie diese Haltung auch in der Gesellschaften. Haben sie dazu doch die Schule in der Hand. "In unserer Schule sind zwei Themen absolut tabu", erzählt ein Lehrer, "Antisemitismus und die EU." Aussagekräftiger geht's nicht mehr. Ist aber ein Sprachrohr dieser Eliten doch einmal gezwungen zu argumentieren, in Wahlzeiten etwa, so heißt es unfehlbar: "Die EU bringt Wachstum und Wohlstand." – Wirklich?
Nun, die österreichischen Ökonomen stehen nahezu vollzählig im Dienst der Regierung, sind im WIFO, in der Nationalbank, im IHS angestellt. Sie wiederholen nahezu einstimmig das Mantra: Die EU ist ein Wachstums-Motor. Passen die Daten nicht dazu: umso schlimmer für die Wirklichkeit. Denn es gibt mittlerweile eine Reihe empirischer Studien dazu. Auf die sogenannten theoretischen brauchen wir nicht zu achten, die "endogene Wachstumstheorie", das "exogene Wachstums-Modell", etc. Das ist reine Ideologie, wie die gesamtwirtschaftliche Theorie der Neoklassik allgemein. Interessanter sind die Studien auf statistischer Grundlage.
Sie kommen ganz überwiegend zum Schluss: Die EG / EU war / ist eine Wachstums-Bremse. Aber es gibt dabei auch Ausreißer. Beschränken wir uns heute auf die …
[weiterlesen]Yusuf Tas nach Deutschland ausgeliefert
19/9/2013 · Von Anatolische Föderation Österreich
Presseerklärung
AN DIE PRESSE UND ÖFFENTLICHKEIT
BETREFFEND DEN HUNGERSTREIK UNSERER IN ÖSTERREICH INHAFTIERTEN MITGLIEDER YUSUF TAS UND ÖZGÜR ASLAN
Im Zuge der Polizeieinsätze gegen zwei unserer Mitglieder im Auftrag der deutschen Behörden am 26. Juni und am 17. Juli wurden Yusuf Tas und Özgür Aslan in Österreich verhaftet.
Aufgrund eines deutschen Auslieferungsbefehls ist Yusuf Tas am 1. August und Özgür Aslan am 4. August in einen unbefristeten Hungerstreik getreten.
Wir wurden darüber informiert, dass sich Özgür Aslan infolge der Hungerstreikaktion, die seit knapp 50 Tagen andauert, in einem kritischen Zustand befindet, dass sein Körper jegliche Flüssigkeit abstoßt und er sich ständig übergeben muss.
Yusuf Tas hat heute den 50. Tag seines Hungerstreiks erreicht und …
[weiterlesen]„Kein Widerspruch gegen US-Angriff und Assad-Regime zu sein“
Bericht von der Wiener Kundgebung „Kein Krieg gegen Syrien“
14/9/2013 · von Wilhelm Langthaler
Waseem Haddad aus Lattakia spielte die Rolle des Eisbrechers. Als Vertreter der demokratischen Opposition hält der Religionswissenschaftler an der Universität Wien standhaft an der Ablehnung jeglicher internationaler Einmischung fest, sei es die eben erst akute US-Drohung mit Luftangriffen, Waffen und Geld aus den Nachbarstaaten für die Aufständischen oder aber die Militärhilfe des russischen geopolitischen Pols ans Regime.
Eine Militärintervention von außen würde die konfessionellen Konflikte nur verschärfen und die Katastrophe noch weiter verschlimmern. Das Regime müsse weg, aber die Dschihadis lehne er ebenfalls ab. Eine politische Lösung müsse alle Gruppen der Gesellschaft mit einbeziehen und schließlich zu einer demokratischen Transformation führen, meinte Haddad.
Der bricht damit das festgefahrene Schema des Bürgerkrieges auf, das sich auch in unter den Wiener Syrern reproduziert, und hält an den ursprünglichen Zielen der Volksbewegung fest. Auch eine zweite Persönlichkeit der heimischen Syrer, die Frauenrechtlerin Marie-Thérèse Kiriaky, unterzeichnete den Aufruf und schloss sich der Protestaktion an. So nahmen eine ganze Reihe von Syrern und auch Kurden an der Aktion teil, trotz des …
[weiterlesen]Verhandlungen für eine Übergangsregierung
Statt einem Angriffskrieg, einer politischen Lösung zum Durchbruch verhelfen
11/9/2013 · von Wilhelm Langthaler
Wir sind erleichtert, dass die unmittelbare Drohung der USA Syrien anzugreifen, zurückgestellt wurde. Die militärische Machtprojektion bleibt indes aufrecht – und damit die Situation explosiv.
Seit Anbeginn des Konflikts lehnen wir jede ausländische Einmischung ab, insbesondere jene des Westens unter dem Deckmantel von humanitärer Hilfe und Demokratieexport. Nicht nur weil wir Neokolonialismus aus Prinzip ablehnen. Sondern auch ganz konkret, weil die Einmischung die Umformung einer friedlichen demokratischen Volksbewegung in einen blutigen konfessionellen Bürgerkrieg wesentlich mitprägte. An dessen Ursprung liegt die Weigerung der Assad-Führung, ernsthafte demokratische und soziale Reformen zuzugestehen. Stattdessen wurde der Volksprotest gewaltsam niedergeschlagen. Bis heute wird mit aller Härte nicht nur gegen die bewaffneten Aufständischen, sondern auch gegen ihre Unterstützerbasis in der Zivilbevölkerung vorgegangen. Doch die rasch einsetzende ausländische …
[weiterlesen]Dringender Aufruf für eine politische Lösung
Nein zu einer militärischen Intervention!
3/9/2013 · Internationale Friedensinitiative für Syrien
Wien, Athen , Paris, Rom , Mexico City, Managua , Buenos Aires
Mit dem jüngsten Einsatz von chemischen Waffen wird das Blutvergießen in Syrien zu einer echten humanitären Katastrophe. Wer auch immer die Täter dieses abscheulichen Verbrechens sind, sie tragen nicht nur die Verantwortung für das Gemetzel an unschuldigen Menschen in Goutha, sondern auch an Zehntausende zukünftigen Opfern -- wenn die Welt nicht in der Lage ist diesen Krieg zu stoppen.
Als wir, Vertreter verschiedener Sektoren der Zivilgesellschaft aus allen Kontinenten, die Initiative www.peaceinsyria.org unter dem Motto JA ZUR DEMOKRATIE – NEIN ZU EINER MILITÄRISCHEN INTERVENTION starteten, konnten wir nicht ahnen, dass dieser Konflikt nicht nur den nahen Osten erschüttern würde, sondern den Weltfrieden gefährden könnte. Im Angesicht der akuten Gefahr der offenen …
[weiterlesen]Duisburg gegen Krieg
Demo am 30.8.13
31/8/2013 · Von Duisburger Netzwerk gegen Rechts
Anlässlich des internationalem Antikriegstag am 1.September hatte das Duisburger Netzwerk gegen Rechts am gestrigen Freitag, den 30.08.2013 zu einer Demonstration in Duisburg aufgerufen.
Etwa 300 Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner waren dem Aufruf gefolgt. Unter den Parolen
„Bundeswehr raus aus Afghanistan#Für Frieden in Syrien – keine ausländische Intervention#Kein Krieg gegen den Iran# Für den Schutz von Whistleblowern – Freiheit für Manning, Assange und Snowden!“
hatten sich verschiedene linke und demokratische Gruppen unter dem Aufruf versammelt um, ein deutliches Zeichen gegen Krieg zu setzen. Begleitet wurde der Demonstrationszug von Redebeiträgen u.a. von Inge Holzinger vom Friedensforum Duisburg und von Niema Movassat, MdB Die Linke, wie auch vom einem Europa – Vertreter der Partei der demokratischen Einheit (PYD) aus Syrien.
“Angesichts der aktuellen Entwicklungen in Syrien bekommt der diesjährige Antikriegstag eine besonders …
[weiterlesen]Stoppt Bombama!
Protestaktion in Wien: Nein zum Angriff auf Syrien
30/8/2013
Fr. 13.9.13, 17h30 Stephansplatz, Wien
Gemeinsam mit allen Demokraten und Antiimperialisten bemüht sich die Antiimperialistische Koordination (AIK) eine möglichst breite Protestaktion gegen die drohende Aggression zu organisieren. Nachstehend die Plattform, wie sie aus verschiedenen Diskussionen und Kompromissen hervorgegangen ist. Nachstehend die Liste der ErstunterzeichnerInnen. Interessenten sind eingeladen sich zu melden.
Aufruf zur Protestkundgebung
Kein Militärschlag gegen Syrien
Nach Afghanistan, Irak und Libyen ist es nun wieder so weit: eine US-amerikanische Regierung holt, unter Umgehung des Völkerrechts und insbesondere der Satzung der Vereinten Nationen, gemeinsam mit der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich zu einem militärischen Schlag aus, diesmal gegen Syrien. Und das ungeachtet der ablehnenden …
[weiterlesen]Kein Krieg gegen Syrien
Nur politische Lösung kann konfessionellen Bürgerkrieg beenden, Tür für demokratische Entwicklung für die Volksmassen öffnen
30/8/2013 · Antiimperialistische Koordination, Initiativ e.V. Duisburg
Abermals droht der notorische „humanitäre Luftkrieg“ der USA und ihrer Verbündeten, den wir bereits so oft erleben mussten. Die ganze Welt weiß mittlerweile sehr gut, dass es weder um Menschenrechte noch um Demokratie geht, sondern auch dieses Mal um nichts anderes als um Macht. Wir verurteilen den drohenden Angriff auf das Schärfste. Wir rufen zum Kampf gegen die Aggression auf und hoffen auf eine Niederlage der USA und ihrer globalen Ordnung.
Dass Giftgas zum Einsatz kam, scheint nicht bestritten werden zu können. Aber wer dies tat, bleibt unklar. Wir haben weder die polizeilichen Mittel das festzustellen, noch wird es sich in absehbarer Zeit zweifelsfrei feststellen lassen – zu hoch ist der politische Einsatz von beiden Seiten. Wir haben auch kein Interesse daran, ein weiteres Steinchen zu einer nutzlosen und impotenten Verschwörungstheorie hinzuzufügen. Das einzige Beurteilungskriterium kann die politische Logik eines solchen Ereignisses sein – und diese erschließt sich nur schwer.
Ist es denkbar, dass das Assad-Regime absichtlich und wissentlich eine ausländische Militärintervention provoziert? Oder zielt es politisch darauf ab, sich antiimperialistischen Widerstand auf die Brust zu heften – bedenkt man, wie …
[weiterlesen]Vermögen und Macht
Was brächte eine andere Verteilung?
28/8/2013 · Von A.F.Reiterer
Die EU hat auch ihre positiven Seiten, es ist nicht zu leugnen. Die Bürokraten wollen Bescheid wissen. Dank dessen haben wir also seit fast einem Jahrzehnt eine jährliche Einkommens-Statistik, SILC, wie es sie in dieser Genauigkeit vorher nicht gab. Und neuerdings haben wir auch eine Vermögens-Statistik.
Der HFCS (Household Finance and Consumption Survey) wird von der EZB und in ihrem Auftrag in Österreich von der Nationalbank durchgeführt. So was hat es in Österreich überhaupt noch nie gegeben. Auch die, welche von Rechts wegen sehr daran interessiert sein müssten, die AK z. B., haben sich vor harten Daten offenbar gefürchtet: Man könnte dann ja sehen, dass die hoch gerühmte Sozialpartnerschaft doch eher den Vermögenden was bringt, weniger den Lohnabhängigen. Aber selbst das ändert sich gegenwärtig. Die Linke war bisher zu Recht stets höchst kritisch gegenüber der Sozialpartnerschaft. Aber mittlerweile wird die Sozialpartnerschaft von der Oligarchie zu Grabe getragen, mit tatkräftiger Mithilfe der Sozialdemokratie: Man braucht sie offenbar nicht mehr ...
Doch zurück zum …
[weiterlesen]Unterbrochene Wechselwirkung
Kurdische Selbstbestimmung in Syrien zwischen Demokratiebewegung und Geopolitik
26/8/2013 · von Wilhelm Langthaler
In den vergangenen Wochen kam es zu den bisher heftigsten militärischen Zusammenstößen zwischen der PKK-nahen kurdisch-syrischen PYD und der bewaffneten Rebellion gegen das Assad-Regime. Der Konflikt ist nicht monokausal, sondern vielschichtig. Doch der wichtigste Grund dafür ist der exklusive Machtanspruch der Jihadisten bzw. deren militärische Dominanz innerhalb der bewaffneten Bewegung.
Es ist umgekehrt bemerkenswert, dass bis zur gegenwärtigen Eskalation größere Auseinandersetzungen vermieden werden konnten. Die PYD hatte versucht sich möglichst aus dem bewaffneten Konflikt heraus zu halten. Gleichzeitig profitierte sie vom Bürgerkrieg unter der arabischen Mehrheit und dem dadurch entstandenen Kräftegleichgewicht durch Übernahme von mehrheitlich kurdischen Territorien. Der linksdemokratische Teil der Rebellion um Michel Kilo war und ist bis heute bemüht, den Konflikt mit den Kurden zu dämpfen. Für die Stadt Ras al-Ain (kurdisch Sere Kaniye) vermittelte es ein beispielgebendes Stillhalteabkommen, das von diversen lokalen, islamischen und islamistischen Kräften mitgetragen worden war. Selbst die jihadistische Nusra-Front war zu dem Zeitpunkt gezwungen die …
[weiterlesen]Konterrevolution am Nil
Die tödliche Transformation vom Tahrir zu Tamarrud
19/8/2013 · Von Wilhelm Langthaler
Vieles deutet darauf hin, dass der Militärputsch und die äußerst blutige Unterdrückung der Muslimbrüder nicht nur eine weitere Episode des ägyptischen Dramas darstellen, sondern eine tiefgreifende Konterrevolution bedeuten. Die demokratische Volksrevolte läuft Gefahr, in der Sackgasse des Kulturkampfes zwischen Islamisten und Säkularisten von Soldatenstiefeln zertrampelt zu werden.
Unmittelbar nach der Machtergreifung der Generäle hieß das Wall Street Journal in einem vielzitierten Editorial den Putsch nicht nur willkommen, sondern verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Junta dem chilenischen Vorbild folgen werde. Zwar sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dafür nicht vorzufinden, doch politisch hat die alt-neue Elite einen echten, weitreichenden Erfolg erzielt, nämlich die Volksbewegung, in deren Zuge auch Mubarak gestürzt wurde, zu stoppen. Es handelt sich um einen mächtigen Schritt in Richtung Restauration der alten Ordnung auch in der gesamten Region. Im Allgemeinen zeigen sich die westlichen Staatskanzleien jedoch vorsichtiger als das neokonservative WSJ. Sie fürchten die Konsequenzen des Ausschlusses und der Unterdrückung der Muslimbrüder …
[weiterlesen]Stoppt das Militärregime!
Demokratie muss für alle gelten, auch für die Muslimbrüder
15/8/2013 · Von Wilhelm Langthaler
Mit dem Militärputsch, der blutigen Unterdrückung der Muslimbrüder und der neuerlichen Ausrufung des Ausnahmezustands versuchen die Generäle, die Herrschaft der alten sozialen und (teilweise) auch der politischen Eliten wiederherzustellen. Die Armee ist und bleibt die zentrale Stütze und Garant der Ordnung des globalen kapitalistischen Systems in Ägypten. All jene, die glaubten, dass die Bewegung gegen die Muslimbrüder sich die Armee dienstbar machen könnte, wurden eines Besseren belehrt – das Gegenteil ist der Fall.
Als Demokraten und Revolutionäre verurteilen wir die Militärherrschaft und deren gegenwärtiges Massaker an den Muslimbrüdern. Wir fordern alle demokratischen Rechte auch für die Muslimbrüder, obwohl sie ihrerseits jene nicht allen gewähren wollten. In Ägypten sind der strategische Hauptfeind der revolutionären Demokraten jenseits der politischen Konjunktur die um die Generäle gruppierten alten Eliten. Die Differenzen mit den diversen Islamisten einschließlich der Muslimbrüder dürfen nicht dazu führen, die alte Oligarchie und ihren Machtapparat aus den Augen zu verlieren.
Der Militärputsch und das diktatorische Roll-back bringen die demokratische Volksrevolte in ernsthafte Gefahr – die größte Bedrohung in der wechselvollen Geschichte der vergangenen zwei Jahre seit …
[weiterlesen]Ägyptens Armee eine Armee des Volkes?
3/8/2013 · Von C. Kraiem
Die Armee war ein Problem, solange sie hinter Mubarak stand, sie war ein Problem, solange sie alleine regierte, und sie bleibt auch jetzt ein Problem, solange die Macht ihrer Führung nicht gebrochen und sie ebenso wie das Innenministerium reformiert und gesäubert wird.
So sehr der Sturz der Muslimbrüder, nicht nur aus linker sondern generell aus demokratischer Sicht, zu begrüßen war (sie waren demokratisch gewählt, mit einem eindeutigen Auftrag ausgestattet und haben versagt) muss man die jetzige Militärherrschaft doch sehr kritisch sehen.
Es mag doch einige Schwärmer geben, die sich immer noch einreden dass die Armee eine Armee des Volkes sei. Das mag vielleicht bei den niedrigen Rängen stimmen. Aber die gesamte Führung hat ihre Karriere unter Mubarak gemacht, ohne sich je gegen ihn zu wenden. Das macht sie entweder zu seinen Anhängern oder zu mitlaufenden Opportunisten. Das ist nicht die Armee Nassers, im Gegenteil, die Führung hat ganz klar kein Interesse an einer Konfrontation mit Israel, stattdessen wird Gaza wieder abgesperrt, und …
[weiterlesen]Kommentar zur Ermordung von Mohamed Brahmi
Krise der Regierenden in Tunesien eskaliert
28/7/2013 · Von Imad Garbaya
Mohamed Brahmi, der zur Panarabischen Linken gehört und jahrelang in der Nasseristischen Bewegung und zuletzt in der Führung der "Front populaire" aktiv war, war sicher nicht so präsent wie damals Chokri Belaid, auch wenn er ein sehr aktiver Abgeordneter innerhalb der Verfassungsgebenden Versammlung war und die Fehler der Ennahda-Partei scharf kritisiert hat, insbesondere in der sozialen Frage und in Bezug auf ihren Beziehungen zu Katar.
Seine Ermordung aber lässt sicher die schon längst vorhandene Krise der Regierenden in Tunesien eskalieren und schafft heute eine ähnliche Situation wie in Ägypten vor dem 30. Juni. Heute (27.7.2013) ist das Begräbnis von Brahmi in Tunis: das ist höchstwahrscheinlich der 30. Juni von Tunesien.
Die diesmal - im Vergleich zum Fall Chokri Belaid - schnelle Reaktion des Innenministers, der den Täter, der laut dem Minister die selbe Person mit der selben Waffe war wie im Fall Belaid und angeblich auf der Flucht ist, innerhalb der Salafistischen Bewegung entlarvt hat, kommt bei den Tunesiern nicht an und wird als unglaubwürdig bezeichnet und zwar sowohl von Befürwortern als auch Gegnern der Regierung.
Heute steht die Ennahda-Regierung in einer Sackgasse und versucht sich durch …
[weiterlesen]Jugend- und Familiencamp von Polizei umstellt
25/7/2013 · Von Internationale Plattform gegen Isolation
11. Jugend- und Familiencamp der Anatolischen Föderation in Kärnten umstellt
Heute (25.7.2013) um 7.00 Uhr früh wurde das von der Anatolischen Föderation jährlich organisierte 11. Jugend- und Familiencamp in Kärnten Döbriach von rund 100 Polizisten umstellt. Menschen in Zelten wurden aus dem Schlaf gerissen, kleine Kinder erschreckt und zum Weinen gebracht. Auch ein Hubschrauber kreiste über das Camp. Die Polizei drang schnell ins Camp ein, ohne Durchsuchungsbefehl, und begann es von allen Seiten zu umstellen.
Vorwand für die Durchsuchung waren fremdenpolizeiliche Maßnahmen. Die Leute weigerten sich lange gegen diese Willkür und dagegen, ihre Daten herzuzeigen. Sie empörten sich über dieses Vorgehen und handelten in dem Bewusstsein, dass dies politischen Hintergrund hat.
Gerade deshalb, weil erst kürzlich deutsche Behörden in Österreich ihr …
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