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Obamania

Warum wir antiamerikanisch bleiben


15. Juli 2012
Antiimperialistische Koordination

Ein schwarzer Präsident in einem Land, für das die Sklaverei und der Rassismus konstitutiv waren, ist eine Sensation. Wir können die Freude in und die Genugtuung schwarzen Gettos von Harlem über Chicago bis New Orleans nur zu gut verstehen.


Von den europäischen Leitartiklern und Kommentatoren wird die Tatsache, dass es ein Emporkömmling von außerhalb der WASP-Elite (White Anglo-Saxon Protestants) geschafft hat Wahlmonarch zu werden, als Wiederherstellung und Bestätigung des amerikanischen Traums gefeiert. Der Alpdruck der Bush-Jahre sei als gescheiterter Irrweg ausgestanden und das gute, liberale Amerika der unbegrenzten Möglichkeiten melde sich umso frischer und kräftiger zurück.

Klar ist, dass es in den Unter- und Mittelschichten eine massive Unzufriedenheit mit dem antisozialen und kriegstreiberischen Kurs der Neokonservativen gab. Man strafte die Republikaner mittels Obama ab. Man darf sich darüber aber nicht täuschen, dass nach wie vor die Mehrheit der weißen Stimmen an das clowneske Duo McCain-Palin gingen.

Ein Moment der Anziehungskraft Amerikas ist das – angebliche – Fehlen formaler Ausschließungskriterien für den sozialen Aufstieg, den Obama wie kein anderer zu exemplifizieren scheint. Gesamtgesellschaftlich stimmt das zwar nur sehr beschränkt und galt vor allem für die weißen, europäischen Immigranten. Doch es reichte allemal, um den Mythos aufrecht und wirksam zu erhalten.

Die Kehrseite dieses Liberalismus besteht in der Assimilation an die amerikanische Zivilreligion des durch den Markt sich verwirklichenden Individuums. Politik im eigentlichen Sinn, als massenhaftes aktives Engagement für Selbstbestimmung gegen die kapitalistische Elite, wird dadurch denkunmöglich. Alles spielt sich im Rahmen der Alternanz zweiter Elitenparteien ab, die, je ähnlicher ihr Programm wird, desto heftiger auf einander losgehen. Politik wird zur Show, zur Domäne der Schauspieler, zum billigen Populismus alles zu versprechen und doch anstandslos zum Business as usual zurückzukehren, auf dass die Betrogenen nächstes Mal wieder die andere Partei wählen.

Der Preis für den Wahlsieg Obamas ist die völlige Anpassung an dieses System, die für alle, die nicht ihre Augen verschließen wollten, deutlich zu erkennen war. Die Macht bleibt beim Herrschaftsapparat der Eliten, so oder so. Da kann Obama zehnmal schwarz sein, denn das ist letztlich seine einzige oppositionelle Qualität.

Glaubt denn jemand ernsthaft, dass Obama das versprochene Sozialsystem einführen kann? Selbst ohne Rezension eine kaum denkbare Vorstellung.

Und noch mehr in der Weltpolitik, denn die US-Administration ist so was wie eine Weltregierung. Das American Empire wurde schon unter Clinton, damals noch maskiert als Menschenrechtsimperialismus, errichtet. Bush war dann gezwungen dessen Aufrechterhaltung mit Feuer und Schwert als christlich-kapitalistischen Kreuzzug zu führen. Ob liberal oder konservativ, die Oligarchie denkt nicht eine Sekunde daran auch nur ein Jota ihrer globalen Macht abzutreten, auch wenn sie in der Gestaltung der Form pragmatisch sein mag. Im Glauben an die „manifest destiny“ Amerikas sind sie allemal vereint.

Die Konflikte in der Welt mögen verschiedenste kulturelle Formen annehmen, doch der Kern ist überall der gleiche. Es geht um Selbstbestimmung gegen die USA als Führungsmacht des kapitalistischen Imperialismus. Wird Obama die Erdrosselung der Palästinenser lockern? Dem Iran die Rolle als Regionalmacht zugestehen? Russland seinen Hinterhof restituieren? Die NATO-Erweiterung stoppen? Die Antworten liegen auf der Hand.

Doch er wird zumindest aus dem Irak anziehen! Kann er das denn wirklich ohne substanziellen Einflussverlust? Wir wagen Zweifel anzumelden.

Der Widerstand der Entrechteten geht weiter und so ist der permanente Krieg der amerikanischen Weltherrschaft zur Notwendigkeit geworden – zur conditio sine qua non. Bushs extremistischer Amerikanismus biss sich am Widerstand die Zähne aus und verunsicherte die Verbündeten, die man nicht zu brauchen glaubte. Er endete als „lame duck“. Wer könnte besser geeignet sein dem American Dream neue Glaubwürdigkeit zu verleihen, wenn nicht ein Schwarzer. Obama ist daher auch der bessere Kriegsherr.

Wir bleiben dabei: die Tür zur umfassenden menschlichen Selbstbestimmung wird mit dem Kampf gegen das Amerikanische Reich aufgestoßen, denn es ist die reale Organisationsform des zeitgenössischen Kapitalismus, dessen integraler Bestandteil auch die europäischen Eliten sind.

7. November 2008

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