An die Mitstreiter und Mitstreiterinnen gegen den Lobautunnel

28.05.2021
Von Wilhelm Langthaler
Betreff: mein Ausschluss von der Lobau-Bündnis-Liste durch System Change und FfF wegen Solidarität mit den PalästinenserInnen

An System Change, FFF Wien, Aktionsgruppe Power

Liebe MitstreiterInnen und AktivistInnen gegen den Lobautunnel,

man kann über den Nahost-Konflikt unterschiedliche Dinge denken und trefflich streiten wie über andere Fragen auch. Doch das sollte nicht zum Kriterium für eine Bewegung gegen den Lobautunnel gemacht werden. Mit einer derartigen Methode wird man nicht die notwendige gesellschaftliche Breite zustande bringen, um das Wahnsinnsprojekt zu verhindern.

Ihr schließt mich einfach von der Liste aus, ohne mir die Möglichkeit in dem Forum zu geben, meine Seite der Dinge darzustellen? Und dann bringt ihr Quellen aus dem Mainstream, von denen ihr wisst in welcher Weise sie zum manipulativen Dispositiv der Herrschenden gehören. Eure Argumente sind jene von Kurz und Co.

Ich bin Zeit meines politischen Lebens für gleiche Rechte für alle eingetreten. Darum war ich immer, seit den späten 80er Jahren, für einen gemeinsamen demokratischen Staat, gegen die Segregation und den Kolonialismus.

Ihr verlinkt ein Video und behauptet ich würde für Raketen auf Israel eintreten. Habt ihr euch das nicht einmal angeschaut oder macht ihr die Mainstream-Entstellung absichtlich mit? Bei der gefilmten Rede plädiere ich für die Intifada, den Volksaufstand. Ich habe als Jugendlicher an Demonstrationen in Solidarität mit dem Volksaufstand gegen die südafrikanische Apartheid teilgenommen und ich sehe zu heute keinen grundlegenden Unterschied.

Ihr lasst euch für den Missbrauch des Antisemitismus-Begriffs einspannen, was eure eigenen proklamierte Ziele konterkariert. Für Israel und seine UnterstützerInnen sind alle KritikerInnen des Konzepts der Segregation, des exklusiven israelischen Nationalismus, „Antisemiten“ – das Plädoyer für Demokratie für alle wird als Verneinung des Existenzrechts Israels umgedeutet. Achtung: das ist nicht nur eine Verharmlosung des Antisemitismus, sondern die völlige Verdrehung: Demokratie, insbesondere für die Armen und Unterdrückten, wird zum Ausbund von Antisemitismus.

Ja, machen wir diese Diskussion. Es geht darum, Wege der Zusammenarbeit zu finden. Aber beendet diese Form der Exklusion.

Um den Tunnel zu kippen, werden wir mit ganz verschiedenen Leuten zusammenarbeiten müssen, aus dem Dunstkreis des Systems und mit Verbindungen zu SP oder VP. Wollt ihr über die auch den Stab brechen und von ihnen verlangen, ihrer Vergangenheit abzuschwören?

Liebe Grüße
Willi Langthaler

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Ausschluss vom 26.5.21:

Hallo Willi Langthaler,

wir waren sehr bestürzt zu sehen, dass du in deiner Funktion als Sprecher der Antiimperialistischen Koordination (AIK) eine Demo mit organisiert und moderiert hast, auf der Antisemitismus in Form von Hass und Gewaltaufrufen gegenüber Juden und Jüdinnen geduldet und diesem sogar eine Bühne geboten wurde. Es gibt viel zu kritisieren an der israelischen Politik, wie die Zwangsräumungen in Sheikh Jarrah wieder einmal deutlich gemacht haben. Wenn sich dabei aber antisemitischer Parolen bedient wird, ist für uns eine rote Linie überschritten. Dies war der Fall, als auf der Palästina-Demo am 13. Mai Israels Politik mit dem Holocaust gleichgesetzt wurde (https://twitter.com/PresseWien/status/1392830148429369345), in Sprechchören zur Vernichtung der Juden und Jüdinnen aufgerufen wurde (https://twitter.com/joehwien/status/1392753467438010378; https://www.derstandard.at/…/sorge-wegen-antisemitismus-auf…), als dein langjähriger Wegbegleiter Leo Gabriel in seiner Rede antisemitische Erzählungen von Brunnenvergiften, der Rache der Juden und Jüdinnen oder der Anstachelung eines Weltkriegs durch Israel bedient hat (https://twitter.com/schneckerl/status/1393133016244002817), oder als du selbst in deiner Kritik an der israelischen Politik anstatt dich von der Hamas zu distanzieren, ihre Raketenangriffe auf Bewohner:innen Israels gutgeheißen hast (https://twitter.com/joehwien/status/1392753639668727809).

Die Duldung von Antisemitismus und grundsätzlich von Hass und Gewalt gegenüber Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Religion, Hautfarbe oder Geschlecht hat weder einen Platz in unserer Vision einer sozial- und klimagerechten Gesellschaft, noch in unserer Praxis auf dem Weg dorthin. Wir haben die bisherige Zusammenarbeit mit dir im Rahmen der Lobau-Vernetzung sehr wertgeschätzt, weshalb es uns auch Leid tut, dass du uns mit deinen Positionierungen und Handlungen bzw. Nicht-Handlungen hinsichtlich klarer Distanzierungen eine weitere Zusammenarbeit verunmöglichst. Mit dir inhaltlich darüber zu diskutieren halten wir aufgrund deiner langjährigen Aktivitäten in dieser Sache im Rahmen der AIK (https://www.derstandard.at/…/antisemitismus-im-linken-gewand; http://www.gegendenantisemitismus.at/00012003.php) und offenbar auch nach wenig Einsicht und Problembewusstsein nach früheren Ausschlüssen aus Bündnissen für nicht zielführend. Wir und auch andere Gruppen aus der Vernetzung stehen dennoch für ein Gespräch zur Verfügung und du kannst uns diesbezüglich unter sc-autofrei@riseup.net und wien@fridaysforfuture.at kontaktieren.

System Change, not Climate Change; Fridays for Future Wien; Aktionsgruppe Power

Verweise