EPA, das Freihandelsdiktat der EU mit den AKP-Staaten

04.02.2019
Von Johanna Weichselbaumer
Rede im Rahmen der Veranstaltung: EU:Hände weg von Afrika - eine kritische Auseinandersetzung am 31.1.2019 in Wien

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Hier bei uns wurde man erst zu jener Zeit, als die Demonstrationen gegen TTIP und das Chlorhuhn ihren Höhepunkt erreichten, auf dieses monströse Freihandelsabkommen aufmerksam. Aber auch nur am Rande, da es ja kaum zu unserem Schaden ist. Als Hort des Bösen galt die USA während die skrupellosen Machenschaften der EU nicht wahrgenommen werden sollten oder wollten.

Die EU hat sich im Jahr 2000 mit der Verabschiedung der Lissabon-Strategie ehrgeizige Ziele auf die Fahnen geschrieben. Die Ziele sind - bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten, dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt zu werden.

In diese Phase fällt das EPA, dass von 2000 -2003 in Cotonou/Benin zwischen den EU-Mitgliedsstaaten und den AKP-Staaten ausgehandelt und beschlossen wurde. Es betrifft alle 50 afrikanischen Staaten südlich der Sahara, wobei ca. 2/3 davon LDC- Staaten sind, d.h. zu den ärmsten Staaten der Welt zählen

Basis für die Verhandlungen war Art. 36 des Cotonou-Abkommens, in dem es heißt: Wirtschaftspartnerschaftsabkommen werden mit den AKP-Ländern unternommen, die sich in der Lage sehen dies zu tun. In dem von ihnen angemessenen Umfang und im Einklang mit dem von der AKP-Gruppe festgelegten Verfahren und das unter Berücksichtigung der regionalen Integration in der AKP-Gruppe.

Das sind zwar schöne Worte doch die EU hält sich schon längst nicht mehr daran.

Das EPA ist nach demselben Muster gestrickt wie alle anderen Freihandelsverträge. Darüber hinaus sind darin verschiedene Klauseln enthalten. Die „Klausel zur nationalen Behandlung“ besagt, dass Produkte aus Afrika nicht anders behandelt werden dürfen als Produkte aus der EU. Das heißt, es gibt keinen Schutz für die regionalen Produkte. Die „Meistbegünstigten-Klausel“ bedeutet, dass afrikanische Staaten zuerst die EU konsultieren müssen, wenn sie bessere Handelsbeziehungen mit anderen Partnern eingehen wollen. Mit dieser Klausel versucht die EU im Wettbewerb andere wie z.B. die BRICS-Staaten auszustechen.

 

In den letzten Jahrzehnten haben sich in der Bevölkerung Afrikas Kräfte der Selbstermächtigung herausbilden können, die eigene Projekte und Ziele anstrebten. Dessen Weiterentwicklung wurde immer wieder von imperialen Mächten mit allen Mitteln unterbunden.

Die Ablöse patriotischer Kräfte erfolgte meist durch Militärs, die wiederum in europäischen Schulen ausgebildet wurden, jene die das Kolonialsystem verinnerlicht hatten und deren Privilegien nutzten. Jene, die den ausländischen Konzernen Tür und Tor öffneten, die Länder möglichst billig zu plündern und sich Grund und Boden anzueignen ohne Rücksicht auf Mensch und Umwelt. Dies sind auch die beliebtesten Geschäftspartner der europäischen Elite. Unbeugsame, die dem Willen der Mächtigen des Westens entgegenstehen, von Patrice Lumumba bis Muammar Gaddafi, werden einfach rücksichtslos beseitigt, oft auf grausamste Weise oder gleich ein ganzer Staat um Jahrzehnte zurückgebombt, wie der völkerrechtswidrige Angriffskrieg gegen Libyen.

 

Seit den 1980iger Jahren wurde durch die Liberalisierung und strukturelle Anpassungsprogramme bereits eine fatale Marktöffnung erreicht. Viele kennen die Berichte von Landraub, vom Abfischen der Meere. Berichte aus Westafrika und Kamerun von der Überschwemmung der dortigen Märkte mit billigsten, hochsubventionierten Hühnerkleinteilen, Trockenmilch, Tomatenpaste etc. aus der Überproduktion der EU-Länder. Die Geflügelproduktion in Ghana ist damals total zusammengebrochen, bis zu 100.000 Arbeitsplätze sind verloren gegangen, die Existenz tausender Kleinbauern wurde zerstört. Kamerun wehrte sich mit hohen Importzöllen, eine Option, die mit dem EPA nicht mehr möglich ist.

Mit EPAs soll nun die neoliberale Ausbeutung zugunsten der EU-Eliten und zum Ruin der Menschen Afrikas einbetoniert werden. Die wirtschaftsschwächeren Nationalökonomien Afrikas wären dann dem EU-Freihandelsregime schutzlos ausgeliefert. Durch den Abbau der Zölle auf ca. 80% der Waren und ein Verbot von Exportsteuern auf Rohstoffe würden die Staatshaushalte enorme Einnahmen verlieren. Der Aufbau von staatseigenen Industrien und die regionale Integration werden dadurch erschwert oder gänzlich verhindert. Staaten werden unter dem Druck der EU gegeneinander ausgespielt, wirtschaftlich ruiniert und neuer Zündstoff für Konflikte gelegt.

 

Letztlich geht es darum, die Staaten Afrikas auf die Rolle als billige Rohstofflieferanten und Absatzmärkte für EU-Konzerne festzuschreiben und sie in Abhängigkeit zu halten. Die Korrumpierung der afrikanischen Eliten dient diesem Zweck ebenso wie Kriege. Doch auch ohne Waffengewalt sind diese Freihandelsverträge Krieg. Denn sie vernichten die Existenzgrundlage von Millionen von Menschen, zwingen Millionen zur Flucht, die dann zu Zehntausenden vor den Küsten Europas ertrinken.

 

Der Hohn des Ganzen ist zusätzlich, das dieser Freihandelsvertrag als Mittel zur Bekämpfung der Armut, für bessere Zukunftsperspektiven für die Jugend und als Hilfe zur Integration am Weltmarkt verkauft wird.

 

Beispiele als Grundlage für die anschließende Diskussion:

Die erpresserische Vorgangsweise der EU

Kenia

Da Kenia die Unterzeichnung des Abkommens bis zur 2. Frist im Oktober 2014 verweigert hatte, wurden Unternehmer und Regierung kaltblütig erpresst. Auf Kenias Exporte wurden solange 30% Strafzölle verhängt bis sie zum Aufgeben gezwungen waren, da die Arbeiter nicht mehr bezahlt und beschäftigt werden konnten. Die Waren konnten nicht mehr exportiert werden und verdarben. Es hat Monate gedauert bis sich Kenia davon erholt hat. Mit Strafen wie diesen wurde auch andere Staaten wie Kamerun, Ghana und weiteren gedroht. Auf der EU-Parlament-Service Webseite konnte man folgende Drohung nachlesen: „Die AKP-Staaten, die kein vollwertiges oder vorläufiges EPA unterzeichnet oder angewandt haben, haben ab 1.Oktober 2014 den bevorzugten Zugang zum EU-Markt verloren.

Ghana

Die Regierung Ghanas hat sich angesichts des skrupellosen Vorgehens der EU in Kenia dem Abkommen gebeugt und ebenfalls unterzeichnet. Hier ein Beispiel der Folgen des neoliberalen EU-Freihandelsdiktats: Durch enorme Exportmengen von Tomaten und Tomatenpaste aus Italien und Spanien, die durch Überproduktion und  hohen EU-Fördergelder billigst auf den Märkten in Ghana landeten wurden viele einheimische Bauern um ihre Existenz gebracht.

Durch die dadurch immer größer werdende Perspektivlosigkeit sehen sich viele von ihnen dazu gezwungen, sich auf die Odyssee einer Flucht zu begeben. Wenn sie viel Glück haben und nicht schon auf dem Weg durch die Wüste oder im Mittelmeer ums Leben kommen, landen sie oftmals in den riesigen Agrarbetrieben Süditaliens oder Spaniens. Dort werden sie wie rechtlose Arbeitssklaven behandelt, von Sonnenaufgang bis -untergang zu schändlichsten Löhnen schuften müssen - zumeist zur Erzeugung jener Tomaten, die dann wieder in Ghana landen, dort wieder Tomatenbauern um die Existenz bringen – und in die Flucht treiben. Der Teufelskreis des Freihandels.

 

Kamerun

Yvonne Takang, Generalsekretärin einer Bürgerrechtsorganisation, wurde durch ihren Kampf gegen die Überflutung Kameruns mit Hühnerkleinteilen aus der EU bekannt. Dieser Kampf erforderte die Einführung von hohen Importzöllen bis zum Importstopp, um die heimische Produktion zu schützen. Nach der Ratifizierung von EPA geht das nicht mehr. Während damit der Markt in Ghana von EU-Produkten überschwemmt wird, wird gleichzeitig die Kooperation zwischen den Staaten Afrikas untergraben. Yvonne Takang: „Die Tatsache, dass die EU die einzelnen Länder mit ihrer „Teile und Herrsche Strategie zur Gefährdung der regionalen Integration drängt, sei ein schwerer Schlag für die Wirtschaft der betroffenen Länder. Kamerun verkaufte landwirtschaftliche Produkte und Finanzdienstleistungen nach Gabun, Äquatorialguinea und in andere Länder der Region. Es gab keine Obergrenzen und keine Zölle. Aber jetzt, nachdem Kamerun ratifiziert hat, sagen die anderen, Kamerun hat uns verraten und alle Produkte, die aus der EU nach Kamerun kommen, dürfen nicht ohne Zölle auf die Märkte der Nachbarländer.“

 

Widerstand in Afrika

Tansania

Der Ex-Präsident von Tansania Benjamin Mkapa begründet den Widerstand folgendermaßen: „Tansania ist Mitglied der LDC-Staaten (Low Developed Countries) und profitiert daher vom EBA-Abkommen (Everything but Arms), d.h. wir können bereits jetzt zoll- und quotenfrei in den EU-Markt exportieren. Würden wir das EPA unterschreiben müssten wir im Gegenzug unsere Märkte auch für EU-Produkte öffnen. Cirka 2/3 unserer Produkte würden ohne Zollschutz mit Importen aus der EU in Konkurrenz treten. Statistiken belegen, dass Afrika selbst der Hauptmarkt für industriegefertigte Produkte aus der EAC-Region (East African Community) ist. 91% der derzeitigen Exporte in die EU machen Rohstoffe aus und minimale 6% industriegefertigte Produkte. Im Kontrast dazu beträgt der Anteil der Fertiggüter-Lieferungen in afrikanische Länder 50% der Gesamtexporte. Das bedeutet, dass der Binnenmarkt für die Unterstützung der Industrialisierungsbemühungen der EAC äußerst wertvoll ist. Im Gegensatz dazu hat der EU-Markt kaum Bedeutung. EPA würde die derzeit aufblühende regionale Industrialisierung bedrohen, weil unsere Fertigprodukte dem EU-Wettbewerb nicht standhalten könnten und unsere Bemühungen um eine regionale wirtschaftliche Integration zerstören. All unsere Anstrengungen für einen gemeinsamen EAC-Markt würden stattdessen den kommerziellen Interessen der EU nützen. Wir würden der EU einen Marktplatz bieten, statt diesen Markt mit unseren eigenen Produzenten zu versorgen.

Nigeria

Der Wirtschaftsanwalt Kennedy Ukaóha, Vertreter Nigerias bei den WTO-Verhandlungsrunden und Mitglied des Verhandlungsteams für ECOWAS zu den EPA-Verhandlungen, bekräftigt den Widerstand Nigerias gegen EPA mit folgenden Worten: „Die Verhandlungen seien von Anfang an von Geheimgesprächen und von Druck aus Brüssel geprägt gewesen. Übler noch: Die EPA-Verhandlungen und ihre Ergebnisse seien klare Indikatoren von falschen Versprechen. Die drei Hauptziele des Cotonou-Abkommens, der „Mutter“ aller EPAs, nämlich regionale Integration, Entwicklung und Armutsbekämpfung seien gänzlich verfehlt worden. Für die ECOWAS habe sich die regionale Integration sogar ins Gegenteil verkehrt, die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft breche gerade auseinander.

Die EPAs führten, wenn sie jetzt implementiert werden würden zur De-Industrialisierung, zu übermäßigem Wettbewerb, zu Verlusten an Arbeitsplätzen und Einkünften, zur Kapitalflucht, zum Anstieg von Armut und gewissermaßen zum Verlust von Souveränität und einer Zerstörung der Region. Aus diesen gewichtigen Gründen habe Nigeria seine Unterschrift nicht unter das Abkommen gesetzt, sondern verfolge vielmehr eine eigene ‚Agenda des Fortschritts‘. Wir sollten Industrie entwickeln (…) wir wollen eine Perspektive für unsere Jugend anbieten. Wir wollen sicher sein, dass sie bei uns bleiben können. Wir wollen sicherstellen, dass sie nicht abhängig von Europa sind, nicht durch Wüsten gehen, über Berge steigen oder das Mittelmeer in einem Boot überqueren müssen.“

Quellen:

https://afrika.info/newsroom/tansania-epa-die-rechnung-geht-einfach-nicht-auf/

https://info.brot-fuer-die-welt.de/sites/default/files/blog-downloads/1712_epa-konferenz-dokumentation_final.pdf

 

31.1. 2019           Johanna Weichselbaumer

Verweise