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Der Westen kann Russlands Vormarsch nicht mehr leugnen, aber die Kriegstreiber machen nicht Halt

3. November 2024

Interview mit Wilhelm Langthaler, einer der Sprecher der Antiimperialisischen Koordination (AIK) in der ukrainischen Exilzeitung politnavigator.net

In letzter Zeit sind in den westlichen Medien immer mehr Veröffentlichungen erschienen, in denen Politiker und hochrangige NATO-Generäle die Meinung vertreten, dass der militärische Konflikt in der Ukraine auf eine Niederlage Kiews zusteuert. Wie erklären Sie sich die steigende Zahl solcher Materialien?

# Der Grund dafür hängt ganz klar mit den Ergebnissen auf dem Schlachtfeld zusammen. Niemand kann mehr leugnen, dass sich Russland auf dem Vormarsch befindet und dass die ukrainische Armee erschöpft ist. Dennoch setzen die westlichen Medien ihre Kriegstreiberei gegen Russland fort und fordern eine weitere Eskalation.

 

Ändert sich die öffentliche Meinung wirklich nicht zuungunsten von Zelensky? Und warum?

# Es muss ein wichtiger Unterschied gemacht werden: Die veröffentlichte Meinung und die öffentliche Meinung, die sich immer mehr voneinander entfernen. Ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung will Frieden mit Russland und fordert Verhandlungen und einen Kompromiss. Es gibt jedoch keine eindeutigen Anzeichen dafür, dass die herrschenden Eliten den Willen des Volkes respektieren werden. Sie hören nur auf Washington und Brüssel, die den Krieg trotz der offensichtlichen Schwierigkeiten fortsetzen wollen, mit denen sie konfrontiert sind.

 

Stimmt es, dass die westlichen Länder des Konflikts in der Ukraine und der ständigen Forderungen des Kiewer Regimes nach einem „Geben und Nehmen“ zunehmend müde werden?

# Ja, das ist wahr. Aber die politische Übersetzung, der Ausdruck im politischen System, erfolgt nur langsam, wenn überhaupt. Sie sehen gerade, dass der deutsche BSW, der in Ostdeutschland erheblichen Einfluss gewonnen hat, weil er für den Frieden mit Russland eintrat, sich jetzt darauf vorbereitet, mit der wichtigsten NATO-Partei Deutschlands, der CDU, in Koalitionsregierungen einzutreten. Sie haben ihnen vielleicht ein paar nette Worte entlockt, aber letztendlich werden sie als Deckmantel für die Kriegstreiberei der NATO dienen.

Alle warten auf die Ergebnisse der US-Wahlen. Wenn Trump gewinnt, könnte er versuchen, den überparteilichen Machtapparat zu einem Waffenstillstand zu bewegen. Es ist keineswegs sicher, dass er damit Erfolg haben wird. Schließlich ist der tiefe Staat gegen Russland vorgegangen, um die Vormachtstellung der USA zu erhalten. Wenn dies eine weitere Eskalation erfordert, könnten sie den Weg zum Dritten Weltkrieg fortsetzen wollen.

Jetzt mehr denn je: Widerstand

29. Oktober 2024

Stellungnahme der “Stop World War 3 – International Initiative for Peace“ (Weltkrieg verhindern – Internationale Initiative für Frieden” zu den eskalierenden Kriegen in Palästina und der Ukraine.

Die letzten Monate waren von enormer Bedeutung für den antiimperialistischen Widerstand. Beginnend mit den Sabotageakten gegen Pager und andere mobile Geräte entfachte das zionistische Regime einen brutalen Krieg gegen das libanesische Volk, zunächst durch Angriffe aus der Luft und von See, gefolgt von einer andauernden Bodeninvasion. Nach einem Jahr des Genozids zeigt das zionistische Regime keinerlei Anzeichen, seinen Krieg gegen das palästinensische Volk zu beenden. Der Krieg hat sich stattdessen intensiviert, in Verbindung mit einer Verweigerung der grundlegendsten humanitären Hilfe für die Menschen in Gaza.

Die jüngsten Ermordungen von Ismail Haniyeh, Hassan Nasrallah und Yahya Sinwar verdeutlichten die Bedeutung des Widerstands gegen den Zionismus und die dafür erforderlichen Opfer. Als Antwort auf die Ermordungen von Haniyeh, Nasrallah und dem iranischen General Abbas Nilforoushan feuerte der Iran fast 200 ballistische Raketen auf den zionistischen Staat ab und zielte dabei auf militärische Standorte und Geheimdienstbasen, einschließlich des Mossad-Hauptquartiers. Der Angriff war erfolgreich und legte die Schwächen des sogenannten „Iron Dome“ offen.

In Osteuropa hatten ukrainische Truppen die Region Kursk in der Russischen Föderation angegriffen, wodurch der Konflikt weiter eskalierte und sich vergrösserte. Angefeuert durch den Westen drangen ukrainische Kräfte auf russisches Gebiet vor, bevor sie zurückgedrängt wurden. Gleichzeitig hat Russland bedeutende Erfolge im Donbass erzielt. Die Ukrainer hoffen weiterhin um Erlaubnis, höherwertige Raketen einzusetzen, um tiefer in russisches Gebiet Abgriffe durchführen zu können. Zuletzt sprach Selenskyj vom Wunsch der Ukraine, Nuklearwaffen zu erwerben. Dies war eine rote Linie und wurde sofort von russischer Seite kritisiert. Die Gefahr einer Konfrontation zwischen der NATO und Russland wächst weiter.

In unseren eigenen Ländern sind unsere Bewegungen wachsendem Druck und McCarthyismus ausgesetzt, verbunden mit dem Abbau historischer demokratischer Grundrechte, oft in Verletzung von Verfassungen. Die imperialistischen Regierungen nutzen Angst und Spaltung, um abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen und Bewegungen zu untergraben, die sich mit Palästina solidarisieren und für Frieden mit Russland einsetzen. Dieselben Kräfte, die die Rechte des palästinensischen Volkes unterdrücken wollen, versuchen auch, revolutionäre Stimmen im Inland als Bedrohung für die öffentliche Ordnung und die nationale Sicherheit darzustellen und zum Schweigen zu bringen.

Wir solidarisieren uns mit all jenen, die gegen Imperialismus und für Selbstbestimmung kämpfen. Diese Repression ist kein isolierter Akt für sich, sondern Ausdruck dieses Systems der Unterdrückung und zielt auf diejenigen, die sich dem Genozid, zionistischer Kolonialherrschaft und militärischer Besatzung widersetzen. Wir verstehen, dass die Kämpfe des palästinensischen und libanesischen Volkes untrennbar mit unserem eigenen Kampf verbunden sind. Es ist unsere Pflicht, uns gegen die Kriminalisierung derer zu stellen, die für Frieden, Gerechtigkeit und das Ende des Imperialismus eintreten. Wir lehnen das Narrativ ab, das Dissens mit Verrat gleichsetzt. Nur vereint können wir der Gewalt im Ausland und der Repression im Inland entgegentreten.

Stop World War 3 – International Initiative for Peace

Den 3. Weltkrieg verhindern – Internationale Initiative für Frieden

20.10.2024

Die EU ist nicht friedensfähig

Essay


24. Oktober 2024
Rainer Brunath

Das Europäisierungs-Pathos (z.B. Friedens-Union) gab es ja von Anfang an. Ich erinnere mich noch an Diskussionen kurz nach den 2000ern, dass in meinem Freundeskreis behauptet wurde: „Wir sind ja heute alle Europäer“.  Und in der Tat, „Schengen“ wurde als Erleichterung angesehen, also ohne Kontrollen hin- und herzureisen, bis hin zu der Einwanderung, die ohne die offenen Grenzen so gar nicht möglich (gewesen) wäre.

Wunderbar, aber das war nur der Lockvogel!

Denn inzwischen eignet sich die ungewählte Brüsseler Exekutiv-Kabale schrittweise immer weitere staatliche Kompetenzen an, wie an der „europäischen Außenpolitik“ deutlich zu sehen ist und was Sanktionierungen unbotmäßger Teilstaaten  wie Ungarn einschließt. Weiteres Beispiel: Der berüchtigte SMS-Wechsel zwischen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem Pharmakonzern Pfizer ist geradezu symptomatisch für Kompetenzmissbrauch (oder Gelegenheit zur Korruption?)

Und wieso konnte es dahin kommen? Antwort: es ist die (Brüsseler) Bürokratie –  hat sie erst eine gewisse Größe erreicht, wird sie zu einer Krake.

Jede große menschliche Struktur, entwickelt ein Eigenleben, d.h nach Wachstum nach größerer Bedeutung sowie Absicherung des eigenen Anteils an verfügbaren Ressourcen (d.h. z.B. das Budget). Wer beruflich mit Verwaltungen zu tun hat, der lernt schnell, dass interner Austausch und Kommunikation bis hin zu bürokratischem Kriegen gehen kann.

Für den Brüsseler Apparat ist das  Budget der  Versammlung der Nationalstaaten das Objekt der Begierde. Logisch ist: dieser bürokratische Organismus will seine eigene Existenz sichern. Dafür braucht er Zugriff aufs Budget, und schon allein deshalb ergibt sich, dass Brüssel in existenzieller Konkurrenz zu den Nationalstaaten steht.

Und jetzt wird es spannend:  Die einzige Art und Weise, wie dieser zentrale Apparat sein eigenes Dasein dauerhaft sichern kann, besteht in der Auflösung der Fresskonkurrenz, was ja die einzelnen nationalen Budgets quasi sind. Und damit wiederholt sich in Brüssel jenes, was in Europa vor langer Zeit dazu führte, dass sich, für die Völker in schmerzhaftem Prozess, Nationalstaaten ausbildeten.

Wie widersprüchlich die Ausbildung des Nationalstaats war, konnte man noch vor fünfzig Jahren in Bayern deutlich wahrnehmen, wo der Unterton einer Unterwerfung unter Preußen hundert Jahre nach der Reichsgründung noch nicht verschwunden war.

Wollte man also die europäischen Nationalstaaten durch diesen Überstaat ersetzen, müsste mehr oder weniger zeitgleich die vorhandene kleinere Struktur zerschlagen und die Identität für die größere geschaffen werden.

Nur, inzwischen haben wir 2024 und nicht mehr 1848 oder 1792. Die kapitalistische Entwicklung ist zum Imperialismus aufgestiegen und er beherrscht die Welt. Entwicklungsräume gibt es für ihn nicht mehr! Daher führt der ökonomische Zustand des Kapitalismus zu inneren Verwerfungen, so z.B. dass der einstige Sozialstaat schon den Verwertungsbedürfnissen des zu viel aufgehäuften Geldes geopfert wurde.

Wie und wo soll es mit gutem Willen weitergehen? Antwort: Investitionen, die zur  nötigen EU-Identität führen, wie z. B. eine denkbare Investition,  ganz Europa mit einem dichten und funktionierenden  Netz von Hochgeschwindigkeitszügen zu durchziehen.  Schön, aber vorher fragt der Investor: „und wie verdient man als Investor  daran?“ Also: eine Illusion, oder etwas nur für die Reichen!

Das Streben hin zu einem europäischen Zentralstaat erklärt auch die eigenartige Migrationspolitik und den Merkel´schen Spruch: “Wir schaffen das“! Sie, die Migrationspolitik,  ist für Brüssel  ein Hilfsmittel, um mit den Strukturen der Nationalstaaten auch deren Identität  aufzulösen.  So werden also die Voraussetzungen geschaffen, um  die angestrebte EU-Wesenseinheit an ihre Stelle zu setzen. Und das ist der Grund für den Hass auf die Konservativen, die in ganz Europa an Zulauf gewinnen. Hilft die Wagenknecht´sche Politikvariante diesen Gordischen Knoten zu durchtrennen?

Antwort: Nein

Und warum? Die hochstilisierte Gegenposition der Wagenknecht ist inzwischen nicht mehr glaubwürdig. Ihre Kungelei im Thüringer Landtag mit den Bürgerlichen, insbesondere der CDU kam allgemein nicht gut an, womit sie sich eine Blöße gibt und ihre Schwäche demonstriert. Wenn man vorgibt, Demokrat zu sein sollte man den Wählerwillen respektieren und sich nicht hinter irgendwelche Geschäftsordnungen verstecken, um dem Mittelstand zu gefallen. Außerdem dient dieses parlamentarische System nur dem Machterhalt und wenn sie sich darin verheddert, spricht das nicht mehr die unterste Klasse an. Aber dort sind die Massen und damit die Wähler.
Ihre weiterhin plakative Behauptung vom „unprovozierten Einmarsch“ Russlands in die Ukraine ist eine weitere Stolperstelle in ihrer Politik. Das demonstriert eine sklavische Haltung gegenüber den öffentlich-rechtlichen Propagandsmedien, womit sie diese unterstützt und nicht bekämpft.

Zurück zum Thema, Identität mit der EU. Das Strampeln in Brüssel erklärt sich aus der Tatsache, dass es inzwischen ökonomische Gründe gibt, die einen  Austausch der Identität erschweren oder unmöglich machen:  Es ist die mittlerweile tief eingegrabene Ideologie der Konkurrenz jeder gegen jeden und die ungleiche  Einkommens- und Vermögensverteilung. Jeder Versuch einer Staatsbildung von oben in einem Gebilde mit extremen (finanziellem)Abstand zwischen oben und unten wäre ausgesprochen gefährlich, weil ja nichts in Gestalt einer realen Verbesserung der Lebensumstände der unteren Klasse in Aussicht steht.

Also bleibt für die Formierung des „Staatsvolks“ nur die negative Variante, die unter diesen Voraussetzungen ein Bewusstsein als „EU-Staatsvolk“ erzeugen könnte oder erzwingt:  Krieg.

Das bedeutet, dass nicht nur schlichte Unterordnung unter US-Interessen den Brüsseler Apparat so aggressiv agieren lässt. Nein, es ist auch das bürokratische Eigeninteresse, welches die Kabale Brüssels aus sich heraus erzeugt.

Seit der Unterzeichnung des Lissabon-Vertrags hat sich Brüssel stetig weiter ideologisiert: von den „europäischen Werten“ bis zur heutigen Feindseligkeit nach außen, wie z.B. Borrells Bild vom „Garten“ und vom „Dschungel„. Da die Ursache dieser Feindseligkeit Teil der Natur  dieses Apparats ist, gibt es keine Hoffnung auf Mäßigung. Die Katze lässt das Mausen nicht.

Es bleibt nur eine Rückabwicklung oder eine direkte Zerschlagung dieser Struktur!  Aus sich selbst heraus ist die EU nicht zum Frieden fähig, weil Frieden letztlich ihre Existenz bedroht.

Nun ist unbestreitbar, dass der Einfluss des deutschen Imperialismus an der Entstehung dieser politischen Krake sehr stark war und immer noch ist,  und der die wahren Interessen der Deutschen  nicht abbildet. Belege dafür gibt es zuhauf.  Auch die Interessen der Völker in EU-Europa werden  durch die Brüsseler Zentralstruktur weiter beschnitten und noch weiter in den Hintergrund gedrängt, als sie es in den Nationalstaaten ohnehin schon sind. Das Ergebnis entspricht dem, was Lenin schon im Jahr 1915 schrieb: „Vom Standpunkt der ökonomischen Bedingungen des Imperialismus, d. h. des Kapitalexports und der Aufteilung der Welt durch die ‚fortgeschrittenen‘ und ‚zivilisierten‘ Kolonialmächte, sind die Vereinigten Staaten von Europa unter kapitalistischen Verhältnissen entweder unmöglich oder reaktionär.“

Lenins geniale Vorausschau bestätigt sich unter der Brüsseler Ägide in ungeheuerlichem Maße:  die EU  ist zutiefst reaktionär! Daran ändern die Sirenengesänge von selbst ernannter und behaupteter Demokratie und vermeintlicher Offenheit kein Deut. Im Gegenteil, der Kleister,  ob er nun Migration oder Transgender heißt, ist Teil des Projekts, das gar nicht anders kann, als alles auf Krieg auszurichten. Die hässlichen Brüsseler Zwillinge NATO und EU sind der größte Feind der Völker in Europa – brüderlich vereint in gegenseitiger Verklärung.

4.10.2024

„Gastbeitrag, der nicht notwendigerweise den Positionen der Redaktion entspricht.“

Krisendiskurse: Draghi, Letta, die EU, und?

18. September 2024
11824

Albert F. Reiterer

„Europa“, die EU nämlich, muss das System des STAMOKAP stärken, wie China und die USA (?). Das Zentrum dieser Politik wird und muss ein europäischer militärisch-industrieller Komplex sein. Dazu braucht es einen neuerlichen Zentralisierungsschub. Dessen Motor wird eine neue Industriepolitik sein. Dafür wird die Brüsseler Kommission ungeheure Summen von Geld einsetzen müssen, die sie durch gemeinsame Schuldenauf­nahme erhalten wird, diesem Lieblingsprojekt der südlichen Neoliberalen. Und als Krönchen über Allem wird dies zu kombinieren sein mit einem neuerlichen Schub der Deregulierung.

Mario Draghi ist wieder da. Er liefert einen Bericht über die Lage der EU ab und stellt fest: „Europa“ befindet sich in einer Krise – einer Wachstumskrise. Das günstige globale Umfeld der letzten Jahrzehnte mit dem blühenden Welthandel und der billigen Energie ist Geschichte: „Wir haben plötzlich Russland verloren“. Zu den USA besteht eine Produktivitätslücke. Das ganze Wirtschafts- und Wachstumsmodell steht auf der Kippe. Dazu kommt noch, dass binnen Kurzem auch die reichliche und billige Arbeitskraft erschöpft sein wird. Und doch müssen „wir“ gleichzeitig digitalisieren, dekarbonisieren (also einen neuen, grünen Kondratieff in Gang setzen) und aufrüsten. Den Ausdruck STAMOKAP (Staatsmonopolistischer Kapitalismus) benützt Draghi natürlich nicht. Aber: Das Ende der Geschichte ist zu Ende, sie hat sich endgültig als Ideologie erwiesen, auch wenn „wir“ im Kalten Krieg gesiegt haben. Aber jetzt führen „wir“ einen heißen Krieg in der Ukraine, und wer weiß, wo bald noch. Es ist eine existenzielle Herausfor­derung.

Gleichzeitig halte ich ein neueres Buch eines Japaners, Kohei Saito (2022) in der Hand. Auch der beginnt: „Die Welt steht in Flammen.“ Er will allerdings das Gegenteil: Er will nicht Wachstum, im geraden Gegenteil. Er nennt sich einen Marxisten und befürwortet einen „Degrowth-Kommu­nismus“. Er will nicht nur einen Wachstumsstop um jeden Preis. Der gut gestellte Professor aus dem hochentwickelten Zentrum will eine geringere Produktivität und einen Abbau.

Es ist fast ein bisschen amüsant: Die Medienleute, welche in gar nicht heimlichen Wohlgefallen den outrierten Klima-Aktivisten (vulgo „Klimaklebern“ in der Diktion von Fellner und Konsor­ten, also den extinction rebels und ähnlichen Hysterikern) Unterstützung geben, also vor allem Staats-Rundfunk und -Fernsehen, klatschen auch den Typen à la Draghi und von der Leyen am lautesten Beifall. Sie haben offenbar nicht begriffen, dass beide Strömungen unvereinbare Ziele verfolgen: Draghi die Beschleunigung des Wachstums, die anderen einen Wachstumsverzicht. Bei den Journalisten ist dies wenig überraschend, mit ihrer Kombination von Uninformiertheit und Hirnlosigkeit.

Oder ist es vielleicht gar nicht so? Für von der Leyen und, z. B., den Grünen als Partei ist der Green Deal ja ohnehin nichts Anderes als ein Versuch, mit neuen Produkten neue Profitmöglichkeiten zu schaffen. Sie wollen mit einer Bündelung solcher Maßnahmen einen neuen Kondratieff, also eine langfristige Kurve beschleunigten Wachstums anstoßen und befördern. Auch Elon Musk will dekarbonisieren und einen neuen, grünen Zyklus in Gang setzen, je schneller umso besser, und die Demokratie kann da nur hinderlich sein. Da ist er sich vermutlich mit Baerböck, Habeck und Kogler einig.

Die Diagnose „Krise“ kommt also von recht verschiedenen Seiten. Gerade vor wenigen Monaten, am 18. April 2024, hat der Außerordentliche Europäische Rat einen Bericht des Kollegen und Bewunderers von Draghi, Enrico Letta, gebilligt und veröffentlicht. Der unterscheidet sich im Geist nicht vom neuen Draghi-Bericht. In einem sind sich alle einig. Es muss weiter zentralisiert werden, die nationale Demokratie darf nur mehr Fassa­den-Charakter haben. In Österreich kommt hinzu, dass die Neutralität allen Konservati­ven von der ÖVP über die Neos und die Grünen bis zur SPÖ ein Dorn im Auge ist und das nächste strategische Ziel des Demokratie-Abbaus.

Doch zurück zu Draghi.

Sein großes Vorbild ist die USA. Auf sie verweist er wieder und wieder. Die Marktkapi­talisierung ist dort ein Vielfaches höher als in „Europa“. Es gibt viel weniger „inkonsis­tente und hinderliche Regulierung“. Während die Europäer noch immer auf die Fahrzeug-Industrie setzen, geht es „dort“ – in den USA – hingegen um Tech. Und die Folge ist: In der EU hinkt man den USA seit 2002 im Wachstum um 30 % nach.

Seit 2002? War damals nicht irgendwas mit der Währung? Hat damals bzw. wenig vorher nicht irgendetwas stattgefunden, sodass die nationalen Regierungen keine konsistente Wirtschaftspolitik mehr betreiben können? Auf das kommt Draghi natürlich nicht zu sprechen, der ja „alles Denkbare“, whatever it takes, entschlossen war zu unternehmen, um eine dysfunktionale Währungsunion zu retten.

Solche Berichte, so meinen deutsche Zeitungen, z. B. die FAZ (11. Sept. 2024, S. 15), habe es immer wieder gegeben. Das „Handelsblatt“ (selber Tag) bringt den Bericht überhaupt erst auf S. 40. Einige Tage später (16. 9. 2024, S. 11) allerdings realisiert im „Handelsblatt“ ein Kommentator, was da geschrieben steht und sagt gleich den Unter­gang der EU voraus, wenn das verwirklicht würde. Warum? Weil Draghi einzig auf die BRD und ihre Solidität für die Gläubiger baue. Denn nur deshalb würde der Süden Kredite bekommen. Die NZZ (auch am 11. September), die reaktionärste Zeitung der Schweiz, die aber im Gegensatz zu den deutschen Blättern ein bisschen über den deutschen Tellerrand schaut, ist aus ideologischen Gründen wenig erbaut – Draghi will Interventionen, und das ist für Marktfundamentalisten des Teufels.

Alle aber insinuieren sie: Fürchtet Euch nicht! Man soll die Kirche im Dorf lassen. Da wird nicht viel passieren. Sie stören sich nämlich daran, dass Deutschland, gebeutelt durch seine Außen- und Kriegspolitik, bei der gemeinsamen Schuldenaufnahme noch einmal zur Kasse gebeten werden könnte. Für den zweiten Teil stimmt das ja. Aber dass dieser Bericht so harmlos sein soll – da könnten sie sich irren. Denn eine Tugend hat die Bürokratie: Sie denkt und handelt langfristig. Solche Berichte hat es tatsächlich in verschiedener Weise immer wieder gegeben. Und alle haben einen fundamentalen Einfluss ausgeübt und die weitere Entwicklung mit gestaltet. So entstand die Katastrophe der Währungsunion.

Von Anfang weg wird klar, wie man aus der Graphik erkennt: Die EU, und Deutschland i. B., hat sich von den USA in eine selbstzerstörerische Politik hineintreiben lassen. Sie setzt sie mit aller Kraft fort. Im Vergleich zu den USA und auch zu China sind die Energiepreise durch den NATO-Krieg in der Ukraine massiv angestiegen. Billige Energie war das wesentliche Fundament des noch stärker als in den USA auf Industrie gestützten deutschen kapitalistischen Entwicklungs-Modells. Das ist nun vorüber. Ein wichtiger Konkurrent der USA hat sich selbst aus dem Rennen genommen. Österreich hatte sich vor dem EU-Anschluss und auch noch etwa bis 2008 an das deutsche Modell angelehnt. Mit dem Ukraine-Abenteuer der EU und dem Wirtschaftskrieg gegen Russland ist auch für die österreichische Wirtschaft ihr Fundament erschüttert. Denn dass gleichzeitig auch der Versuch eines österreichischen Subimperialismus im Finanzbereich, eines österrei­chischen Finanzkapitalismus dadurch stark angeschlagen ist, haben Raiffeisen, etc., inzwischen erfahren.

Für die USA blieb nach Kriegsbeginn noch eins zu erledigen: Der längerfristig wichtigere Konkurrent ist China. Also muss man dessen aufstrebendem Kapitalismus die Wege ver­bauen. Nicht nur in den USA soll er vor der Tür gehalten werden. Man muss China, das fast ein bisschen naiv der wichtigste Fürsprecher der Globalisierung wurde, auch den europäischen Markt verwehren. Die deutsche Bundesregierung und die aus ihr stammen­de deutsche Kommissions-Präsidentin nickten eifrig und wurden aktiv. Sie zerrütten nun von sich aus die EU-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen. Damit erhöhen sie ihre Ab­hängigkeit von den USA und besorgen eigenhändig ihre eigene Selbstzerstörung. Dies alles geht im Namen von Offenheit des Welthandels und europäischer Sicherheit vor sich. Man hält den Atem an und begreift zuerst nicht, mit welcher Entschlossenheit zur Selbstvernichtung der deutsche Imperialismus hier vorgeht.

Die Ära des Freihandels als Ideal und Ziel geht zu Ende, so diagnostiziert Draghi. Nicht dazu sagt er, warum: Weil diese Politik seit 1990 eine unipolare Welt voraussetzt. Die EU muss also versuchen, mit den USA nicht nur einen Militärblock zu bilden, sondern auch einen ökonomischen Block, einen Handelsblock. Draghi will diese Prozesse weiter voran treiben und etwas modifizieren. Über den verbleibenden kleinen autonomen Spiel­raum der EU lässt er sich allerdings nur nebulos aus. Der Weiße Elephant im Raum des Berichts ist immer China, manchmal genannt, aber meist nicht, sondern nur irgendwie umschrieben.

Bei Draghi als Person ist diese Fixiertheit auf die USA und die Bereitschaft, sich unter­zuordnen weniger verwunderlich. Er war ein Jahrzehnt Spitzenmanager bei Goldmann Sachs, einem der wichtigsten US-Spekulanten. Dann  wurde erst Top-Bürokrat in Italien und sodann in der EU / EZB. Jetzt will er sich offenbar als Top-Stratege einer neuen EU profilieren. Denn worum geht es?

Die EG / EU war stets ein wichtiger ökonomischer Konkurrent des US-Imperialismus. Das, was kurz wie ein Kautsky’scher Ultraimperialismus aussah, ein friedliches Konkur­rieren zwischen gleichgesinnten Partnern, hat wieder einer mörderischen imperialisti­schen Konkurrenz Platz gemacht. Auf kontinentaler und großregionaler Ebene gehen sich wieder unterschiedliche Versionen des Kapitalismus an de Gurgel.

Doch beim Versuch, ihre Rolle in die Politik zu verlängern, hat sich die EU etwas über­hoben. Das ist die wichtigste Lehre aus dem Krieg in der Ukraine, wo sie im Begriff ist, auszurutschen – vielmehr bereits ausgerutscht ist, ganz gleich, was im Einzelnen beim Waffenstillstand und einem eventuellen Frieden herauskommt. Denn der bisherige westli­che Multi-Polarismus hat nun einem ganz anderen grundsätzlicheren Multi-Polarismus Platz gemacht. Da ist nun kein Raum mehr für eigenständige Ambitionen im Rahmen des kollektiven Westens. Die EU will sich der USA als militärischer Arm bedienen. Dazu aber hat sie sich den USA klar unterzuordnen.

Draghi akzeptiert dies – aber auch wieder nicht zur Gänze. Er entwirft ein Programm für den EU-Subimperialismus im Rahmen des kollektiven Westens, das noch oder wieder gewisse aufmüpfige Velleitäten zeigt. Insbesondere will er den Aufbau eines mächtigen europäischen Rüstungssektors, der über den Nationalstaaten thront. „Wir“ müssen zwar ein einheitlicher westlicher Imperialismus werden. Aber dazu müssen auch „wir“, d. h. die EU, erst rüsten und dann einen von uns abhängigen Machtblock aufbauen. Denn nur so können wir Nachschub und die Lieferungen sensibler Rohstoffe sichern. Nur so können wir außenpolitisch auch andere Konkurrenten, ganz offensichtlich denkt er an China, bestrafen („penalise“), wenn sie uns zu lästig werden. Aber gleichzeitig müssen „wie“ die europäischen Stärken erhalten, die uns hier die Hegemonie sichern. Er nennt den europäischen Sozialstaat und die geringere Ungleichheit in der EU im Vergleich zu den USA.

Hier leistet er sich einen kleinen Zynismus. Wir wissen, dass es die westliche Hauptlinie ist, der steigenden Ungleichheit so entgegenzuarbeiten, dass man Billigstgüter aus Indien China und Vietnam und sonstwo importiert und damit die Menschen ruhig halten will. Hier fragt Draghi: Warum sollen wir diesen Wirtschaften den Import durch Zölle und andere Hindernisse verwehren, wenn sie uns schon mit dem Geld ihrer eigenen Steuerzahler subventionieren wollen?

Innen aber, geht es weiter, müssen wir strategisch denken. Es muss ein Ende haben mit nationalen Interessen. Anstelle einzelne Firmen zu stützen, müssen wir in Sektoren denken. Da hat er den Ansatz von einer Rahmenplanung im Auge. Der ganze lange Bericht und die 170 Empfehlungen sind eine teils abstrakte, teils höchst konkrete Ausar­beitung dieses Grundgedankens – ich habe ihn oben STAMOKAP genannt. Der Aus­druck soll die Aufmerksamkeit auch darauf lenken, dass Draghi eine bestimmte Form von Planung befürwortet. Das zeigt einmal mehr: Planung ist ein Instrument, keineswegs ein Ziel. Sie kann im Interesse des Großkapitals und der Bürokratie eingesetzt werden. Eine bestimmte, andere Form von Planung freilich wird zu einem unersetzbaren Mittel einer neuen, emanzipativen Politik gegen die Macht des Monopol-Kapitals werden müssen.

Gehen wir auf den zentralen Punkt in Draghis Argumentation ein. Der ist wirklich rundum von fundamentaler Bedeutung: der behauptete Produktivitäts-Rückstand der EU gegen die USA. Hier wäre selbstverständlich ein kritischer Blick auf das Konzept der Produktivität imperativ. Produktivität ist in der heutigen Ökonomie – die man im empirischen Teil eher eine Wirtschafts-Statistik nennen müsste – pragmatisch nichts anderes als [Produktionswert / Faktoreinsatz], oder noch verständlicher ausgedrückt [BIP / Kosten]. Her müsste nun die Analyse und die Auseinandersetzung erst beginnen.

Aber Kritik im alten Sinn als vertiefte Analyse ist nicht Draghis Sache. Zwar dröselt er die Sache auseinander und teilt uns mit: Im Bereich der konventionellen Warenwirtschaft („excluding the main ICT sectors“) war die Entwicklung der Produktivität in den letzten beiden Jahrzehnten in den USA und in der EU etwa gleich, in den letzten Jahren sogar mit einem leichten Vorteil für die EU. Aber in AI und ICT waren die USA deutlich voraus.

Was heißt das? In einer kurzen These zusammengefasst: Die US-Wirtschaft hat eine ganz bestimmte Richtung eingeschlagen, bestimmt durch die steigende Ungleichheit und diese Ungleichheit wiederum befeuernd. Dieses „Modell“ drückt sie nun mittels einer Kombi­nation von Marktmacht, politischer Macht und Hegemonie den Europäern und vor allem China auf. Über monopolistische Preise erreicht sie dabei Ergebnisse, die über den Preisen bzw. deren Entwicklung in der bisherigen konventionellen Wirtschaft liegen (terms of trade!). Voilà der Produktivitätsvorsprung. Ob diese Entwicklung tatsächlich stärker zur Bedürf­nisbefriedigung und / oder zur Arbeitsentlastung gegenwärtig und in der Zukunft beitragen wird, ist keineswegs gesichert. Eine Produktivitätsentwicklung in einem substanziellen Sinn jenseits der Preisgestaltung ist in diesem Sektor kurzfristig zumindest schlicht nicht messbar.

Die Tatsache, dass die Lebenserwartung in den USA und ihre Entwicklung konsistent seit Jahrzehnten jener in europäischen Ländern nachhinkt, spricht dagegen. Gerade in den letzten zwei Jahrzehnten, wo Draghi einen solchen Vorsprung der USA diagnostiziert, hat sich die Kurve der Lebenserwartung so gedreht, dass sie nicht mehr sinnvoll als Linie darstellbar ist, die Korrelation geht fast gegen Null. Man muss  sie als Parabel oder in ähnlicher Form darstellen, um zu einer akzeptable Bestimmtheit (r = 0,75) zu kommen. Eine solche Form aber heißt, dass es sogar zu einer Abnahme kommt, und zwar schon vor dem COVID-Wahnsinn, siehe Graphiken unten!

Liest man diese Oberflächen-Analysen der Herren Draghi und Letta, bekommt man sehr viel mehr Verständnis für die Wachstumskritik der Ökosozialisten vom Typ Saito. Das soll nun keineswegs heißen, dass deren politische Vorschläge ein akzeptables Ziel sind.

Der Draghi-Bericht ist gerade für uns eine höchst lesenswerte Sache. Er zeigt, wie die Eliten in der EU denken und funktionieren – und was sie planen!

 

Draghi-Bericht

Langfassung: The future of European competitiveness – In-depth analysis and recommendations. 320 S.

Kurzfassung: The future of European competitiveness – A competitiveness strategy for Europe. 66 S.

Beides auf: https://commission.europa.eu/topics/strengthening-european-competitiveness

Letta-Bericht: Much more than a market. 158 S. Auf der Seite des österreichischen Wirtschaftsministeriums: https://www.bmaw.gv.at/Themen/Europa/Aktuelles/Letta-Bericht-Zukunft-des-Binnenmarktes.html

Als Gegenlektüre zum naiven Wachstums-Enthusiasmus:

Saito, Kohei (2022), Marx in the Anthropocene. Towards the Idea of Degrowth-Communism. Cambridge: University Press.

Der 20. Juli 1944, der Antifaschistische Grundkonsens und der neue Autoritarismus

27. Juli 2024

„Gedenktage“ als aktuelle Heiligenfeste der Hegemonie

Früher hat die damals hegemoniale Kirche am 19. März den Heiligen Josef und am 15. August den „Großen Frauentag“, Maria Himmelfahrt gefeiert. Heute beglücken uns „Standard“ und „Kurier“ mit Artikeln zum „11. September“: Nicht etwa zum US-gestützten Putsch in Chile mit seinen vielen Tausenden von Opfern, sondern zum Angriff von Al-Qaida in New York. Ein neues Datum, bereits jetzt kanonisch vorgeschrieben, ist der „7. Oktober“.

Und am 20. Juli erinnert man uns daran, dass vor 80 Jahren kleine Teile der Deutschen Armee einen Putsch versucht haben und scheiterten. Es war dieselbe Armee, die Deutsche Wehrmacht, und es waren dieselben Offiziere, welche den Neuaufbau des Heeres durch Hitler voll Begeisterung mit vollzogen hatten. Es war dieselbe Armee und dieselben Offiziere, welche 1939 für den Weltkrieg bereit standen und 1941 zur Eroberung der Sowjetunion i. A. und der Ukraine (zwecks Kolonisierung) i. B. angetreten waren. 

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Der „Führer“ und seine Unterführer aus der Wehrmacht in der Wolfsschanze

Zwischen 1939 und 1944 allerdings hatte sich etwas verändert: Die katastrophale Niederlage war inzwischen für Realisten absehbar. Überdies hatte bereits ein Jahr zuvor (in der Nacht vom 25. Juli 1943) in Italien die Oberschicht-Gruppe der Faschistischen Partei, die alten Nationalsten um Dino Grandi, Mussolini gestürzt und verhaften lassen. Am 8. September hatten sie einen Waffenstillstand geschlossen und sich danach gegen Nazi-Deutschland gewandt. Und schließlich waren auch die Alliierten bereits in der Normandie gelandet und rückten vor. Mit anderen Worten: Der Nazi-Zusammenbruch war abzusehen.

Die Debatte um den Nazismus und Faschismus als Ausdruck des Autoritarismus der Eliten leidet auf der Linken daran, dass die (sowjet-) marxistische Faschismus-Auffassung von der Stalin-Dimitroff-Definition bestimmt war und in deren Tradition auf der Linken noch immer bestimmt ist. Der Faschismus sei eine reine Oberschicht gewesen, die „offene terroristische Diktatur des Finanzkapitals“. Da hatten dann deutsche Universitäts-Historiker als Ideologen des Bürgertums leicht argumentieren: Aber die Oberschichten, die Kapitalisten mussten sich auch den Nazis fügen. Der „linksliberale mainstreamer“ (so sein Bewunderer Paul Nolte), der Professor H.-U. Wehler (2009) meint gar, die Großbourgeoisie sei von den Nazis ebenso unterdrückt geworden wie die Arbeiter-Bewegung. 

Diese „Unterdrückung“ bestand in der Rüstungsplanung bzw. der Planung für die Rüstung. Die neue politische Elite setzte im Verbund mit einem Teil der traditionellen Elite, nämlich den Militärs und Vertrauensleuten aus der Wirtschaft ihre Präferenzen. Das Kapital in der Rüstungsindustrie hat massiv profitiert. Natürlich war dies keine Planung wie in der Sowjetunion, wo es kein kapitalisti­sches Eigentum mehr gab, sondern ein Kollektiv-Eigentum der Nomenklatura. Dass man dies nicht schlichtweg Planung benannte, sondern von Staats-Interventionismus oder von staatlicher Regulierung sprach, kennzeichnet den wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Systemen. Doch jede Planung, in wessen Interesse immer, muss natürlich ihre Ziele durchsetzen, auch gegen eventuellen Widerstand. Das war also die „Unterdrückung“ einzelner Kapitalisten. Das ist ein entscheidender Punkt, wenn man den Nazi-Faschismus wirklich begreifen will. Die Nazis sahen sich als die besseren Kapitalisten. Damit kamen sie mit Einzelnen aus der alten Elite übers Kreuz. Die hatten ja die Nazis einfach benützen wollen, um ihre Ziele integral durchzusetzen. Danach konnte man sie, wie sie dachten, ja wieder beiseite schieben. Es kam nicht ganz so, aber gelitten haben die deutschen Kapitalisten unter den Nazis auch gerade nicht. Die Profite waren hoch, und die Löhne wurden massiv gedrückt.

Aber die Nazis blieben und entwickelten eigene politische Vorstellungen. Einmal an den entschei­denden politischen Hebeln waren sie es, welche jene Teile der alten Eliten beiseite schoben, die sich nicht völlig von ihnen beherrschen lassen wollten und ihnen daher möglicher Weise im Weg stehen konnten. Das war ohnehin eine kleine Minderheit. Der größere Teil dieser Kräfte parierte und kuschte nur zu gern. Wie auch nicht? Lebten sie doch vergleichsweise prächtig in dieser Konstel­lation. Immerhin: Ein kleiner Teil war unzufrieden und dachte daran zu frondieren.

Geradezu mustergültig lässt sich dies am Weg des Carl F. Goerdeler sowie am Putsch-Versuch des 20. Juli 1944 darstellen. Goerdeler war ebenso wie Stauffenberg ein Vertreter der alten Eliten. Er insbesondere war ein Sprecher eines Teils des Großbürgertums geworden, von dem auch sein Lebensunterhalt nach seinem Abschied aus der aktiven Politik bezahlt wurde. Es gibt eine Reihe von Dokumenten von ihm, welche geradezu diese seine Rolle nachzeichnen. Ins besondere geht es um seine Entwürfe für eine Nach-Hitler-Politik. Von Demokratie war da keine Rede.

Auch Stauffenberg hatte sich für eine Armee entschieden, welche in der Ersten Nachkriegszeit die Weimarer Republik nicht nur völlig ablehnte, sondern aufs heftigste aktiv bekämpfte. Die alten Eliten des Deutschen Reichs, die Großindustriellen ebenso wie die Militärs, haben in der Weimarer Republik nach einigem Schwanken die Nazis großzügig gefördert. Als Hitler im „Röhm-Putsch“ (1934) den plebeischen Flügel seiner Partei ausschaltete und dessen Führung töten ließ, da tat er es nicht zuletzt, um den Militärs einen Gefallen zu tun. Damit hat der „kleine Gefreite“ ihr Vertrauen doch noch gewonnen.

Stauffenberg kam aus einer adeligen Schicht und einer Mentalität heraus, welche geformt war vom Bewusstsein, etwas Besseres zu sein. Der George-Kreis kultivierte diese Auserwählungs-Haltung soweit nur irgend möglich. Stauffenberg war ein aktives Mitglied in dieser Runde. Diese Menschen waren elitär bis in die Fingerspitzen. Sie haben damit wesentlich dazu beigetragen, die Nazis an die Macht zu bringen. Sie waren nicht Nazis, weil ihnen die Nazis zu plebeisch waren. Aber sie dachten, sie gegen demokratische Kräfte i. A. und gegen die Arbeiterbewegung i. B. einzusetzen.

Damit ist diese Gruppe und dieses Ereignis tatsächlich ein wunderbarer Anlass für die heutigen Konservativen, sich als antifaschistisch zu gerieren. 

Der „Antifaschistische Grundkonsens“ der Zweien Nachkriegszeit war von vorneherein eine Lüge. Adenauer baute die BRD auf, indem er die deutschen Geheimdienste in toto den alten Nazis übergab, der Organisation Gehlen. Schließlich wurden die einzigen konsequenten Antifaschisten aus ihren Stellungen entlassen, verfolgt und ihre Organisation verboten (KPD-Verbot 1956). So ist es ein wenig verwunderlich, wenn man eine umfangreiche Publikation aus der DDR findet, in welcher Stauffenberg fast kritiklos hoch geschätzt wird (Kurt Finker, 1977, Stauffenberg und der 20. Juli 1944. Köln: Pahl-Rugenstein). Es war wohl auch ein Versuch, liberal-konservative Intellektuelle für den Staat zu gewinnen.

In Österreich war die „Vergangenheits-Bewältigung“ etwas verwischter. In allen Parteien wurden die Nazis wieder hoffähig und hofiert. Und dann gab es noch das Problem des hausgemachten Faschismus, des Austrofaschismus. Aber für viele Antifaschisten damals war die Lage oft nicht weniger brutal.

Heute ist der „antifaschistische Grundkonsens“ zur Basis-Ideologie des Neuen Autoritarismus geworden. Und es ist wirklich ein Grundkonsens, er ist die politisch-ideologische Grundlage von Grünen und Neos ebenso sehr wie von ÖVP und SPÖ. Die FPÖ hat sich den Philosemitismus daraus angeeignet, weil er sich so gut mit dem Antiislamismus verträgt. Viel hilft es ihr aber nicht. – In der BRD ist es nicht nur nicht anders, es wird noch härter. Dort hat auch die administrative Verfolgung jener bereits eingesetzt, welche nicht zu allem devot nicken. 

Alles, was sich nicht den hegemonialen Schichten mit ihren Vorstellungen unterwerfen will, wird im Namen des Antifaschistischen Grundkonsenses verdammt, verteufelt, ausgegrenzt. Es findet eine regelrechte Umwertung und Umkehrung aller Begriffe statt. Weil Sara Wagenknecht die alten linken, eher wohl linkssozialdemokratischen Zielvorstellungen wieder in den Mittelpunkt ihrer Politik stellen will, wird sie von den Gralshütern des Antifaschistischen Grundkonsenses nun als „rechts“ und „konservativ“ erklärt. In den 1970ern und 1980ern war der Bezug auf die eigene Nation in Österreich, die österreichische Identität, eine Haltung, um die sich nicht nur Linke, son­dern sogar Liberale sammeln konnten. Heute ist die selbe Haltung ein Anlass, über die Menschen herzufallen und sie zu übelsten Rechten zu erklären. Der Antifaschistische Grundkonsens dient dazu, Kriege zu rechtfertigen und Völkermord zu unterstützen. Es ist höchste Zeit, diese Heuchelei aufzukündigen.

Schritt zur Rückgewinnung des Antifaschismus für das was er einmal war

6. Juli 2024
11808
Verlesung des Mauthausen-Schwurs am Morzinplatz

Bericht auf Englisch

Am 18.6.24 fand ein denkwürdiges Ereignis der Rehabilitierung des Antifaschismus statt. Der Mauthausen-Schwur wurde beim Denkmal am Morzinplatz öffentlich verlesen und seine Botschaft interpretiert: „Nie wieder“ muss für alle gelten, auch für das palästinensische Volk.

Ausgegangen war die Initiative von Ernst Wolrab vom KZ-Verband, als dessen Bundes- und Wiener Landessekretär er bisher gedient hatte. (Hier seine Rede als Video.) Im Gefolge des israelischen Völkermords in Gaza hatte er sich mehr und mehr in Opposition gegen die prozionistische Haltung des Verbands begeben und sich an der Palästina-Solidaritätsbewegung zunehmend beteiligt. Die fest mit dem Regime und seinem verdrehten Antifaschismus verbundene Verbandsführung hatte deswegen gegen ihn und seine Unterstützer zu kampagnisieren und zu intrigieren begonnen. (Hier eine Darstellung der Ereignisse.) Mit medialer Schützenhilfe des „Standard“ stürzten sie ihn zunächst als Wiener Sekretär, um ihn dann auch von der Bundesfunktion zu eliminieren. (Hier seine persönliche Stellungnahme dazu.)

Dalia Sarig, eine aus einer jüdischen Familie stammende Palästina-Aktivistin und Gründerin von „Not in Our Name“, hat das sofort aufgenommen und sich angeschlossen. (Video und Redetext) Dann kam noch Andreas Wimmer hinzu, langjähriger kommunistischer Funktionär und antiimperialistischer Aktivist, dessen Vater im Gestapo-Haus am Morzinplatz wegen Widerstandsaktivitäten gefoltert und dessen Familie mütterlicherseits als Juden verfolgt worden waren. (Video) Als weiterer Redner trat Gunnar Bernhard auf (Video), ein Palästina-Aktivist dessen Vorfahren ebenfalls Opfer des NS-Regimes waren.

Madeleine Petrovic, die nun als oppositionelle Grüne zum Nationalrat kandidiert, hatte ihre volle Unterstützung ausgesprochen, konnte schließlich aber nicht teilnehmen.

Einige Tage vor dem Ereignis hat das erst von einigen Wochen gegründete politische Bündnis „Stimmen für die Neutralität“ die Kundgebung adoptiert und die Federführung übernommen. Denn immerhin repräsentiert die Neutralität den in Staatsvertrag und Verfassung gegossenen Sieg gegen über den Nationalsozialismus. Sie wirkt jedenfalls dämpfend gegenüber allen imperialistischen Ambitionen und Bestrebungen.

Die Aktion ist deshalb denkwürdig, weil sie seit vielen Jahrzehnten das erste Mal öffentlich den Antifaschismus zurückführt, woher er gekommen ist, nämlich als ein Moment des Kampfes gegen Kapitalismus und Imperialismus. Die KZ-Häftlinge von Mauthausen haben das auf großartige und unverdrehbare Weise in ihrem Schwur zum Ausdruck gebracht.

Solange die Sowjetunion und die Reste der Arbeiterbewegung existierten, blieb der konsequente Antifaschismus den kapitalistischen Eliten Feind, zumindest nicht geheuer. Sie unterstützen lieber die Apartheid & Co.

Nach der Wende umarmten, ja adoptieren sie den schon weichgespülten Antifaschismus bereitwillig und eilig, um ihn als Schild zur Legitimierung des Neoliberalismus und des dahinter weiterexistierenden Imperialismus zu benutzen. Er wurde dabei nicht nur ausgehöhlt und umgedeutet, sondern richtiggehend auf den Kopf gestellt. Die imperialistischen Kriege wurden auf einmal zu humanitären und antifaschistischen Einsätzen. Zu den neuen Hitlers wurden alle jene stilisiert, die sich der US-Vorherrschaft widersetzten – und derer gab es viele. Nur der Zionismus und der westliche Imperialismus wurden mit einem Analogieverbot geschützt.

Besonders zynisch, aber dafür systematisch wurde dieses Regime-Antifa für die Zwecke des israelischen Kolonialismus eingesetzt. Die sich der Vernichtung widersetzenden Palästinenser und alle, die mit ihnen solidarisch waren und sind, wurden zu „Antisemiten“ erklärt, ja der Antisemitismus-Begriff überhaupt umgedeutet und die alten Antisemiten de facto freigesprochen.

Besonders eklatant sieht man das im gegenwärtigen französischen Wahlkampf, wo die antisemitische Rechte von Le Pen gemeinsam mit den Macronisten sich voll hinter den israelischen Völkermord stellend, den linken Mélenchon, der die Seite der Palästinenser verteidigt, millionenfach des „Antisemitismus“ anklagen. Das ist praktisch Regime-Position und in den Regime-Medien wird keine andere Interpretation zugelassen. Der Bogen ist völlig überspannt. Die breite Masse glaubt diese menschenverachtende Propaganda sowieso nicht mehr. Der Bogen wird brechen, und zwar bald. Man hört förmlich das Krachen und Knirschen, doch das Ereignis selbst muss sich noch Bahn brechen. Es steht noch bevor. Ein kleines Gerinnsel kann sich zum Dammbruch entwickeln.

Bis vor kurzem wäre eine Aktion wie die am Morzinplatz von als Antifas getarnten zionistischen Schlägern gestört und von der Presse mittels Rufmords vernichtet worden, ergo nicht möglich gewesen. Auch jetzt war es eine Avantgarde-Initiative. Doch sie war möglich, erfolgreich und Inspiration für mehr.

Die zionistische Attacke kam, aber diese musste sich angesichts des nach wie vor andauernden Völkermords in Gaza zurückhalten. Und diese Dämpfung ist nachhaltig.

Doch das ist nicht genug. Wir müssen in die Offensive gehen und den Antifaschismus, wie er im Mauthausen-Schwur in seiner Quintessenz dargestellt wird, wieder herstellen, manifest machen. Der Antifaschismus muss sich nicht nur auf die Seite des antiimperialistischen Kampfes stellen, sondern auch auf jene der sozialen Opposition gegen den autoritären Liberalismus in seiner rechten wie linken Spielart. Gerne wird ja diese rohe Opposition mittels des Begriffs „Populismus“ in die Nähe des Faschismus gerückt, und damit der Liberalismus verewigt.

Gegenwärtig ist das globale Symbol für den Kampf gegen das US-geführte kapitalistische System die unverbrüchliche Solidarität mit dem palästinensischen Volk gegen den vom zionistischen Kolonialismus systematisch betriebenen Völkermord.

Was Österreich betrifft, so bedeutet das den Kampf für die antifaschistische Neutralität gegen die von oben betriebene immer weitere Eingliederung in die westlichen Kriege, sei es gegen Russland, gegen die Palästinenser und  – in Vorbereitung befindlich – gegen China.

 

Verweis zum Thema: Schritt zur Rückgewinnung des Antifaschismus für das was er einmal war »

Erklärung des Duisburger Netzwerks gegen Rechts zum Verbot der Organisation „Palästina-Solidarität Duisburg“

27. Mai 2024

Warum wurde die Palästina-Solidarität Duisburg am 16.5.2024 vom NRW-Innenminister Reul verboten und was bedeutet das?

1. Die Organisation wurde verboten, weil sich ihre Mitglieder aktiv im Kampf gegen den Völkermord Israels im Gazastreifen engagiert haben.

2. Die Positionierung an der Seite des völkerrechtlich legitimen Widerstands hat dazu geführt, dass der PSDU das Recht genommen werden soll, öffentlich in Erscheinung zu treten.

3. Grundsätzlich hat sich die PSDU jedoch offensichtlich nicht von politisch-polizeilichen Repressionsmaßnahmen daran hindern lassen, gegen den israelischen Genozid an den Palästinenser:innen auf die Straße zu gehen. So wurde versucht, bis zur Verbotsverfügung, Aktivist:innen mit Strafanzeigen zu überhäufen. Einige mußten bereits eingestellt werden, und der Rest wird noch eingestellt werden, wenn sich die Gerichte weiterhin dem politisch-medialen Mainstream widersetzen sollten.

4. Ein wesentliches Charakteristikum der neuen Bewegung und der aktuellen politischen Entwicklung ist, dass mittels polizeilicher Verfügungen versucht wird, selbst gerichtliche Entscheidungen zu unterlaufen. Die neuen Polizeigesetze der Länder haben dazu geführt, dass die Entscheidungsträger der Exekutive (Polizei) sich im Alltag einfach über anders lautende Entscheidungen der Judikative (Gerichte) hinwegsetzen, auch wenn ganz sicher deren Entscheidungen im Nachhinein wieder von Gerichten kassiert werden.

5. Obwohl Südafrika Israel vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag wegen des Völkermordes an den Palästinenser:innen verklagt, und Nicaragua Deutschland wegen Beihilfe desselben vor Gericht gezogen hat, versucht der politische und mediale Apparat in Deutschland weiterhin die Verbrechen Israels zu verteidigen.
Darüberhinaus greift er jene an, die sich dem herrschendenden Narrativ von der „Selbstverteidigung“ Israels
widersetzen. Da der Angriff auf Gaza weder durch das Völkerrecht noch durch das Grundgesetz legitimiert werden kann, müssen andere Begründungen herhalten, um die anhaltende Repression gegen die palästina-solidarische Bewegung zu begründen.

6. In völliger Umkehr der Realität werden diejeniegen mit Repression überzogen, die sich für Demokratie und Gleichheit einsetzen! Der „PSDU“ wird einfach pauschal unterstellt, sie würde „antisemitische Narrative“ teilen und und Judenhass verbreiten. Eine solche Unterstellung dient einzig und allein dem Rufmord. Beweise dafür müssen keine erbracht werden und können auch keine erbracht werden, denn es gibt sie offensichtlich nicht!

Das zeigt sich im Besonderen auch in der politisch-medialen Darstellung der hundertfachen Besetzungen von Universitäten weltweit! Hier wird nicht über die Forderungen der Besetzungen berichtet, sondern versucht diese mittels eines pauschalen „Antisemitimusvorwurfs“ als antidemokratisch und rassistisch darzustellen. Seine absolute Zuspitzung ins Absurde findet es in der Parole „Free Palestine sei das neue Heil Hitler“, wie es vom Springer-Verlagschef formuliert worden ist!

Statt die berechtigten Forderungen nach Gleichheit und Demokratie zu diskutieren, wird jenen schon im Vorfeld das Recht entzogen, sich zu äußern! Wer als Antisemit abgestempelt ist, dem oder der ist jedes Recht genommen, sich überhaupt zu äußern! Das entspricht voll und ganz jenen Zeiten der Mc Carthy – Ära in den USA, wo allein der Vorwurf reichte, Kommunist zu sein, um seiner Bürgerrechte beraubt zu werden.

7. Der Widerstand geht weiter trotz der Zehntausenden von toten Palästinenser:innen durch die israelische Militärmaschinerie. Politisch und auch militärisch konnte Israel den Widerstand nicht eliminieren! Israel ist trotz der uneingeschränkten Unterstützung durch den Welthegemon USA und den imperialistischen Westen nicht in der Lage seine Ziele durchzusetzen.

8. Weltpolitisch ist Israel so isoliert wie noch nie! Das bringt den Westen unter Führung der USA zunehmend in Schwierigkeiten: Die doppelten Maßstäbe, die bei der Bewertung des Krieges in der Ukraine und des Völkermordes in Gaza angewendet werden, führen zu einer immer größeren Abkehr von zahlreichen Ländern der Erde vom bisherigen Welthegemon USA und seinen westlichen Unterstützern. Der Weltöffentlichkeit ist klar, dass es eine „regelbasierte Weltordnung“ nur für den Westen und im Interesse des Westen gibt. Der Rest der Welt und damit die absolute Mehrheit des globalen Süden ( „Dritte Welt“) wird auch in Zukunft den Gesetzen des Dschungels unterworfen sein, wenn sie nicht den Interessen des Westen folgen.

9. Der Völkermord in Gaza hat eine neue internationale und internationalistische Bewegung geschaffen, die im Kern aus 2 Forderungen bestehen: Stoppt den Völkermord in GAZA und Widerstand gegen Waffenlieferungen und Zusammenarbeit mit dem Apartheid -und Kolonialstaat Israel! Und genau hier setzt auch die Repression gegen die „Palästina-Solidarität Duisburg“ an! Die Ungleichbehandlung von Palästinenser:innen und Israelis. Wer Gleichheit und Demokratie in Palästina fordert, der stellt eine Gefahr für der bisherige enge Zusammenarbeit zwischen der BRD und Israel dar. Es würde offenbaren, wie tief die deutschen Eliten mit dem Besatzerstaat und dessen antipalästinensischer Politik verbunden sind. Wie stark sie schon an den Verbrechen der israelischen Ethnokratie verdient und wie massiv sie die Verbrechen unterstützt haben. Das müssen sie um jeden Preis verhindern, und dafür muss der Repressionsapparat und am Ende auch die Judikative umgestaltet werden! Wir werden sehen, ob ihnen diese Umwandlung gelingt oder ob sie nach geltendem Recht ihre rechtsbeugenden Maßnahmen zurück nehmen müssen!

Hoch die internationale Solidarität! Weg mit dem Verbot der Palästina-Solidarität Duisburg!
Unterstützen wir den gerechten Widerstand der Palästinenser:innen gegen Besatzung, Apartheid und Kolonialismus!

Duisburg, den 27.05.2024

Antisemitische Täter Opfer Umkehr!?

V. Igor Böhm (igor@9lab.org)

“Keine Erklärung, keine Rechtfertigung oder Entschuldigung könnte jemals den Horror [in Gaza] vertuschen(...)"


“Keine Erklärung, keine Rechtfertigung oder Entschuldigung könnte jemals den Horror [in Gaza] vertuschen. Es wäre am besten, wenn Israels Propagandamaschine es nicht einmal versuchen würde. Keine Geschichten darüber, dass „die Hamas für alles verantwortlich ist“, und keine Ausreden, die darauf hindeuten, dass sich die Hamas unter der Zivilbevölkerung versteckt. Für Horror dieses Ausmaßes gibt es keine andere Erklärung als die Existenz einer Armee und einer Regierung, denen jegliche Grenzen durch Gesetz oder Moral fehlen.” — Gideon Levy (Feb.4 2024) [1]

Dieses Zitat vom 4. Februar 2024 aus Gideon Levys Artikel erschienen im Haaretz [2], zusammen mit der Tatsache, dass meine Teilnahme an einer kleinen friedlichen Mahnwache am 24. November unter dem Titel “Frieden für Palästina” zu der die Solidarwerkstatt Linz (in Kooperation mit Pax Christi OÖ und dem KZ-Verband OÖ aufgerufen hat) von Frau Dr. Charlotte Hermann im Namen der Israelischen Kultusgemeinde Linz als “eindeutig antiisraelisch sowie antisemitisch und mit nichts zu rechtfertigen” ist, diffamiert wurde, war der Impetus einen Vortrag über Judenhass und Antisemitismus der Referentin Isolde Vogel im Pfarrhof Freistadt zu besuchen und den wissenschaftlichen Beitrag Frau Vogels zu analysieren.

Isolde Vogel, Historikerin und Antisemitismusforscherin, erläutert, dass “der israelbezogene Antisemitismus […] sich nicht auf der ideologischen Ebene von anderen Formen des Antisemitismus [unterscheidet. Er] ist eine eigene, verklausulierte Ausdrucksform mit großer Anschlussfähigkeit” [3] [4] der “quer durch alle politischen Spektren salonfähig [ist]. […] Der Nahostkonflikt dient dabei als Projektionsfläche.”Israel” oder “die Zionisten” sind darin austauschbare Paraphrasen, gemeint sind “die Juden”.” [5] “Antisemitismus kommt immer als Widerstand daher, wird als Gegenwehr verstanden, als Reaktion auf Mythen, auf angebliche Genozide, auf Staatsgrenzen oder Weltverschwörungsfantasien.” [6]

Des Weiteren erklärt Vogel, dass es “grundlegende Elemente des antisemitischen Denkens” sind, die uns die “vermeintliche Notwehr” des palästinensischen Widerstands “gegen [eine] imaginierte jüdische Übermacht” begreifbar machen. Als ein konkretes Beispiel wird die “Behauptung”Kindermörder Israel”” angeführt, die laut Vogel “an althergebrachte judenfeindliche Anschuldigungen anknüpft.” [7]

Es ist bedauerlich, dass Frau Vogel in ihrem Eifer über “die reale antisemitische Bedrohung [zu] sprechen und über die dieser zugrunde liegende Ideologie” (meine Hervorhebung) zu sinnieren vergisst, auszuführen, wie man legitim Kritik an Israel als Staat oder der zionistischen Ideologie ausüben kann, ohne dabei in die Schublade der Antisemiten geschoben zu werden. Dieses Versäumnis ist jedoch durchaus verständlich, denn Vogel definiert die Begriffe ““Israel” oder “die Zionisten” [als] austauschbare Paraphrasen [für] “die Juden””. Demnach ist nach elementaren Regeln der Logik keine legitime Kritik an Israel möglich, ohne den Stempel relativierender Antisemit aufgedrückt zu bekommen. Vogel meint paradoxerweise zwar, dass “wer Antisemitismus ernsthaft kritisieren will, dies mit universalistischem Anspruch tun [muss]” (zur Erinnerung: laut ihrer Definition von Antisemitismus fallen hierunter auch Kritik an Israel und der zionistischen Ideologie), übersieht dabei aber, dass ihre breite und universelle Definition von Antisemitismus jegliche Kritik an Antisemitismus als antisemitisch einstuft. Deswegen bleibt sie uns auch ein Beispiel legitimer antisemitischer Kritik, die im Einklang mit ihren Definitionen steht, schuldig.

Vogel hebt besonders hervor, dass “Unterkomplexes Denken und eine simplifizierende Weltsicht” junger Menschen “nicht die Lösung bringt, die sie verspricht […] und das […] automatisch auch ein Kampf gegen Antisemitismus [sei], weil dieser die grundlegendste komplexitätsreduzierende und verschwörungsmythische Ideologie ist.” [8] Leider scheint Frau Vogel ihr eigenes “Unterkomplexes Denken” und ihre eigene “simplifizierende Weltsicht” nicht aufzufallen, da sie nicht in der Lage ist zwischen der Kritik an der Ideologie des Zionismus, dem israelischen Staat, beziehungsweise der jüdischen Religion und den Juden zu unterscheiden.

Jeder, der die Gräueltaten kritisiert, die Israel nicht erst seit dem 7. Oktober, sondern bereits seit 75 Jahren an den Palästinensern verübt, wird von Vogel als Antisemit abgestempelt. Sogar prinzipientreue Kritiker der Ideologie des Zionismus [9], der “die Idee des Transfers der Araber […] als wichtigstes Mittel, um die Stabilität des „Judentums“ im geplanten jüdischen Staat sicherzustellen ansieht” [10] (meine Hervorhebung), sind laut Vogel als Antisemiten zu klassifizieren. Mit dieser Ideologie des Antisemitismus schafft Vogel ihre “eigene, verklausulierte Ausdrucksform mit großer Anschlussfähigkeit” [11] [12], die sich perfekt als Abwehr gegen jegliche Kritik an Israel eignet.

Dies entwertet die Idee des Antisemitismus bis zu dem Punkt, an dem sich die echten Antisemiten ermutigt fühlen, sich als die wahren Verkünder der Wahrheit zu präsentieren. In vielerlei Hinsicht wird Antisemitismus als Instrument zur Rechtfertigung der Expansion Israels als Zufluchtsort für Juden eingesetzt. Doch seit dem 7. Oktober wurde nur allzu deutlich, dass es sich nicht um einen sicheren Zufluchtsort handelt, denn die Unterbringung von rund 7 Millionen Palästinensern unter Besatzung und Diskriminierung hinter de facto Gefängnismauern, gewährleistet definitiv nicht die Sicherheit der israelischen Bevölkerung.

Folgender Twitter/X-thread steht exemplarisch dafür, wie die Eliten die künstliche Hysterie über einen neuen “wieder aufgefachten” Antisemitismus nutzen, um heroische Posen einzunehmen, während sie sich feigem Mobbing hingeben, um diejenigen zu denunzieren, die am wenigsten in der Lage sind, sich zu verteidigen (siehe Screenshot des Threads im .pdf des beigefügten Artikels).

Das Fantastische an der vielfach geäußerten Kritik am Zeit Magazin Artikel war, dass kaum jemand, der den Artikel als “antisemitisch, frauenverachtend, revisionistisch,…” denunzierte, diesen auch gelesen hat! [13] [14] [15] [16] [17] [18] [19] [20] Das Titelblatt war für die meisten ausreichend, um mit Vogels Worten, “grundlegende Elemente des antisemitischen Denkens” zu erkennen, die uns die “vermeintliche Notwehr” des palästinensischen Widerstands “gegen [eine] imaginierte jüdische Übermacht” begreifbar machen. [21]

Die Instrumentalisierung des Antisemitismus in dieser Form beschränkt sich leider nicht auf die bürgerliche Öffentlichkeit. Im Gegenteil. Häufig wird Antisemitismus im politischen Spektrum zynisch missbraucht, um Israel vor jeglicher Kritik am Massaker in Gaza zu schützen. Ein aktueller Tiefpunkt im deutschen Sprachraum bei der Nutzung von Antisemitismus als Waffe, um Kritik an Israel zu diskreditieren, fand bei der Berlinale 2024 statt. Nachdem der Film No Other Land von Basel Adra, Hamdan Ballal, Yuval Abraham und Rachel Szor in der Kategorie Panorama Dokumente ausgezeichnet wurde, kommentierte Yval Abraham die Situation wie folgt:

“Wir stehen jetzt vor ihnen. Ich und Basel sind gleich alt. Ich bin Israeli. Basel ist Palästinenser und in zwei Tagen werden wir in ein Land zurückkehren, in dem wir nicht gleich sind. Ich lebe unter Zivilrecht und Basel unter Militärrecht. Wir wohnen 30 Minuten voneinander entfernt, aber ich habe Stimmrecht; Basel hat kein Stimmrecht. Ich kann mich frei bewegen, wohin ich will; Basel, wie Millionen anderer Palästinenser, ist an das besetzte Westjordanland gebunden; diese Situation der Apartheid zwischen uns, diese Ungleichheit, sie muss enden.” — Yuval Abraham

Prompt wandte sich Berlins Bürgermeister Kai Wegner per Twitter/X an seine Gefolgschaft und meinte, dass “das, was […] auf der Berlinale vorgefallen ist”, hiermit bezieht er sich auf Yuval Abrahams Kommentar, “eine untragbare Relativierung [war]. In Berlin hat Antisemitismus keinen Platz, und das gilt auch für die Kunstszene” und er “erwarte [sich] von der neuen Leitung der Berlinale, sicherzustellen, dass sich solche Vorfälle nicht wiederholen.” [22] Solche Aussagen erinnern an eine schreckliche Zeit in Deutschland, in der Joseph Goebbels die Reichskulturkammer dazu nutzte, “die Juden aus dem Kulturbereich zu drängen” [23].

Diese Beispiele sind eine gute Illustration dafür, wie die von Vogel proklamierte allumfassende Definition von Antisemitismus in der Praxis umgesetzt wird. Weitaus besorgniserregender aber sind Vogels Ausführungen, in denen sie die “Behauptung”Kindermörder Israel” [an die] althergebrachte judenfeindliche Anschuldigungen anknüpft” [24] und diese somit als “vereinfachenden israelbezogenen Antisemitismus” zurückweist. Oder die Behauptung, dass “Antisemitismus […] immer […] als Reaktion auf angebliche Genozide” [25] (meine Hervorhebung) in Erscheinung tritt.

In Anbetracht der Tatsache, dass seit dem 7. Oktober 2023 “11.500 Kinder von israelischen Streitkräften” im industriellen Maßstab mit high-tech Luftwaffen “ermordet wurden” [26] (das sind fast 100 Kinder pro Tag!) und der Internationale Gerichtshof Israel angewiesen hat, alle Maßnahmen zu ergreifen, um jeglichen Völkermord in Gaza zu verhindern [27] [28], fällt es schwer Isolde Vogel nicht als glühenden Apologet der Verbrechen und der Gewalt des Staates Israel zu betrachten.

Trotzdem wird sie von den Medien und der akademischen Welt ernst genommen. [29] [30] [31] [32] [33] [34] Das verrät uns einiges über die vorherrschende intellektuelle Kultur. Was die Gründe für die Unterwürfigkeit unserer Institutionen betrifft, so sind nur wenige bereit, die Flut von Verleumdungen und Lügen [35] zu ertragen, die von Vogel, israelitischen Kultusgemeinden, der politischen Führung und anderen Apologeten für die Verbrechen ihres Lieblingsstaates verbreitet werden, denen freie Hand gelassen wird, ohne dass sie sich Sorgen um die Konsequenzen oder Gegenargumente machen müssen. Beispiele hierfür gibt es wie Sand am Meer … [36] [37] [38] [39]

(Um Unklarheiten zu vermeiden, möchte ich darauf hinweisen, dass dieser Beitrag keine persönliche Schmähung von Frau Isolde Vogel darstellt und das auch nicht meine Intention ist. Wie hoffentlich aus dem Gesamtkontext ersichtlich ist, handelt es sich um eine sachliche, mit vielen Referenzen untermauerte Kritik ihrer Aussagen mit einer deutlichen Wortwahl.)

Notes

Der Beauftragte der Deutschen Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus sieht, im Gegesatz zu Vogel, sehr wohl einen Unterschied zwischen Antisemitismus und Anti-Zionismus.

“Der Begriff”Antisemitismus” sollte […] alle Formen der Judenfeindschaft kennzeichnen.” [40]

“Antizionismus bedeutete ursprünglich die Gegnerschaft zum Zionismus als der historischen Bewegung mit dem Ziel der Errichtung eines jüdischen Staates im Nahen Osten. Nach der Gründung des Staates Israel 1948 ist Antizionismus die Bezeichnung für eine ideologische und politische Position, die vorgibt, nicht die Juden zu bekämpfen, sondern den Staat Israel und die Israelis.” [41] (meine Hervorhebung)

[1] Gideon Levy, 11,500 Children Have Been Killed in Gaza. Horror of This Scale Has No Explanation, Haaretz, Feb.4, 2024.

[2] Gideon Levy, 11,500 Children Have Been Killed in Gaza. Horror of This Scale Has No Explanation, Haaretz, Feb.4, 2024.

[3] Isolde Vogel, „Das ist Antisemitische Täter-Opfer-Umkehr“, Oct.23, 2023.

[4] Isolde Vogel, „This is antisemitic victim reversal”, Oct.23, 2023.

[5] Isolde Vogel, Wie der Terror auch im Westen verherrlicht wird, Der Standard, Oct.13, 2023.

[6] Isolde Vogel, Antisemitisch sind immer die anderen!, Kupf Zeitung, Dec.20, 2023.

[7] Isolde Vogel, Wie der Terror auch im Westen verherrlicht wird, Der Standard, Oct.13, 2023.

[8] Isolde Vogel, Wie der Terror auch im Westen verherrlicht wird, Der Standard, Oct.13, 2023.

[9] The Role of Zionism in the Arab-Israeli Konflikt, Wikipedia, retrieved Feb.15, 2024.

[10] Benny Morris, Righteous Victims: A History of the Zionist-Arab Conflict, Vintage; Reprint edition, Aug.1, 2001.

[11] Isolde Vogel, „Das ist Antisemitische Täter-Opfer-Umkehr“, Oct.23, 2023.

[12] Isolde Vogel, „This is antisemitic victim reversal”, Oct.23, 2023.

[13] https://twitter.com/justdana1818/status/1760706360797217121, retrieved Feb.27, 2024.

[14] https://twitter.com/ZaraRiffler/status/1760614736050131170, retrieved Feb.27, 2024.

[15] https://twitter.com/JulesWarDa/status/1760631220009160847, retrieved Feb.27, 2024.

[16] https://twitter.com/AhmadMansour__/status/1760670154835513679, retrieved Feb.27, 2024.

[17] https://twitter.com/ChannaRubin/status/1760604269344956696, retrieved Feb.27, 2024.

[18] https://twitter.com/Regendelfin/status/1760727903808147808, retrieved Feb.27, 2024.

[19] https://twitter.com/laStaempfli/status/1760624780816904416, retrieved Feb.27, 2024.

[20] https://twitter.com/AStaroselski/status/1760627030822183234, retrieved Feb.27, 2024.

[21] Isolde Vogel, Wie der Terror auch im Westen verherrlicht wird, Der Standard, Oct.13, 2023.

[22] https://twitter.com/kaiwegner/status/1761777006528676251, retrieved Feb.27, 2024.

[23] Wikipedia entry for Joseph Göbbels, retrieved Feb.27, 2024.

[24] Isolde Vogel, Wie der Terror auch im Westen verherrlicht wird, Der Standard, Oct.13, 2023.

[25] Isolde Vogel, Antisemitisch sind immer die anderen!, Kupf Zeitung, Dec.20, 2023.

[26] Gideon Levy, 11,500 Children Have Been Killed in Gaza. Horror of This Scale Has No Explanation, Haaretz, Feb.4, 2024.

[27] Bill Burke, Explaining the International Court of Justice’s Ruling on Israel and Gaza, Feb.8, 2024.

[28] International Court of Justice (ICJ) Legal Consequences arising from the Policies and Practices of Israel in the Occupied Palestinian Territory, including East Jerusalem.

[29] Isolde Vogel, „Das ist Antisemitische Täter-Opfer-Umkehr“, Oct.23, 2023.

[30] Isolde Vogel, Wie der Terror auch im Westen verherrlicht wird, Der Standard, Oct.13, 2023.

[31] Isolde Vogel, Links, rechts, muslimisch vereint, ORF, Nov.3, 2024.

[32] Isolde Vogel, Antisemitisch sind immer die anderen!, Kupf Zeitung, Dec.20, 2023.

[33] Isolde Vogel,Antisemitismus in Österreich: Zwischen völkischem Denken und christlichsozialer Politik, Magazin für Antifaschistische Gedankenkultur, Issue 5, 2024.

[34] Radio Ö1 im Gespräch mit Isolde Vogel im Gespräch zur Unsicherheit unter jüdischen Studierenden., Feb.21, 2024.

[35] Igor Böhm, Atrocity Propaganda and Nefarious Bloodbaths, ZNetwork, Dec.7, 2024.

[36] Igor Böhm, Manufacturing Hasbara – Cataclysm in Gaza, ZNetwork, Oct.12, 2023.

[37] Igor Böhm, Deconstructing Hasbara, ZNetwork, Nov.8, 2023.

[38] Igor Böhm, Atrocity Propaganda and Nefarious Bloodbaths, ZNetwork, Dec.7, 2024.

[39] Igor Böhm, Wer fürchtet sich vor Solidarität?, Oct.19, 2023.

[40] Was ist Antisemitismus, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, retrieved Feb.29, 2024.

[41] Was ist Antisemitismus, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, retrieved Feb.29, 2024.

Willkommen in der Kriegswirtschaft

V. Igor Böhm (igor@9lab.org)

Österreichs Bundesheer soll “kriegsfähig” werden


“Über die Dekaden [hat man sich in Europa] an friedliche Konfliktlösungen gewohnt”. Da Österreich aber nicht vor “möglichen Gefahren im Osten und Südosten” gefeit ist und an der “Strukturierung der ‘neuen Weltordnung’ […] mitgestalten [möchte]”, muss die Armee sich “um 180 Grad drehen” damit “das Bundesheer wieder kriegsfähig [wird]”, warnt Brigadier Peter Vorhofer. [1] Weiters konkretisiert Vorhofer die drohenden Gefahren als “Spionage, Subversion, Ausspähung und Einflussnahme von außen”, welche “das demokratische Modell westlichen Zuschnitts” unter Druck bringen. [2]

Das “demokratische Modell westlichen Zuschnitts” ist eine hervorragende orwellsche Redewendung um Europas imperialistische Ambitionen [3] [4] zu beschreiben, bei denen Österreich als verlässlicher Partner selbstverständlich mitwirken möchte. Es versteht sich von selbst, dass mit “Einflussnahme von außen” nicht etwa Victoria Nuland, ehemals stellvertretende US-Außenministerin für europäische und eurasische Angelegenheiten, die wenige Wochen vor dem Sturz des ukrainischen Präsidenten Janukowitsch in einem abgehörten Telefonat mit dem amerikanischen Botschafter in Kiew, Zuwendungen in Höhe von €4,5 Milliarden an die Ukraine und einen Regimewechsel beabsichtigte, gemeint ist. [5] Der Beitrag des britischen Premierministers Boris Johnson zum Scheitern der Friedensverhandlungen von Istanbul zwischen Russland und der Ukraine [6] fällt in Vorhofers Auslegung folgerichtig auch nicht in die Kategorie der “Einflussnahme von außen”. Laut gängiger Doktrin ist demnach die “Einflussnahme von außen” ein Verbrechen, das ausschließlich offiziellen Feinden, beispielsweise Russland, angelastet werden kann.

Als Bürger im ‘neutralen’ Österreich mag man Vorhofers durchaus ehrliche Auslegungen zur Militarisierung und “Kriegsfähigkeit” Österreichs als etwas zu vulgär und grotesk empfinden. Für diesen Fall bietet Bundeskanzler Nehammer die geeignete Orientierungshilfe und kommentiert den Beschluss zur österreichischen Aufrüstung durch die Regierung als “[einen guten] Tag für die Sicherheit Österreichs”. [7] Im Gegensatz zu Vorhofer versteht Nehammer nämlich, dass die Österreicher durch Kriegsrhetorik eher abgeschreckt werden, dieses Problem aber durch die richtige Wortwahl – “Sicherheit” anstelle von “Kriegsfähigkeit” – leicht zu umgehen ist, denn “eine wehrhafte Demokratie bedingt [nicht nur] ein verlässliches Bundesheer”, sondern auch die Zustimmung der Bevölkerung, die ja schließlich die Milliarden an zusätzlichen Militärausgaben in Form von neuen Sparmaßnahmen zu stemmen hat. Selbstverständlich ist dies “im Einklang mit unserer Neutralität”, versichert Nehammer eindrücklich im Rahmen einer Pressekonferenz um die äußerliche Wahrung der Legalität hervorzuheben. [8] Die “wehrhafte Demokratie” ist ein weiteres orwellsches Instrument und reaktiviert ein Konzept, das gleichfalls von einer gefestigten, demokratischen Mitte ausgeht, die es laut Nehammer zu schützen gelte. Die fundierten ‘Mitte’- und ‘Autoritarismus’-Studien, die auf den ”Extremismus der Mitte“ hingewiesen haben, scheinen unbekannt. [9]

Für diejenigen, die durch das Konzept der “wehrhaften Demokratie” noch immer nicht von der Notwendigkeit €16 Milliarden an Steuergeld für den “Aufbauplan Bundesheer” zu investieren [10] überzeugt sind, hebt Verteidigungsministerin Klaudia Tanner ökonomische Aspekte hervor, indem sie “die Beschaffung von zusätzlichen 225 ‘Pandur Evolution’ [Radpanzern] in unterschiedlichen Varianten” als “größte Beschaffung seit 20 Jahren bei den Landstreitkräften des Österreichischen Bundesheeres” [11] mit einem Investitionsvolumen von €1,8 Milliarden lobt. Damit soll nicht nur in die Sicherheit, sondern auch in den Wirtschaftsstandort Österreich investiert werden, denn gerade die ‘Pandur’-Produktion, bei der die Wertschöpfung bei etwa 70 % liegt, schafft und sichert österreichische Arbeitsplätze. [12]

Tanners Ansatz diese Verteidigungsausgaben als Investition in den Wirtschaftsstandort Österreich zu bezeichnen ist jedoch irreführend, denn hergestellt wird der Pandur Evo von General Dynamics European Land Systems (GDELS) Steyr GmbH, einem Tochterunternehmen des weltweit 5. größten US-Rüstungskonzerns General Dynamics. Somit müsste Tanner diese Ausgaben korrekterweise als österreichischen Beitrag zum US-Wirtschaftsstandort ausweisen, da alle Profite daraus dorthin fließen. “Auch die US-Armee beschaffte im Jahr 2022 eine nicht näher benannte Anzahl von Pandur Evo im Rahmen eines 55,85 Millionen Dollar schweren Auftrags” [13] und hat somit in bewährter Weise Steuergeld aus öffentlicher Hand über das astronomisch hohe US-Verteidigungsbudget [14] [15] in die private Hand von US-Rüstungskonzernen über Österreich als Umschlagplatz geleitet.

Es lohnt auch darauf hinzuweisen, dass das erklärte Ziel des “Aufbauplan Bundesheer”, die Anhebung des jährlichen Militärbudgets bis 2027 auf 1,5 % des BIP ist [16]. Dies entspricht einer Verdoppelung im Vergleich zu 2022. Damit plant Österreich seine Verteidigungsausgaben auf ein Niveau anzuheben, welches dem Anteil entspricht, dem fast die Hälfte aller aktuellen NATO-Mitgliedsstaaten ausgeben. [17] Eine Tatsache, die zu diesem Zeitpunkt besser nicht erwähnt wird, da die Mehrheit der Österreicher noch gegen einen NATO Beitritt ist. [18] Sollte sich dieser Umstand jedoch begünstigt durch die zunehmend martialisch werdende Kriegsrhetorik [19] [20] [21] [22] [23] bis 2027 ändern, sollten alle Voraussetzungen für einen NATO Beitritt Österreichs erfüllt sein. Man kann der Regierung bei der Planung des Militärbudgets also keinen Mangel an Weitsichtigkeit vorwerfen, sondern nur bedauernswerterweise Feststellen dass viele andere Bereiche [24] [25] [26] [27] im Budgetplan diesen Grad an Weitsicht nicht aufweisen.

Während zum Zeitpunkt der Regierungsbeschlüsse viele Aspekte zum “Aufbauplan” – sprich Aufrüstung – des Bundesheeres noch relativ Abstrakt erschienen, ist die Wirkung dieser Maßnahmen mittlerweile durchaus bei den Bürgern angekommen. FPÖ Oberösterreich Sicherheitssprecher Michael Gruber begrüßt die Tatsache, dass die Kaserne Freistadt und nicht wie geplant Hörsching zum neuen Fliegerabwehr-Stützpunkt werden soll und betont, dass “mit dieser Entscheidung [der] Mühlviertler Bundesheer-Standort gesichert” ist. [28] Im Einklang mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner hebt Oberösterreichs Militärkommandant Dieter Muhr die wirtschaftlichen Aspekte dieser Entscheidung hervor, denn “es werde geeignete Werkstätten, Hallen, Garagen und Flugdächer brauchen“ um die Kaserne Freistadt zu adaptieren. Auch in den Garnisonsübungsplatz Geyerhof in St. Peter müsse investiert werden. [29] Ob die Anrainer des Übungsplatzes genauso enthusiastich über diesen Ausbau und die damit einhergehende Lärmbelästigung durch eine erhöhte Frequenz von Militärübungen erfreut sind ist zweifelhalt. Durch diese Wendung sind somit nun auch die letzten Sorgen rund um eine mögliche Schließung der Kaserne Freistadt die seit 2014 wie ein Damoklesschwert über dem Standort hängen vom Tisch. [30] [31] [32] [33] [34]

Es sind aber nicht nur die wirtschaftlichen Vorteile die Muhr am Herzen liegen, sondern die Tatsache dass die Kaserne Freistadt ab jetzt ein neues Alleinstellungsmerkmal vorweisen kann, nämlich neun der neuen „Pandur EVO“-Radpanzer mit dem Luftabwehrsystem „Skyranger“, [35] dessen Kosten bei acht Millionen Euro pro Stück liegen. Dies „bedeutet […] eine immense Aufwertung [für die Kaserne]“ denn “immerhin handle es sich um hochmoderne und spezifische Ausrüstung” die nicht nur Schutz für die 4. Panzergrenadierbrigade vor Bedrohungen aus der Luft bietet, sondern Laut Muhr auch dafür geeignet ist die Bevölkerung vor Drohnenangriffen zu schützen. [36] Ob die Freistädter solchen Investitionen genauso aufgeschlossen gegenüberstehen ist angesichts der Tatsache, dass das Freistädter Budget 2024 äußerst besorgniserregend war und “die schwarze null” nur durch Sparmaßnahmen erreicht werden konnte fraglich. [37] Es bleibt folglich auch spannend, ob Eltern, deren Kinder aus Platz- und Geldmangel in Containern [38] [39] [40] betreut werden müssen, Millioneninvestitionen in neue „Pandur EVO“-Radpanzer bestückt mit “Skyranger” Luftabwehrtürmen gegenüber verbesserten Unterrichtsbedingungen bevorzugen.

Insbesondere der Apell an den erhöhten Schutzfaktor wird in der Regel von jeglicher Diskussion ausgeklammert und somit vorausgesetzt. Nur ein flüchtiger Blick auf die jüngere Geschichte verrät sogleich, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Der am 28. Mai 1972 abgeschlossene ABM-Vertrag [41] über die Begrenzung von antiballistischen Raketenabwehrsystemen sollte als Mahnmal gegen solche “defensiven” Aufrüstungsfantasien unter dem Deckmantel der Sicherheit dienen. Dieser Vertrag hat das Ende einer Periode der Aufrüstung von Defensivwaffen zwischen den USA und der Sowjetunion eingeleitet, nachdem beide Großmächte einsehen mussten, dass eine Steigerung der Verteidigungsfähigkeiten genau das Gegenteil von Sicherheit bewirkt. Aktuelle Ereignisse im Nahen Osten sind lediglich ein weiterer Beweis für die Tatsache dass Luftabwehrsysteme keinen verlässlichen Schutz bieten. Als Reaktion auf den israelischen Angriff gegen die iranische Botschaft in Damaskus [42] feuerte der Iran Dutzende ballistische Raketen ab. Die meisten wurden vom israelischen Raketenabwehrsystem Arrow und amerikanischen Lenkwaffenzerstörern abgefangen. “Dennoch sagte ein hochrangiger amerikanischer Beamter gegenüber ABC, dass neun ballistische Raketen das israelische Luftabwehrsystem durchquert hätten und mindestens vier auf dem Stützpunkt Nevatim[, der durch das fortschrittlichste integrierte Raketenabwehrsystem zum am besten verteidigten Gebiet der Welt gehört,] gelandet seien.” [43] [44] Zu guter letzt muss festgehalten werden dass Luftverteidigungssysteme nicht nur nicht die Sicherheit verbessern, sie machen auch die Orte, die sie verteidigen sollten, zu legitimen Zielen.

Bedauerlicherweise ist die Ansicht, dass Österreich ein Ort “lebendiger Diplomatie” sein soll im aktuellen politischen Spektrum stark Unterrepräsentiert bis zu nicht existent. Die Ansicht, dass Österreich eine “wehrhafte Demokratie” sein muß ist im Kontrast dazu zu einem Fraktionsübergreifendem Bekenntnis zur Verbesserung der Wehrfähigkeit Österreichs geworden. Folglich sind alle Parteien im Parlament für eine massive Aufrüstung der Österreichischen Landesverteidigung und die einzige in der Diskussion hierzu zulässige Kritik ist, dass Österreich bei weitem nicht genug für diese Zwecke ausgibt. In diesem Sinne rügt FPÖ-Wehrsprecher Volker Reifenberger die “Euphorie” der Koalition, wenn er anmerkt, dass “die NATO […] ihren Mitgliedsstaaten einen Zielwert von 2 % vorgibt und ein neutraler Staat wie Österreich, der sich nicht auf ein Militärbündnis stützen könne, […] dementsprechend noch mehr investieren [müsse].” [45] Folglich haben laut Umfragen [46] die Hälfte der österreichischen Bürger somit keine Partei zur Auswahl, die gegen eine Aufrüstung der Landesverteidigung ist.

“Man kann in der gegenwärtigen Situation zwei Verläufe erkennen: Der eine strebt nach [Aufrüstung] und handelt rational innerhalb eines wahnsinnigen doktrinären Rahmens, der das Überleben bedroht; der andere widmet sich dem Glauben, dass „eine andere Welt möglich ist“ und fordert das herrschende ideologische System heraus und versucht, konstruktive Alternativen im Denken, Handeln und in den Institutionen zu schaffen. Was zählt, ist, ob wir uns aus dem Albtraum der [Aufrüstung] erwecken können, bevor er alles verschlingt, und der Welt ein Maß an Frieden, Gerechtigkeit und Hoffnung bringen können, das gerade jetzt in der Reichweite unserer Möglichkeiten und unseres Willens liegt.” [47]

References

[1] Martin Tschiderer, Das Bundesheer soll “kriegsfähig” werden, Der Standard, Jan.29, 2024.

[2] Martin Tschiderer, Das Bundesheer soll “kriegsfähig” werden, Der Standard, Jan.29, 2024.

[3] Fraser Cameron and Shada Islam, History matters for the EU’s geopolitical ambitions, European Policy Centre, Jul.15, 2021.

[4] John Kay, Imperial ambitions have pushed Europe to its limits, The Irish Times, Jul.15, 2015.

[5] Alice Bota and Kerstin Kohlenberg, Did Uncle Sam buy off the Maidan?, Die Zeit, Nr.19, Mai 17, 2015.

[6] Emma Ashford, Did Boris Johnson really sabotage peace talks between Russia and Ukraine? The reality is more complicated, The Guardian, Apr.22, 2024.

[7] Bundesheer beschafft 225 neue Radpanzer, Oesterreichisches Bundesheer, Feb.19, 2024.

[8] Bundesheer beschafft 225 neue Radpanzer, Oesterreichisches Bundesheer, Feb.19, 2024.

[9] Reihe „Wehrhafte Demokratie“, „Extremismus-Doktrin“ und Feinde der Demokratie, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Nov.8, 2021.

[10] Mehr Budget fürs Bundesheer, Bundesministerium Landesverteidigung, Oct.16, 2022.

[11] Bundesheer beschafft 225 neue Radpanzer, Oesterreichisches Bundesheer, Feb.19, 2024.

[12] Bundesheer beschafft 225 neue Radpanzer, Oesterreichisches Bundesheer, Feb.19, 2024.

[13] Peter Zellinger, Pandur-Radpanzer: Rennmaschine und Arbeitspferd des Heeres aus Simmering, Der Standard, Feb.13, 2024.

[14] Connor O’Brien and Joe Gould,What spending caps? Senators open to boosting the Pentagon’s budget, Politico, Apr.26, 2024.

[15] Farhad Manjoo,We Must Stop Showering the Military With Money, The New York Times, Jan.13, 2022.

[16] Mehr Budget fürs Bundesheer, Bundesministerium Landesverteidigung, Oct.16, 2022.

[17] Defence Expenditure of NATO Countries (2014-2022)term, Public Diplomacy Division Press Release, Jun.27, 2022.

[18] Ist es für die Sicherheit Österreichs besser, Neutralität zu bewahren oder der NATO beizutreten?, Umfrage zur Verteidigungspolitik, Feb, 2024.

[19] Neos: Offen für NATO-Beitritt Österreichst, OÖ Nachrichten, Jul.8, 2022.

[20] Neos plakatieren Putin, Kleine Zeitung, Apr.20, 2024.

[21] Wie die Grünen das Bundesheer aufrüsten wollen, Kurier, Mar.28, 2022.

[22] Regierungserklärung zu Ukraine-Konflikt: Österreich muss Stimme für die Opfer sein, Parlamentskorrespondenz Nr.238, Mar.8, 2022.

[23] WARNT VOR „ORBANISTAN“ – „Putin-Brüder“: Kogler attackiert Kickl und FPÖ, Kronen Zeitung, Feb.18, 2024.

[24] KDZ: 4,5 Milliarden für Kindergärten reichen nicht, ORF News, Dez.24, 2023.

[25] Österreich bei Kinderbetreuung weiter säumig, Der Standard, Jun.15, 2023.

[26] Armut in Österreich: „Erschreckend hoher Wert für eines der reichsten Länder Europas“, Die Presse, Oct.16, 2023.

[27] Anika Dang and Natascha Ickert,Die Baustellen der sozialen Arbeit: “Man muss wissen, worauf man sich einlässt”, Der Standard, Nov.8, 2023.

[28] Kaserne Freistadt soll neuer Fliegerabwehr-Stützpunkt werden, Tips Freistadt, Apr.16, 2024.

[29] Kaserne Freistadt soll neuer Fliegerabwehr-Stützpunkt werden, Tips Freistadt, Apr.16, 2024.

[30] Christoph Weiermair, Tilly-Kaserne sperrt zu: Wut und schon neue Pläne in Freistadt, Kurier, Mar.10, 2014.

[31] Eike-Clemens Kullmann, Heer stoppt Schließungsplan für Tilly-Kaserne Freistadt, OOE Nachrichten, Mar.3, 2016.

[32] Bundesheer-Reform: Tilly-Kaserne in Freistadt scheint gesichert, Meinbezirk.at, Jun,26, 2020.

[33] Freistädter Politik steht geschlossen hinter ihrer Kaserne, Tips Freistadt, Aug.17, 2020.

[34] Mehr Budget fürs Bundesheer, Bundesministerium Landesverteidigung, Oct.16, 2022.

[35] Market breakthrough in Austria: Rheinmetall supplying Skyranger air defence system on Pandur wheeled armoured vehicle – Armada International, Armada International, Mar.5, 2024.

[36] Kaserne Freistadt bekommt Fliegerabwehr, ORF OOE, Apr.16, 2024.

[37] Roland Wolf, Finanzen: Freistadt schafft doch noch die schwarze Null, Mein Bezirk, Mar.19, 2024.

[38] Roland Wolf, Kindergarten in Freistadt: Provisorischer Container steht noch immer leer, Mein Bezirk, Oct.14, 2022.

[39] Roland Wolf, Kindergarten in Freistadt: Keine Einwände gegen Container in der Bahnhofstraße, Mein Bezirk, Oct.28, 2022.

[40] Ganz Tags Schule der Volksschule 2 in Freistadt findet im Container statt, VS2 Freistadt Ganztagsschule, retrieved May.1, 2024.

[41] ABM-Vertrag über die Begrenzung von antiballistischen Raketenabwehrsystemen, Wikipedia, retrieved May.1, 2024.

[42] Amanda Taub, Israel bombed an Iranian Embassy complex. Is that allowed?, The New York Times, Apr.2, 2024.

[43] Avi Scharf, Satellite Image Shows Damage From Iranian Ballistic Missile Strike on Israeli Air Base, Haaretz, Apr.18, 2024.

[44] Nataliya Vasilyeva, Israel admits Iranian ballistic missiles struck two military bases, Telegrahp, Apr.15, 2024.

[45] Fraktionsübergreifendes Bekenntnis zur Verbesserung der Wehrfähigkeit Österreichs, Parlamentskorrespondenz Nr.1244, Nov.23, 2023.

[46] Umfrage: 61 Prozent wollen ein Bundesheer, das Angriffe abwehren kann, Kurier, Mar.16, 2022.

[47] Wolfgang Sperlich, Noam Chomsky, Reaktion Books, p.119, 2006.

Hegemonie II.

11. Mai 2024
V. Albert F. Reiterer

Die Scuola di Barbiana: Inklusion oder hegemoniale Indoktrination – eine Illusion der Emanzipation


Im Intelligenzblatt „heute“ erscheint wöchentlich, montags, eine Seite, gestaltet von einem ehemaligen Schuldirektor. Da lässt sich dieser in einer Mischung aus lehrerhaftem Dünkel und leichter Kritik am Schulsystem über irgendwelche Vorkommnisse aus dem Schulleben aus, welche ihm zu Ohren gekommen sind. Und er benotet sie. Das ist über­haupt ein Lieblings-Stilmittel von Journalisten: Noten geben! Sie sind sich gar nicht bewusst, wie kindisch sie da werden. Aber es ist interessant, wie doch offenbar viele Leute auf eines der fragwürdigsten und verhasstesten Vorgehen der Schul-Erfahrung einsteigen. Das wäre als solches schon ein Element aus den Hegemonie-Prozessen, welches wir untersuchen sollten.

1967 erschien in Florenz ein dünnes und sehr bescheiden gestaltetes Buch: La scuola di Barbiana – Lettera a una professoressa. Es war eine vernichtende Kritik des Bildungs­systems, und nicht nur des italienischen. Es wurde schnell zu einem einflussreichen Buch in der aufflammenden Studenten-Bewegung und in der gesellschaftlichen Rebellion, wel­che diese dort zum Ausbruch brachte. Da schrieben Schüler, die aus dem Bildungssystem hinausgedrängt wurden oder werden sollten, Kinder von Kleinbauern und prekären Prole­tariern. Sie haben sich ihre eigene Schule organisiert, in Barbiana, Toscana. Dabei konn­ten sie auf einen Pfarrer zählen, der sie unterstützte und ermutigte. Das hat aber auch den inhaltlichen Charakter bestimmt.

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Scuola di Barbiana (1974 [1967]), Lettera a una professoressa. Firenze: Libreria editrice fiorentina.

“Die Sekretariate der Parteien auf allen Ebenen sind fest in der Hand von Akademikern. In diesem Punkt unterscheiden sich die Massenparteien nicht von den anderen. Die Arbeiterparteien verschmähen keineswegs die Söhne reicher Herkunft; und die Söhne reicher Herkunft verschmähen die Arbeiterparteien nicht. Handelt es sich doch um Leitungsposten. Und dann wirkt es fein, ‚auf Seiten der Armen’ zu stehen. D. h.: ‚auf Seiten der Armen’ soll heißen ‚Führer der Armen’. … Jene, welche von den alten Verhältnissen profitierten, gestalten die neuen Verhältnisse. … Im Parlament bilden die Akademiker 77 % der Abgeordneten. Sie sollten die Wähler vertreten. Aber unter den Wählern machen die Akademiker 1,8 % aus. Über all diesen Parteien steht eine Super-Partei: die Italienische Akademikerpartei.“

[“Le segreterie dei partitit a tutti i livelli sono saldamente in mano ai laureati. I partiti di massa non si differenziano dagli altri su questo punto. I partiti dei lavoratori non arricciano il naso davanti ai figli di papà. E i figli di papà non arricciano il naso davanti ai partiti dei lavoratori. Purchè si tratti di posti direttivi. Anzi è fine essere ‘coi poveri’. Cioè ‚coi poveri’ volevo dire ‚a capo die poveri’.“ (75 ssg.) “In conclusione vanno a far leggi nuove quelli a cui vanno bene le leggi vecchie. … Alle camere i laureati sono il 77 %. Dovrebbero rappresentare gli elettori. Ma gli elettori laureati sono l’1,8 %. … C’è un partito più grosso dei partito: il Partito Italiano Laureati.” (77)] – i figli di papà, “Pierino”, sind die polemischen Ausdrücke für die italienische jeunesse dorée in dieser Schrift.

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Die „Scuola di Barbiana“ war ein katholischer Maoismus. „Servire al popolo“, „Dem Volke Dienen“, hieß eine der vielen Gruppen der 1970er. Don Milano, der Pfarrer, hat seinen Schützlingen – bei aller Hochachtung, die man vor ihm persönlich aufbringen kann – auch einige höchst fragwürdige Ideen mitgegeben: Da will er z. B. die Lehrerin­nen / Lehrer am liebsten zölibatär leben lassen…

Das Buch leidet an einem ganz fundamentalen Widerspruch. Die Buben der Kleinbauern und prekären Arbeiter aus der Umgebung fordern eine bessere Schule und angemessene Bildung für alle. Die gute Schule wird für sie manchmal direkt zum Ideal ihres jungen Lebens. Die sozialen Strukturen, die ganze Basis der Gesellschaft, kommt dann zwar, aber, man hat den Eindruck, nicht als die eigentlichen Ursachen ihrer Misere, eher als Draufgabe. Und wenn sie ihre professoressa für die Misere verantwortlich machen, so ist dies verständlich, aber ganz wesentlich zu kurz gegriffen. Die Buben, und vermutlich der Pfarrer im Hintergrund, lassen einen geradezu wütenden Anti-Intellektualismus erkennen. Als Intellektuelle stehen für sie die Lehrer und die Professoren der mittleren Schulen. Sie greifen mit Ingrimm die herrschende Pädagogik und die Inhalte an. Aber diese „Wissen­schaftsskepsis“ (© Polaschek) paart sich bei ihnen mit einer wirklichen Naivität: Immer wieder verlangen sie nach der (Ideal-) Schule.

Was die Idealschule aber für die Eliten und ihre Zöglinge wirklich sein soll, zeigt eine der Absurditäten der österreichischen Bildungsreform: die vorwissenschaftliche Arbeit. Die Schüler sollen sich möglichst schon vor der Matura an die Formalitäten und oft Unsinnigkeiten des akademischen Lebens gewöhnen, insbesondere an das „Zitieren“ als ein Kern akademischer Intellektualität.

Die „Schülerschule“, das war der Titel der deutschen Übersetzung, war ein lebendig ge­wordener Widerspruch. Jede Befreiungs-Bewegung sieht sich ihm gegenüber. Intellektu­elle sind eine privilegierte Gruppe. Diese Kaste hat ihre eigene Identität und vor allem auch ihre eigenen Interessen. Dem stehen die Identität und die Interessen des „Volks“ oft diametral gegenüber. Aber gleichzeitig gab es fast immer einige wenige Intellektuelle, die anders dachten und anders handelten. Sie machten sich zu den Sprechern der Unter­drückten und Ausgebeuteten. Sie entwickelten ein Gegenprojekt. Sie wandten sich von ihrer Kaste ab. „Die Leute meiner Klasse gefielen mir nicht“, schrieb Bert Brecht.

Es waren die Thomas Müntzer, die den Aufständischen Bauern 1525 voraus gingen. Es waren die Digger und Leveller, die 100 Jahre später in England festhielten: Die Früchte der Erde gehören allen und die Erde gehört niemandem. Es waren Marx und Lenin, welche die Arbeiter und Bauern dazu aufriefen, eine neue Gesellschaft zu bauen. Sie alle waren Intellektuelle. Sie waren die Ausnahme ihrer Kaste. Sie gaben den spontanen und damit von vorneherein erfolglosen Rebellionen ein Ziel und eine Zukunft. Sie organisier­ten die Menschen.

Aber…

Aus ihrer Haut heraus gestiegen sind sie nicht. Thomas Müntzer blieb Theologe und wunderte sich noch unter der Folter, warum ihm sein Gott nicht zur Hilfe kam. Die Digger und Leveller zogen nach Nordamerika. Dort wollten sie ihr neues Jerusalem auf­richten und vertrieben die störenden Ureinwohner. Marx, Engels und Lenin aber sahen sich nach einer Gefolgschaft um. Mit Hilfe der neuen Klasse wollten sie die von ihnen entworfene neue Gesellschaft konstruieren, als deren Führer. Auf Weitling, einem Sprecher der alten Arbeiter-Bewegung, der aus ihr selbst heraus kam, sah Marx herab. Und Lenin hat Marx und vor allem Engels als unfehlbaren Propheten aufgebaut und hat in seinem Namen, und nicht mehr im konkreten Auftrag der Unterschichten, der Mehrheit der Bevölkerung, den neuen Staat errichtet. Das Proletariat war zu einer abstrakten Ein­heit geworden, zu einem Schema. Die reale Arbeiterklasse mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen des Alltags haben sie oft genug aus den Augen verloren.

Auch die Intellektuellen der Emanzipation wollten schließlich ihre Herrschaft errichten. Bildung macht frei – das haben die Sozialdemokraten hoch gehalten. Noch Kreisky hat den Spruch beim Begräbnis von Franz Jonas angebracht. Aber welche Bildung war das? Franz Jonas war zum höchsten Repräsentant des politischen Herrschaftssystems in Österreich geworden.

Wir stehen vor einer fundamentalen Dialektik revolutionärer und emanzipativer Politik. Was die Buben von Barbiana einfordern, ist Inklusion in die gegebene Gesellschaft. Ist das nicht höchst berechtigt? Aber vergessen wir nicht: Diese Inklusion wurde und wird in der gesellschaftlichen Praxis sofort auch zum „Aufstieg“, d. h.: zur Stabilisierung des gegebenen Systems und der Integration in sie. Das war die Ambivalenz der erfolgreichen Arbeiter-Bewegung. Gewollt war es in der Sozialdemokratie, siehe vorhin Jonas: Die Aufsteiger, die Präsidenten und Präsidentinnen der Gewerkschaften und der Arbeiter­kammern, die Partei-Vorsitzenden hatten schließlich gar nichts mehr mit den von ihnen Vertretenen zu tun. Aber ungewollt war es auch das Schicksal jene revolutionärer Führer, die nach der Machtergreifung so von ihrer eigenen Rolle überzeugt waren, dass sie sich nicht mehr kontrollieren lassen wollten. Rosa Luxemburg hat dies zwar kritisiert, aber höchst abstrakt. Der faschistische Theoretiker Robert Michels, ehemaliger „Linker“ in der deutschen Sozialdemokratie, hat es dann zum „Naturgesetz der Elitenzirkulation“ gemacht: Die Melodie wechselt, aber der Dirigent bleibt.

Dürfen und sollten wir uns nicht mehr auf Marx berufen? Damit wären wir undialektisch, undialektischer als die Buben von Barbiana. Wir müssen antiintellektualistisch sein, gegen Intellektuelle als privilegierte und herrschende (bürokratische) Klasse. Aber nicht antiintellektuell. Jede Befreiungs-Bewegung braucht Intellektuelle – aber nicht die Intellektuellen. Wenn wir uns auf Marx beziehen, erinnern wir an einen Gegen-Intellek­tuellen, der für die Herrschenden zum Gottseibeiuns geworden ist. Allein deswegen lohnt es sich, an ihn zu erinnern.

Es wird offenbar Zeit, dass wir uns damit auseinandersetzen, was Hegemonie tatsächlich ist, und was darunter die Theoretiker und Praktiker der Arbeiterbewegung verstanden. Das kann ein bisschen scholastisch werden, Aber wir kommen nicht ganz drum herum.

Verweis zum Thema: Hegemonie I »

Mauthausen-Gedenkfeier

Mauthausen-Gedenkfeier: Erinnern im Sinne der Herrschenden


10. Mai 2024
Oskar Hummel

Wenig überraschend wurde auch dieses Jahr, anlässlich des 79. Gedenkens an die Befreiung vom Faschismus versucht, die Erinnerung an die faschistischen Verbrechen für die Kriegs- und Völkermordagenda der Herrschenden zu missbrauchen.


Denkmal in MauthausenBei der Befreiungsfeier in Mauthausen wurden bereits zum dritten Mal in Folge die Delegationen Russlands und Weißrusslands ausgeladen. Andererseits wurde eine Palästina Fahne, die an der Spitze des Einmarsches in Mauthausen im Block der Partei der Arbeit Österreichs und des KZ-Verband Oberösterreichs (!) mitgeführt wurde, skandalisiert.

In der bürgerlichen Hetzpresse wurden große Worte über den angeblichen „linken Antisemitismus“ geschwungen; natürlich von denen, die anders als die Träger der Fahne, die im Sinne des im Mauthausen Schwur beschriebenen Kampf gegen den Imperialismus handeln, nur dann „Antifaschisten“ werden, wenn es zur Legitimierung der Schandtaten des NATO-Westens herhalten kann.

Dass die über 20 Millionen Sowjetbürger, die durch Krieg und Faschismus ihr Leben verloren und damit die mit Abstand größte Opfergruppe darstellen, in einem beispiellosen Geschichtsrevisionismus unter den Tisch gekehrt werden und die Rechtsnachfolgerin der Sowjet Union, die Russische Föderation, ausgeladen wird, ist symptomatisch für den verdrehten Antifaschismus links- und rechtsliberaler Regimekräfte, samt ihres antinationalen Anhangs.

Egal ob bei der Bombardierung Jugoslawiens durch die NATO, der Unterstützung und Militarisierung der Ukraine und der Rückendeckung für den Völkermord in Gaza; sie bringen es jedes Mal zustande, ihre Schandtaten unter dem Banner des Antifaschismus zu rechtfertigen. Die politischen Nachfahren derer, die in Österreich konsequenten Widerstand gegen den Hitlerfaschismus leisteten, werden dagegen heute als Antisemiten diffamiert.

Doch auch dieses Fundament scheint langsam kleine Brüche zu bekommen, wie sich am Wochenende zeigte. Die aufgebrachten israelischen Vertreter vorort und die pseudojournalistischen Hampelmänner in DerStandard und Co. standen mit ihrer Panik vor dem „linken Antisemitismus“ ziemlich alleine da. Vor allem die ausländischen Delegationen, die bei der Befreiungsfeier anwesend waren, störten sich nicht im geringsten an einer Palästina Fahne, teilweise gab es Applaus. Auch der Vorsitzende des Mauthausenkomitees, Willi Mernyi, war sich zu Schade sich instrumentalisieren zu lassen und verwies darauf, dass auch Araber und Palästinenser in Mauthausen umgekommen sind.

https://www.derstandard.at/story/3000000218906/free-palestine-bei-der-befreiungsfeier-im-kz-mauthausen?ref=article

https://www.heute.at/amp/s/eklat-in-mauthausen-aktivist-schwenkt-palaestina-fahne-120035117

UNAC conference for peace in St. Paul

1. Mai 2024

Vom 5. bis 7. April 2024 fand in St. Paul (Minnesota) die von US-amerikanischen Aktivisten organisierte Friedenskonferenz der United National AntiWar Coalition (UNAC) statt. Einige der Organisatoren waren auch auf der vorletzten Friedenskonferenz im Oktober 2023 in Rom und sind uns freundschaftlich verbunden. Ich habe mich entschlossen der Einladung zu folgen, um mir ein Bild der US-amerikanischen anti-imperialistischen Szene zu machen.


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Am Freitag Nachmittag trafen dann die ersten Aktivisten der ca. 400 Teilnehmer aus allen Teilen der USA und Kanada ein. Im Vorraum waren Stände verschiedener Gruppierungen aufgebaut mit allerlei Lesematerial, Sticker und bedruckten Kapuzenpullis die sich vornehmlich mit den Themen Palästina und Kuba beschäftigten. Sehr beliebt war ein mit “Divest from Apartheid” bedruckter Hoodie des Minnesota Anti-War Committee und ich bin mit einem der Mitglieder ins Gespräch gekommen. Dabei handelte es sich um einen französischen Aktivisten der wegen seiner Partnerin nach Minnesota ausgewandert ist. Als ich ihn fragte ob er jedes Jahr seine Familie in Frankreich besucht, hat er nur müde gelächelt und geantwortet wie schön das wäre. Leider hat er nur zwei Wochen bezahlten Urlaub pro Jahr und in den USA gibt es auch noch das sogenannte “Sick Leave”. Jeder Arbeitnehmer hat fünf bezahlte Krankheitstage pro Jahr, weitere Fehltage werden vom bezahlten Urlaub abgezogen, d.h. der Jahresurlaub kann sogar kürzer als zwei Wochen ausfallen, daher schafft er es nur alle 5 Jahre seine Heimat zu besuchen. Für US-Amerikaner sind 4 bis 6 Wochen Urlaub und unbegrenzte Krankheitstage wie in Europa ein Wunschtraum.

Mehr als 50 Gruppierungen nahmen an der Konferenz teil, u. a. Black Alliance for Peace, US Palestinian Community Network, American Muslims for Palestine, Veterans For Peace, Green Party Action Committee, Just Peace Advocates from Canada, Sanctions Kill Campaign, China-US Solidarity Network, Freedom Road Socialist Organization (FRSO), Workers World Party, Party of Communists-USA. Die Gastgeber der Konferenz waren u.a. Minneapolis-based Women Against Military Madness (WAMM), Twin Cities Students for a Democratic Society (SDS) und Students for Justice in Palestine. Unterstützt wurden sie von lokalen Gruppierungen wie Bethlehem Neighbors for Peace, Bronx Antiwar Coalition, Virginia Defenders, New Orleans Stop Helping Israels Ports (NOSHIP).

Joe Lombardo und Ajamu Baraka

Joe Lombardo und Ajamu Baraka

Dann ging es in den Konferenzsaal wo Ajamu Baraka (Black Alliance for Peace) und Joe Lombardo (Koordinator UNAC) ihre Begrüßungsansprachen hielten und das Programm für das Wochenende erläuterte. Bei Sonnenuntergang wurde dann gemeinsam das Fasten gebrochen und es gab noch eine kleine palästinensische Musik-Performance. Auffallend war die große Anzahl an Palästinensertüchern, fast jeder der 400 Teilnehmer trug eine Kufiya oder zeigte anderweitig seine Solidarität mit Palästina, z.B. durch Pins in rot, schwarz, weiß, grün.

Am Samstag ging es dann endlich los und es wurde zuerst über Palästina gesprochen, das aktuell bewegendste Thema. Das Motto “End all US aid to Israel” war bereits eine der Forderungen bei der Gründung der UNAC vor 15 Jahren. Ein weiteres Thema war “No to NATO”, die Kritik an der feindseligen Haltung der USA gegenüber China und die Diskriminierung von Minderheiten durch die US-Regierung.

Lautaro Sandino

Lautaro Sandino

Der Botschafter Nicaraguas in den USA, Lautaro Sandino, hielt ebenfalls eine Rede und löste tobenden Applaus aus als er erwähnte, dass Nicaragua die BRD vor dem internationalen Gerichtshof wegen seiner Waffenlieferungen an Israel verklagt. Er erklärte auch warum Nicaragua nicht Israel oder die USA direkt anklagen. Seine Begründung lautete, dass diese Staaten kein Problem damit hätten wenn sie vom IGH verurteilt werden, die BRD jedoch schon. Weitere Redner waren Mnar Adley mit einem bewegendem Bericht über das Schicksal ihrer Familie in Jerusalem während der 90er Jahre, Olga Sanabria Davila aus Puerto Rico und William Camacaro der Alliance for Global Justice referierte über die US-Interventionen in Lateinamerika und die Rückkehr des Diplomaten Alex Saab nach Venezuela nachdem er unter Folter in US-Haft litt. Ein weiteres Thema war das aggressive Verhalten der USA gegenüber China mit mehreren Rednern dazu.

Am Nachmittag verteilten sich die Aktivisten auf insgesamt vier Räume, um an Workshops zu den Themen “Der drohende Krieg gegen China”, “Friedliches Miteinander auf dem amerikanischen Kontinent”, “Keine Nuklearwaffen” und “Kanadische Anti-Kriegs und soziale Gerechtigkeitsbewegung”.

Danach gab es ein zweites Set an Workshops zu “Palästinabewegungen in den USA”, “Smash Kop Cities – gegen die Überlegenheit der weißen Rasse” und “Sanktionen und hybride Kriegsführung”.

Am Ende des Tages gab es noch kurze Ansprachen wie wir unsere Bewegungen gegen Anfeindungen verteidigen und Solidaritätsbekundungen mit Julian Assange.

Am Sonntag ging es direkt weiter mit Workshops zu “Klimawandel und Klimagerechtigkeit”, “Imperialisten raus aus Afrika”, “Taktiken um politische Bewegungen zu etablieren” und “Expansion der NATO und Krieg in der Ukraine”. Und im zweiten Set ging es um “Unabhängige Medien”, “Solidarität mit Lateinamerika”, “Antiimperialismus im lokalen Umfeld, Beruf, Schule und Gewerkschaft” und “Schwenk nach Asien”.

Zum Abschluss gab es noch eine Grußbotschaft von Dr. Sidi M. Omar, Botschafter der Frente Polisario (Westsahara).

Dann hat Richie Merino von der Bronx Anti War Coalition mich freundlicherweise eingeladen eine kurze Grußbotschaft zu überbringen, da ich wahrscheinlich der am weitesten gereiste Teilnehmer war. Ich habe Grüße der AIK aus Wien überbracht und eine kurze Episode von unserer Konferenz in Rom erzählt, wo sich im Vorfeld auch Gruppen angemeldet hatten die sich nicht politisch links einordnen. Als dann einige Wochen vor unserer Konferenz die Unruhen in Palästina ausbrachen haben diese Gruppierungen ihre Teilnahme abgesagt. Bei deren Friedensbemühungen geht es nämlich nicht um Gerechtigkeit sondern nur um billige Rohstoffe aus Russland, doch in Palästina  gibt es nichts zu gewinnen und sie wollen keine Partei ergreifen. Ich habe betont wie beeindruckt ich von dieser großen Konferenz war mit all den Teilnehmern die genau diese Werte von Gerechtigkeit und Gleichheit verteidigen. Des Weiteren habe ich unsere Palästinakonferenz in Rom erwähnt und meine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass ich vielleicht den ein oder anderen Teilnehmer auf unserer nächsten großen Friedenskonferenz in Europa wieder sehe.

Damit war die Konferenz auch zu Ende und ich muss zugeben, dass ich sehr beeindruckt war so viel antiamerikanische Agitation inmitten der USA zu erleben.

Vielen Dank an Joe Lombardo und sein Team für die Organisation dieses Events.

Mit solidarischen Grüßen aus Düsseldorf

Abschlusserklärung des Forums „Was für eine Zukunft für Palästina?“

28. April 2024

Forum held in Rome 20/21 April 2024


Palestine ConferenceDie Operation am 7. Oktober und die darauffolgenden Kämpfe haben bewiesen, dass der palästinensische Widerstand seine militärischen Kapazitäten gestärkt hat und eine breite politische Einheit erreicht hat. Alle bewaffneten Gruppen arbeiten nun zusammen auf der gemeinsamen Grundlage des Widerstandes. Der Widerstand kämpft gegen das zionistische Regime, welches aufgerüstet und finanziert wird von den USA und anderen westlichen Staaten. An Zahl und Waffen unterlegen hat der palästinensische Widerstand dem Feind empfindliche Verluste zugefügt. Die Zionisten wurden gezwungen, die Militäroperationen für mehr als sechs Monate fortzusetzen, ohne dass sie die ursprünglichen oder mittelfristigen Ziele erreicht haben. Das zionistische Regime hat 40.000 Tote oder vermisste Personen hinterlassen – darunter 14.000 Kinder – und über 80.000 Schwerverletzte. Die zivile Infrastruktur wurde systematisch unter Beschuss genommen und zerstört.

Aktuell verharrt der Widerstand in den Stellungen, während die Zionisten zurückweichen. Das ist alles andere als ein Sieg für die Zionisten, es ist eine massive politische, ökonomische und soziale Niederlage. Der Zionismus hat vor der ganzen Welt sein wahres Gesicht gezeigt. Das zionistische Regime kann nur aufrecht erhalten werden mithilfe von Massakern, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, ethnischen Säuberungen und Genozid. Viele Menschen in der Welt sehen die Zionisten nun nicht mehr nur als Kolonialisatoren, sondern ihre Verbrechen und Aktionen werden verglichen mit jenen der Nazis.

Innerhalb des imperialistischen Rahmens haben die USA und ihre Vasallen entschieden, einen Krieg an drei Fronten zu führen. Die erste Front ist die Ukraine, wo die USA, die Nato und ihre Stellvertreter Russland herausfordern. Die zweite Front befindet sich in Westasien, wo das zionistische Regime mit der Rückendeckung der westlichen Imperialisten gegen die Achse des Widerstands kämpft. Die dritte Front liegt in Ostasien, wo die Vereinigten Staaten und ihre regionalen Alliierten danach streben, China durch die Taiwanfrage und den Konflikt im Südchinesischen Meer sowie die Demokratische Volksrepublik Korea mithilfe Südkoreas herauszufordern. Unter der Biden-Administration haben die Vereinigten Staaten Konflikte auf der ganzen Welt eskaliert und friedvolle Lösungen torpediert, wie etwa das Istanbul-Abkommen für die Ukraine oder den Gemeinsamen umfassenden Aktionsplan (JCPOA) für den Iran. Außerdem wurden die Sanktionen gegen Kuba, Venezuela, Nicaragua, Russland, den Iran und viele andere Länder verschärft. Es ist mehr als klar, dass derselbe Block von westlichen Staaten hinter all diesen drei Konflikten steht, der einzige Unterschied ist die Wahl der lokalen Stellvertreter.

Die aktuelle Eskalation in Westasien lässt sich in lange Reihe von den USA geführter Kriege einreihen. Diese richten sich seit den 1990er Jahren, als George H. W. Bush den Plan für einen neue Mittleren Osten präsentierte, gegen alle unabhängigen Staaten in der Region. In der Praxis bedeutet das die Zerschlagung jener Staaten, die nicht der unipolaren Weltordnung unter US-Hegemonie folgen. Nach und nach haben die USA Afghanistan, den Irak, Libyen, Syrien und den Jemen ins Visier genommen und zerstört und zudem einen Putsch in Ägypten inszeniert. Sie haben die Staaten vernichtet und Millionen Menschen wurden dabei getötet. Das Ziel, den Widerstand zu vernichten, haben sie aber verfehlt. Darin besteht das Scheitern ihrer Politik im Mittleren Osten.

Der Westen hat die Islamische Republik Iran ins Visier genommen. Die aktuelle Eskalation und die Tötung von beinahe 18 iranischen Offizieren und Beamten seit Jahresbeginn führte zu der massiven militärischen Reaktion des Irans, welche das zionistische Regime in Schock versetzte. Nachdem dieses erste Aufbegehren sich nun wieder gelegt hat, werden die Provokationen und Eskalationen weitergehen, weil der Westen mithilfe des zionistischen Projekts die Zerstörung des Irans anstrebt.

Es gibt zwei entscheidende Punkte, die wir anmerken müssen:

  1. Krieg ist für die Vereinigten Staaten die einzige Methode, um ihre Hegemonie und die unipolare Weltordnung aufrecht zu erhalten. Sie sind sich sehr wohl bewusst, dass sie die ökonomische, technologische und kulturelle Vormachtstellung nicht halten können. Daher haben sie, wenn sie die Welt weiter kontrollieren wollen, keine andere Möglichkeit, als Gewalt einzusetzen. Die Vereinigten Staaten streben danach, die neu in Erscheinung tretenden Pole des internationalen multipolaren Systems zu zerstören, indem sie eine Vielzahl von Kriegsfronten eröffnen.
  2. Die Vereinigten Staaten und ihre Stellvertreter werden nicht zögern, grausame Verbrechen zu begehen, einschließlich Genozids, allein um ihre Machtposition aufrecht zu erhalten. Vom Genozid in Gaza bis zu der massenhaften Tötung von Zivilisten in Russland – der Westen wird nicht Halt machen, um die Welt gewaltsam nach seinem Bild wieder zu gestalten. Daher ist er die wahre Bedrohung für die Menschheit und die menschliche Zivilisation. Nur die Niederlage des Westens wird den grausamen Verbrechen ein Ende setzen können.

Diese zwei Elemente bestimmen die aktuellen Pläne des zionistischen Regimes für Palästina. Nachdem der zionistische Plan, die Einwohner Gazas zu vertreiben, misslang, hat Netanjahu einen neuen Plan für Gaza vorgestellt. Dieser Plan sieht vor, dass die Palästinenser in Zelten leben sollten, innerhalb einer abgeriegelten Enklave, einem ständigen Bombardement ausgesetzt und mit begrenztem Zugang zu Nahrung, Wasser, Strom, medizinischer Versorgung und Bildung. Die Zionisten hatten schon vor dem 7. Oktober den Kalorienbedarf pro Palästinenser wissenschaftlich berechnen lassen, um die Höhe des Lebensmittelverbrauchs zu kontrollieren und „Gaza auf Diät zu setzen“. Die Lebensbedingungen verschlechtern sich kontinuierlich und das palästinensische Volk wird zu seinem Massensterben getrieben.

Im Westjordanland sind die Palästinenser den Angriffen, Tötungen und den Pogromen durch die Siedler ausgesetzt, die ungestraft morden. Es ist der Kontext dieser Situation, der die Bedingungen für die Al-Aksa-Flut am 7. Oktober schuf. Für die Palästinenser gibt es nur die Alternative zwischen dem Leben in immer kleineren Bantustans oder dem Kampf für den Widerstand mit allen Mitteln, die notwendig sind.

Wir müssen den Kampf gegen die Vereinigten Staaten, die Europäische Union, die Nato, das zionistische Regime und deren Stellvertreten intensivieren. Wir müssen weiter daran arbeiten die Menschen aufzuklären und die Menschen in der EU und den Nato-Staaten davon überzeugen, dass nur der Austritt aus der EU und der Nato zu einer gerechteren und friedvolleren Welt führen wird. Wir müssen dafür kämpfen, dass die Nato-Basen in unseren Ländern geschlossen werden. Wir müssen unsere antiimperialistischen und Anti-Kriegs-Aktivitäten verbreitern. Palästina wird frei sein, wenn der westliche Imperialismus und der Zionismus besiegt sind. Unser Beitrag für den palästinensischen Widerstand ist unser fortgesetzter Kampf sowohl daheim als auch auswärts, um den US-EU-Nato-Imperialismus und den Zionismus zu zerschlagen.

Stoppt den Dritten Weltkrieg – Internationale Initiative für den Frieden

NS-Verbotsgesetz neu

24. April 2024
V. Martin Weinberger

NS-Verbotsgesetz neu – Unter dem Mantel von „Nie wieder“ zur Kriminalisierung der Solidarität mit Palästina? Zionistischer McCarthyismus führt zur „gröblichen“ Verharmlosung des NS-Terrors, indem er ihn mit dem palästinensischen Widerstand gleichsetzt.


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Seit Oktober 2023 dauert das Massaker seitens der israelischen Regierung in Gaza an. Seit dem Beginn zeigt sich die österreichische Regierung als „solidarisch“ mit dem Völkermord und versucht all jene zum Schweigen zu bringen, die dagegen aufstehen und sich mit Palästina im Geiste eines „Nie wieder“ solidarisieren, sich auf die Aufgabe eines neutralen Österreichs, auf das Völkerrecht, auf die Konvention zur Verhinderung von Genozid berufen. Das tut sie mit einer Strategie der Repression, mit Anzeigen nach dem Verwaltungsgesetz, wegen „Gutheißung terroristischer Straftaten“ und „Verhetzung“, mit der Untersagung von Versammlungen und mit der Kriminalisierung legitimer Forderungen nach einer Befreiung Palästinas. In diesem Kontext der unbedingten Treue zum zionistischen Siedlerkolonialismus wurde auch das NS-Verbotsgesetz novelliert.

Im November 2023 beschloss der Ministerrat die Regierungsvorlage und im Dezember 2023 erließen Bundesrat und Nationalrat das NS-Verbotsgesetz neu – sie ist damit seit Jänner 2024 geltendes Recht. Diese Novellierung ist Bestandteil des Regierungsabkommens von ÖVP und Grünen und Teil der nationalen Strategie gegen Antisemitismus nach dem Regierungsprogramm. In dieser nationalen Strategie ist die Novellierung des Verbotsgesetzes von 1947 eine von 38 geplanten Maßnahmen und sogar eine eigene strategische Säule, betitelt „Effektive Strafverfolgung“. In diesem Rahmen wird auch das Strategieabkommen mit Israel 2022 als Meilenstein gefeiert:

„Diese Kooperation umfasst Bereiche wie Wirtschaftsbeziehungen, Sicherheitspolitik, Terrorismusbekämpfung, Klimapolitik, Jugendaustausch sowie das Gedenken an die Opfer des Holocaust.“ (https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/III/880/imfname_1516072.pdf, S. 16)

Worum es dabei wirklich geht, wird ebenso deutlich ausgesprochen:

„Der rassistische Antisemitismus – die ideologische Grundlage nationalsozialistischer Judenvernichtung – steht heute nur mehr vereinzelt im Vordergrund der Agitation. Im Zentrum stehen vielmehr der sekundäre und antiisraelische/antizionistische Antisemitismus.“ (S. 37)

Und auch das Justizsystem wurde mit einer implementierten Maßnahme entsprechend ausgerichtet:

„Die IHRA-Arbeitsdefinition zu Antisemitismus wurde in die Vorträge und in das Skriptum Grundrechte integriert. Darüber hinaus werden einschlägige Straftatbestände (Verbotsgesetz, Verhetzung etc.) im Rahmen der Strafrechtskurse für Richteramtsanwärterinnen und Richteramtsanwärter und auch in den regelmäßig stattfindenden Praxisseminaren für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte behandelt.“ (S. 65).

Gleichzeitig wird neben vielen anderen Punkten auch klargestellt: „Eine besondere Gefahr könnte von (Protest-)Kundgebungen ausgehen, die durch antisemitisch eingestellte Personen initiiert und organisiert werden.“ (S. 40) – es kann nach den letzten Monaten keinen Zweifel daran geben, gegen welche Kundgebungen hier in erster Linie vorgegangen werden soll.

Das NS-Verbotsgesetz ist ein Verfassungsgesetz und war schon lange Zeit mit Grund umstritten. Geschaffen nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es erlassen, um einer Machtergreifung oder dem Erneuttätigwerden (Wiederbetätigung) des NS-Regimes konsequent entgegenzutreten. Umstritten war das Gesetz vor allem auch deshalb, weil es ein Vorbehalt gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit darstellt und Meinung unter Strafe stellt. Die Novellierung soll das schwere Gesetz nun leichter und breiter anwendbar machen: Für die „Grunddelikte“ wird die angedrohte Freiheitsstrafe herabgesetzt auf sechs Monate bis zu fünf Jahren. Neu und hochgefährlich ist jedoch ein anderer Teil des erneuerten Gesetzespaketes: Die Verwendung bzw. Verbreitung verbotener Symbole wird mit 10.000 Euro und im Wiederholungsfall mit 20.000 Euro gestraft – gemeint sind die Symbole die nach dem Symbolegesetz verboten sind (https://www.parlament.gv.at/aktuelles/pk/jahr_2023/pk1413#XXVII_I_02285). Das Innenministerium legt diesen Fall dar:

„Wer in Zukunft Abzeichen der NSDAP oder Symbole der Hamas öffentlich trägt, soll gleich streng bestraft werden.“ (https://www.bmi.gv.at/news.aspx?id=384E684977502B6E5467633D).

Von besonderer Tragweite für die palästinasolidarische Bewegung sind zudem zwei weitere Punkte in diesem den faschistischen NS-Terror verharmlosenden Gesetz, das diesen mit Widerstand gegen koloniale Besatzung gleichsetzt:

1. Einerseits wird „jegliches Verharmlosen oder Relativieren des nationalsozialistischen Völkermordes oder anderer nationalsozialistischer Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ strafwürdig, nicht mehr nur „gröbliches“ (https://www.bmi.gv.at/news.aspx?id=384E684977502B6E5467633D). Wann dieser Tatbestand erfüllt ist, obliegt der Einschätzung der Behörden. An der Repression gegen die Palästinasolidarität der letzten Monate und die wiederholten Versuche, letztere als „dem Nationalsozialismus vorschubleistende“ Bewegung zu diffamieren, kann man sich jedoch ein Bild machen, wie das im offiziellen Österreich vollzogen wird. Innenminister Karner stellt klar:

„Die Verherrlichung oder das Gutheißen von Terrorismus, Extremismus oder Antisemitismus hat in unserem demokratischen Zusammenleben keinen Platz. Neben dem konsequenten Einschreiten der Polizei sind auch strenge Strafen von entscheidender Bedeutung.“ (https://www.bmi.gv.at/news.aspx?id=384E684977502B6E5467633D)

2. Es wurde auch die „gehässige“ tätliche Herabwürdigung einer Fahne oder eines Hoheitszeichens, sei es die Österreichs, seiner Bundesländer oder eines anderen Staates (welcher wohl gemeint ist?) unter Strafe gestellt. Dies wurde kurzfristig in den Gesetzesentwurf aufgenommen.

Beamte, die nach dem Verbotsgesetz bestraft werden, verlieren übrigens künftig unmittelbar ihren staatlichen Posten und werden aus dem Dienst entlassen – ein automatischer Amtsverlust.

Beschlossen wurde das Gesetz durch alle Parlamentsparteien, mit Ausnahme der FPÖ, die meinte, dass „mit dem Gesetz […] aber am eigentlichen Problem – ‚importiertem‘ Antisemitismus – ‚vorbeigearbeitet‘“ (https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20231130_OTS0216/ns-wiederbetaetigung-justizausschuss-ebnet-weg-fuer-verbotsgesetz-novelle) werde.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler berief sich bei dem Gesetzesbeschluss auf das „Nie wieder“. „Es brauche daher klare Gesetze und strenge Strafen, um das ‚Niemals wieder‘ umzusetzen.“ (https://www.parlament.gv.at/aktuelles/pk/jahr_2023/pk1413#XXVII_I_02285)

Justizministerin Zadić stellte zudem unmissverständlich klar, in welche Richtung die Ausweitung des Gesinnungsgesetzes zielt:

„Als die Novellierung begonnen wurde, habe man nicht damit gerechnet, dass das Thema Antisemitismus so sehr zum Thema werden würde. Seit dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel habe der Antisemitismus und die Verherrlichung von Gewalt und Terrorismus in erschreckendem Maße zugenommen. Das Verbotsgesetz müsse darauf reagieren.“ (https://www.parlament.gv.at/aktuelles/pk/jahr_2023/pk1435#XXVII_I_02285)

Und darin liegt der eigentliche Kern dieses politischen Projektes und der Novellierung des NS-Verbotsgesetzes – in der Schaffung eines Instrumentes der Gesinnungsjustiz gegen das Eintreten für das Anliegen Palästinas und unter dem Mantel einer „Strategie gegen Antisemitismus“. In diesem Kern handelt es sich jedoch vielmehr um eine „Umdeutung des Antisemitismus“ und einen Verrat am „Nie wieder“.

Martin Weinberger

 

Politische Refusniks: die sich dem Morden verweigern

Bericht von einer Vorstellungsrunde von Wehrdienstverweigerer:innen in Israel


19. April 2024
Irina Vana

Am 4. April 2024 fand in Wien eine Online-Diskussion mit Vertreter:innen von Jesch Gvul, Mesarvot und Ani Seravti statt, organisiert von der „Initiative Palästina Solidarität“.


Die drei Organisationen beraten, unterstützen und organisieren Wehrdienstverweiger:innen (Refusniks) in Israel. Sie repräsentieren damit einen – wie es von außen scheint – kleinen Teil der israelischen Bevölkerung, die die Besatzung Palästinas nicht allumfassend mitträgt. Denn sie weigern sich in der hochgerüsteten Armee zu dienen, die das Rückgrat der Besatzung Palästinas bildet, die seit 75 Jahren die Apartheid aufrecht erhält, die Vertreibung der Palästinenser:innen vorantreibt und das Morden im Gazastreifen verantwortet.

Die Idee der Veranstaltung war es, Widersprüche im israelischen Staatsapparat und der israelischen Gesellschaft sichtbar zu machen. Uns ist klar: die Organisationen der Wehrdienstverweigerer:innen werden die Besatzung in Palästina nicht zu Fall bringen. Sie werden die Unterdrückung der Palästinenser:innen nicht beenden. Denn das kann und wird nur durch den legitimen und ungebrochenen Widerstand des palästinensischen Volkes passieren.

Aber die Wehrdienstverweigerer:innen können eine Perspektive auf die Besatzungsrealität einbringen, welche die Argumente gegen das israelische Regime stützen. Und diese Perspektive wird in Österreich auch von politischen Kräften gehört, die vor den Berichten der Palästinenser:innen und der Palästinasolidaritätsbewegung die Ohren verschließen. Ihre Erzählung kratzen die hegemoniale Diskurshoheit vom „einzig demokratischen Staat im Nahen Osten“, vom „Selbstverteidigungsrecht Israels“, von der „Opferrolle Israels“ an. Wenn das Sicherheitsnarrativ Israels durch die Erzählungen von israelischen Bürger:innen, gegebenenfalls auch ehemaligen Mitgliedern des Militärs, in Frage gestellt wird und diese von den tagtäglichen Demütigungen der Besatzungsmacht gegen Palästinenser:innen und von den Morden berichten, eröffnen sie einen erweiterten Raum für politische Diskussion und Aktion in Österreich.

Die Asymmetrie in dem was von wem gesagt werden kann, und von wem Argumente aufgegriffen werden, folgt wie jede Form der Kriegspropaganda imperialen Machtstrukturen. Das wurde auch von den drei Redner:innen problematisiert: Die Kritik, die sie als Wehrdienstverweigerer:innen und israelische Bürger:innen am Militär formulieren – und sei diese noch so gering in der politischen Tragweite – könnte Palästinenser:innen, die ähnliches berichten, in Israel ins Gefängnis bringen, erzählten sie.

Die drei Organisationen repräsentieren ein breites politische Spektrum: Von Refusniks, die nur die Präsenz der Armee im Westjordanland und in Gaza in Frage stellen und sich nicht eindeutig antizionistisch positionieren, bis hin zu Personen, die als Totalverweigerer:innen sich eindeutig als antizionistisch verstehen. Daher ist auch die Art, wie die israelischen Mehrheitsgesellschaft auf sie reagiert, unterschiedlich. Während etwa der Vertreter von Jesch Gvul, der größten und ältesten Organisation, meinte, mit seiner Anti-Kriegsposition gehört zu werden, berichtete die Vertreter:in von Mesarvot, welche auch im antizionistischen Jugendblock aktiv ist, von Drohungen und Anfeindungen.

Aus der Breite der Bewegung resultiert auch ein Potential für eine oppositionelle Anti-Kriegspolitik in Israel. Denn, wie der Vertreter von Jesch Gvul berichtete, in der israelischen Gesellschaft ist es eigentlich keine Minderheit, die nicht ins Militär eintritt. Tatsächlich verrichtet rund die Hälfe der israelischen Bevölkerung keinen Militärdienst. Wiederum grob die Hälfte davon macht das nicht aus religiösen Motiven. Das wird von der Politik auch bis zu einem gewissen Grad geduldet, um keine Konflikte ins Militär zu tragen und den Gehorsam zu sichern.

Doch die wenigsten artikulieren diesen Schritt bewusst politischen. Genau darin liegt, die Wehrdienstverweigerung als politische Waffe gegen die Besatzung zu nutzten, liegt die Bedeutung der drei Bewegungen, die am 4. April von ihren Erfahrungen berichteten. Denn diese bewusste politische Weigerung ist es, die die israelische Armee vor Probleme stellen kann und die auch entsprechend verfolgt und mit Gefängnis bestraft wird. Und selbst wenn nicht alle Gruppierungen und Mitglieder der Wehrdienstverweigerer:innen ideologisch eindeutig antizionistisch positioniert sind, handeln sie mit diesem politischen Protest in einem gewissen Sinn praktisch antizionistisch. Denn sie eröffnen einen Blick auf die Kriegsverbrechen der israelischen Armee. Sie machen durch ihre Erfahrungsberichte deutlich: Die Aufgabe der Soldat:innen als Besatzungsmacht ist es, Palästinenser:innen in ihren Freiheiten einzuschränken. Und dagegen verwehren sie sich.

Ankündigung der Diskussionsveranstaltung vom 4.4.24

 

Wie die zionistische Verleumdungsmaschinerie in Österreich arbeitet

Das Uralt-Beispiel von der Demo „Kein Krieg gegen den Iran“ am 30.9.2007 in Wien


12. April 2024
Wilhelm Langthaler

Die zionistische Propaganda versucht alles, um die wachsende demokratische Opposition gegen ihren Apartheidstaat und seinen Völkermord zu verleumden.


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In wohl bekannter Weise wird selbst gegen die leiseste Kritik der Vorwurf des Antisemitismus erhoben. Dabei wird der Begriff selbst umgedeutet und der echte, historische Antisemitismus verharmlost und der Antifaschismus von einer Bewegung gegen Faschismus, Imperialismus und Kapitalismus in sein Gegenteil transformiert. Dennoch, diese Keule nützt sich immer mehr ab.

Darum versuchen die neorechten Antifas (die Apologeten des israelischen Völkermords an den Palästinensern) ihrerseits den Antiimperialisten eine Nähe zur historischen Rechten zu unterstellen.

Die inhaltliche-ideologische Beweisführung ist nur schwer verständlich, zumal sie von Leuten kommt, die klassisch rechte Konzepte von Apartheid, Kolonialismus und Ungleichheit auf Biegen und Brechen verteidigen. Man muss schon masochistisch veranlagt sein, diesem schwer verständlichen esoterischen und fantastischen Zeug zu folgen. Jedenfalls wollen wir uns damit hier nicht aufhalten.

In den ganzen österreichischen Hasbara, der Millionen-schweren und weitverzweigten Propagandaanstrengungen des Apartheidstaates, kommen nur ganz selten Versuche vor, konkrete, praktische Beweise für die angebliche Zusammenarbeit mit der Rechten zu liefern, denn diese gibt es tatsächlich nicht. Darum müssen sie erfunden und/oder vor allem uminterpretiert werden.

Einmal geschaffen, zitiert man sich gegenseitig immer wieder und erfindet jedes Mal eine Kleinigkeit dazu. Durch die Unterstützung regime-naher Apparate verbreitet es sich dann und gewinnt durch die schiere Anzahl an Glaubwürdigkeit.

So schreibt der rechte „Antifablog“ „Oera“, der nicht einmal ein Impressum hat, in einem Artikel mit dem Titel „Die Palästina Solidarität Österreich zwischen Antisemitismus, Islamismus und Antiimperialismus. Pro-palästinensische Mobilisierungen seit dem 7. Oktober 2023“: „Gemeinsam mit AfP-Nachwuchskadern, namentlich Martin Sellner und Norbert Bichelhuber, und Helmut Müller, Chefredakteur des rechtsextremen Eckartboten (der in der ÖLM samt Veranstaltungssaal beheimatet ist), organisierten Langthaler und RKOB-Chef Pröbsting eine Solidaritätskundgebung mit dem iranischen Atomwaffenprogramm.“

Daran ist alles falsch, ganz abgesehen davon, dass sie keine Quellen angeben. Sie zeigen nur drei Bilder, die keinen Kontext zeigen und nichts beweisen.

Wir greifen dieses Beispiel heraus, weil es in einem Text von über 100.000 Zeichen das einzige ist, das eine konkrete politische Zusammenarbeit andeutet. Sonst handelt es sich nur um Kontaktschuldkaskaden ohne Beweise, Quellen, politische Logik usw. und oft auch pure Behauptungen und Erfindungen.

Es ist auch bezeichnet, dass die Apartheidfanatiker auf ein 17 Jahre zurückliegendes Ereignis zurückgreifen müssen. Sie haben wohl sonst nichts gefunden oder es fehle die Fantasie etwas zu erfinden.

Im Gegensatz zu den Rechten liefern wir einmal den großen historischen Kontext:

Wir sprechen über die letzten Jahre der Präsidentschaft Georg W. Bushs, die von der neokonservativen Mobilisierung gegen den Iran geprägt sind. Gegen diesen wird das Embargo angezogen und immer wieder mit einem Militärschlag gedroht. Hier eine Analyse aus dem Jahr 2006.

Israel kampagnisiert besonders heftig gegen den Iran und macht das bis heute. Sie wollen ihren engsten Verbündeten, die USA, in einen Angriff hineinzwingen, denn allein wären sie niemals dazu in der Lage. Argument ist vor allem das iranische Nuklearprogramm. Denn dieses Vorrecht auf Atomwaffenbesitz soll regional exklusiv in den Händen Israels verbleiben.

Die antiimperialistische Bewegung hat in der Zeit immer wieder mahnend Protestaktionen gegen den Krieg organisiert. Hier eine Erklärung vom Juni 2006 „Hände weg vom Iran“  

„Es ist genug! Aktionstag gegen Krieg und Besatzung“ 30.9.2006

Aufruf zum inkriminierten Protest am 30.9.2007 sowie der Bericht darüber, beides von der Antiimperialistischen Koordination (AIK)

„Hände weg vom Iran!“ 11.7.2008

Aktion am Tag X des Komitees „Stop the Bomb gegen den Iran“ 11.11.2011

Andererseits hat sich ein Teil der Linken an die imperialistische Kampagne angehängt. Sie nannten sich „Stop the bomb“ und wir bezeichneten sie als „Drop the bomb“, denn ihre ultima ratio war der (nukleare) Erstschlag gegen den Iran.

Am 30.9.2007 veranstalteten die Israelitische Kultusgemeinde gemeinsam mit den ultrazionistischen Antinationalen von Café Critique eine Kundgebung am Stephansplatz. In einem noch abrufbaren Bericht geben sie das Endziel klar an: „In letzter Instanz sei die Option gezielter Militärschläge gegen den Iran offen zu halten.“

Der ArbeiterInnenstandpunkt organisierte dagegen einen Straßenprotest am gleichen Tag, dem sich die Antiimperialistische Koordination (AIK) sowie die ATIGF anschlossen. Hier sei das Gedächtnisprotokoll des Anmelders Michael Pröbsting wiedergegeben:

„Die Kundgebung, die sich gegen einen damals drohenden Angriff auf den Iran richtete, ging auf eine Initiative einer Organisation zurück, in der ich eine führende Rolle einnahm („ArbeiterInnenstandpunkt“). Es beteiligten sich jedoch auch andere Organisationen wie die AIK und ATIGF sowie unabhängige Aktivistinnen und Aktivisten. Ich fungierte als Leiter der Kundgebung.

Als wir mit den praktischen Vorbereitungen für die Kundgebung begannen (Aufbau von Infotischen, Transparente, Mikrofon, etc.), wurden wir von einer Gruppe von ca. 10-15 teilweiser vermummter Personen angegriffen, die versuchten unsere Materialien zu zerstören. Diese Personen kamen aus dem sogenannten „anti-nationalen“ Umfeld, daß sich durch eine besonders fanatische Unterstützung für den Apartheidstaat Israel auszeichnet. Mit einiger Mühe konnten wir jedoch diese Angreifer abwehren und nach einigen Minuten zogen sie sich schließlich zurück, blieben jedoch in Sichtweite zur Kundgebung.

Als wir schließlich die Vorbereitungstätigkeiten für die Kundgebung fortsetzten, fiel uns eine Gruppe von drei jungen Männern auf, die etwas abseits ca. 10 Meter hinter uns standen. Sie waren auf den ersten Blick nicht leicht identifizierbar, da sie nur eine Iran-Fahne hielten und Sticker trugen mit dem Spruch „Terror ist der Krieg der Armen, Krieg ist der Terror der Reichen.“ Doch bald wurde uns klar, daß es sich hier um rechte Provokateure handelte und wir entfernten sie umgehend von unserem Kundgebungsbereich.

Danach begannen wir mit der Kundgebung, bei der mehrere Reden gehalten und Losungen gerufen wurden. Darüber hinaus verteilten wir Flugblätter an umstehende Passanten. Die Kundgebung verlief ohne weitere Zwischenfälle und konnte geordnet zu Ende gebracht werden.“ (siehe angehängtes Originaldokument)

Dass diese Angaben stimmen, geht aus mehreren noch verfügbaren Dokumenten der angreifenden Zionisten hervor:

Ihre aggressive, gewalttätige Intention gestehen sie verklausuliert in einem Text ein, der fast schon satirehaft mit „Liebe antiimperialistische Arschgesichter!“ anhebt, als wäre es eine persönliche Fehde: „Kein Wunder also, dass ihr ziemlich blöd dreingeschaut habt als wir plötzlich vor euch gestanden sind und euch einer eurer Djihad Wimpel abhanden gekommen ist. Wie es sich für geschlagene AntisemitInnen gehört, …“ und einen Ansatz weiter: „Eure vier Kameraden vom nationalen Widerstand stellten wohl auch keine große Hilfe dar, wart ihr doch nicht mal in der Lage sie als solche zu identifizieren. (Hervorhebung durch den Autor)“ (siehe angehängtes Dokument „Erklärung zur Pro-Iran “Kundgebung” – Eine nicht-Kritik“ auf der nicht mehr aufrufbaren Website http://antifa-on.org/ vom 4.10.2007)

Auf der noch verfügbaren Seite no-racism.net wird nochmals bestätigt, dass die Veranstalter von der Anwesenheit von Personen, die sich der historischen Rechten zuordnen, nichts wussten: „Als die AntifaschistInnen [gemeint sind die gewaltbereiten Zionisten, der Autor] die OrganisatorInnen der Kundgebung auf die Anwesenheit der Nazis aufmerksam machten, kam es zu Handgreiflichkeiten.“

„Nach einem weiteren Handgemenge verfolgten Mitglieder von ASt, AIK & Co. gemeinsam mit der Polizei die Angegriffenen. Im Zuge dessen stellte die Polizei die Personalien von zwei Personen fest. Erst einige Minuten nach (!) den oben geschilderten Ereignissen wurden die Neonazis von den VeranstalterInnen zum Verlassen der Kundgebung aufgefordert.“ [Hervorhebung im Original]

Die verleumderische These der heutigen Zionisten, nachdem die Kundgebung gemeinsam mit Elementen der historischen Rechten organisiert worden wäre, fällt also schon auf Basis ihrer eigenen Texte in sich zusammen.

Nebenbei zu den genannten Personen aus der Rechten. Martin Sellner, der heute als ehemaliger Identitären-Chef erhebliche Bekanntheit genießt, war damals gerade einmal 18 Jahre alt. Die zweite Person, Norbert Bichelhuber, muss ähnlichen Alters gewesen sein. Eine Internet-Recherche heute ergibt kaum Einträge. Ganz oben gereiht ist schon der gegenständliche Hetzartikel. Helmut Müller kannten wir nicht. Man ist auch nicht verpflichtet, jeden Demonstrationsteilnehmer persönlich zu kennen oder seine Identität zu prüfen, solange sie nicht mit eigenständigem, politischem Material auftreten.

Also: Außer Spesen nichts gewesen – auch deswegen, weil die Hetzer nicht einmal ein gesetzlich vorgeschriebenes Impressum angeben und sie damit nicht unmittelbar klagbar sind. Sie haben die polizeilichen und geheimdienstlichen Apparate auf ihrer Seite, wir aber gegen uns.

Der Veranstalter, Michael Pröbsting (Mitte rechts) wehrt die Attacke der zionistischen Antifa-Schläger am 30.9.2007 ab

Antiimperialistische Kundgebung gegen die Kriegsdrohungen gegen den Iran am 30.9.2007 am Wiener Graben

Der mittlerweile verstorbene radikale und militante Zionist Karl Pfeifer begutachtet unbehelligt die Transparente der Kundgebung.

Wir versuchen hier so viele Dokumente als PDF anzuhängen, denn oft sind die Links nach einigen Jahren nicht mehr abrufbar. Die Lügen werden aber immer wieder, oft Jahrzehnte später, von der Hasbara genutzt.

 

Erklärung antifa-on.org zur Pro-Iran-Kundgebung

Gedächtnisprotokoll Michael Pröbsting, Veranstalter

Newsletter ArbeiterInnenstandpunkt 292

Newsletter ArbeiterInnenstandpunkt 293

No-racism.net Mit Austro-imperialismus und Antisemitismus für den Iran

Oera: Die Palästina Solidarität Österreich zwischen Antisemitismus, Islamismus und Antiimperialismus

Hegemonie I

Intellektualismus und Anti-Intellektualismus


9. April 2024
Albert F. Reiterer

Der österreichische Bildungsminister, die Bürokratie und die Intellektuellen


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Der Herr Polaschek erklärte am 8. Feber 2024 wieder einmal und nicht erstmalig, er wolle etwas gegen die „Wissenschaftsskepsis“ der österreichischen Bevölkerung unter­nehmen. Er „startet eine Kampagne zur Stärkung des Vertrauens in Wissenschaft und Demokratie“ (ORF), gründet eine „Plattform“ dafür. Der Hegemonie-Apparat ist begeis­tert und klatscht Beifall, an der Spitze der staatliche Rundfunk / TV, der „Gesamt-Propagandist“ des herrschenden Systems und seiner Träger. Man stellt sich gern in den Dienst der Macht. Schon hängen die ersten Plakate und sind in den öffentlichen Bussen die Botschaften von den Bildschirmen zu lesen. Eines ist ihnen noch nicht aufgefallen: Ist es nicht ein bisschen einfältig, eine Hegemonie-Krise mit Anzeigen- und Plakat-Kampagnen bewältigen zu wollen?

Nie seit 1945 war der direkte Griff der „Intelligenz“ nach der politischen Macht so klar wie in der Coronazeit. Aber ein beachtlicher Teil der Bevölkerung hat dies begriffen und leistete Widerstand. Die Psychologie des Regimes hatte mit einem solchen Widerstand nicht gerechnet. Umso größer war die Wut der politischen Klasse und ihrer Propagandi­sten. Ein kleines Stückchen von Verzweiflung mischt sich auch ein. Noch existiert das allgemeine Wahlrecht, und man will es nicht abschaffen. Aber die politische Klasse weiß, dass es davon abhängt, wer die Posten besetzt. Und die Ablehnung ist groß und wächst noch.

In den 1920ern, vor einem Jahrhundert somit, schrieb ein spanischer, ein kastilischer Intellektueller, in einer Mischung von Verzweiflung und Verachtung über die damals sich verschärfende Hegemoniekrise: „Die Masse weigert sich, Masse zu sein, d. h. der führen­den Minderzahl zu folgen, diesen erwählten Einzelnen…“ Ich wundere mich, dass die heutigen Intellektuellen und ihre Politiker sowie deren Sprachrohre nicht auf Ortega y Gasset zurückgreifen. Die „Linksliberalen“ denken zwar so, aber die meisten von ihnen wagen es nicht mehr oder noch nicht, eine so offene Sprache zu führen. Ab und zu klingt es aber doch deutlich genug durch, im „Profil“ oder im „Standard“ und im ORF. Bei uns will man die Hegemoniekrise noch mit Zeitungs-Anzeigen bekämpfen.

Ortega y Gasset wird bisweilen als faschistischer Theoretiker gesehen. Ein Missverständnis – dafür war er viel zu elitär. Der alte Faschismus hatte immer eine plebeische Komponente. Auf das greifen heutige Parteien wieder zurück, die ein bisschen mit ihm kokettieren, von der AfD bis zu Chega in Portugal. Wenn sie vom „Volk“ sprechen, klingt dies oft fast maoistisch. Das macht sie ja so unannehmbar für die Eliten, die Oberen Mittelschichten und die Intellektuellen, diese Möchtegern-Eliten.

Bildungsminister sind in Österreich seit Jahren Universitäts-Professoren: Sonja Hammer­schmidt, Karlheinz Töchterle, Beatrix Karl, Heinz Fassmann, Martin Polaschek. Das heißt, den Bock zum Gärtner machen. Es ist, als ob man René Benko zum Finanzminister machte. Ähnliches ist tatsächlich geschehen: Der Oberspekulant Mario Draghi wurde erst zum Chef der italienischen Nationalbank und dann zum Chef der Europäischen Zentral­bank bestellt. Es entspricht dem Prinzip des Korporatismus, das von den italienischen Faschisten, aber auch von den Austrofaschisten so hoch gehalten wurde. Nicht zufällig taucht das Wort wieder auf, als Neokorporatismus, einer politologischen Charakterisie­rung des Nachkriegssystems in Österreich, Deutschland und anderswo. Die Spezialinter­essen hätten ein hohes Fachwissen, wird behauptet. Man müsse darauf zurück greifen. In einer Demokratie sollten die Spezialinteressen doch wohl von unten kontrolliert werden.

Intellektuelle gehören heute zum größten Teil der Bürokratie an. Sie sind ein Teil von ihr, ein bürokratisches Unter-System, spezialisiert auf gewisse Aufgaben. Denken wir an die Universitäten, die Wissenschaft also. Die bilden eines der riesigsten Systeme des büro­kratischen Staats. Ihre Hauptaufgabe ist die Vergabe von Punzierungen, nach denen ihr Ausstoß, die Absolventen, in das Berufsleben eingeordnet wird. Diese Bildungsgrade (Magister, Doktor, …) sind Voraussetzung, dass die hoffnungsvollen Abgänger als A-Posten in die Verwaltungs-Bürokratie („öffentlicher Dienst“ nennt sich dies zynisch) ein­gereiht werden. Das ist für zwei Drittel der mit Diplom graduierten Hochschul-Abgänger (laut Statistik Österreich) das Berufsfeld. Daneben gibt es andere spezialisierte Randsys­teme, die sogenannte außeruniversitäre Forschung, z. B. das WIFO, das IHS oder ähnliche Anstalten. Auch sie arbeiten im Wesentlichen für den politischen Herrschafts-Apparat und sind somit als semi-staatlich zu klassifizieren. Sie alle sind Teil des Hegemonie-Apparats.

Diese enge Verwandtschaft von Bürokratie und Intellektuellen ist nicht nur institutionell bedingt. Sie haben ähnliche Grundformen des Denkens, der Annäherung an die Wirklich­keit. Es geht ihnen um die Systematik um jeden Preis. Alles muss unter einen Schimmel gebracht werden, sei dies theoretisch oder bürokratisch. Spontane Prozesse funktionieren anders. Vor gut vier Jahrzehnten schrieb Stephen Jay Gould, ein US-Paläontologe, ein hübsches Buch: Der Daumen des Panda. Biologische Evolution funktioniert, indem Sys­teme auf konkrete Herausforderungen konkrete Lösungen entwickeln, die aber keines­wegs immer verallgemeinert werden. – Erinnern wir uns: Marx war ein großer Bewun­derer von Darwin. Doch biologische Evolution ist nur ein Beispiel der Entwicklung von Systemen. Im abstrakten Jargon können wir sagen: Spontane („natürliche“) Evolution sucht immer lokale Optima, nicht allgemeine, die für Intellektuelle so attraktiv sind.

Hier müssen wir eine überaus wichtige theoretische Bemerkung einschieben. Der Unterschied zwischen “Natur“ und „Geschichte“ besteht darin, dass spontane Entwick­lung von sozio-kultureller, d. h. bewusster gesellschaftlicher Entwicklung zwar nicht ab­gelöst, wohl aber ergänzt und gelenkt wird (Planung). Geschichte ist nicht „naturnotwen­dig“. Aber es wäre gleichzeitig eine völlig unsinnige („idealistische“) Auffassung, zu glauben, man könne die Entwicklung drehen, wohin man wolle. Beide Trends, die alleinige Betonung der Naturnotwendigkeit und jene der beliebigen Formbarkeit, sind intellektualistisch.

„Wissenschaft“ wurde zum Codewort der neuen Klasse seit der italienischen Renaissan­ce. Und „Wissenschaft“ ist heute das zentrale Element der autoritären Ideologie und Poli­tik. „Wissenschaft“ betrieb Machiavelli, als er Livius studierte und in seinem „Fürsten“ seinen Auftraggebern, den Medici und anderen, damit ein Handbuch für ihre Herrschafts-Praktiken lieferte. „Wissenschaft“ wollte Leonardo da Vinci liefern („La pittura è una scienza“). Er freilich machte daraus einen Fetisch und zeichnete dabei das Bild seines eigenen Ehrgeizes. „Wissenschaft“ rufen in der Gegenwart die Drosten und Lauterbach, die von Laer und Mückstein und Kurz. „Wissenschaft“ schreit jetzt wieder Polaschek. Die Propagandisten dieser Schichten in ORF und dem Wissenschafts-Journal oe24 wiederholen es. Nehammer zweifelt schon ein bisschen, oder tut so. Aber Kogler glaubt immer noch, er kann damit Leute ködern. Und seine Truppe steht sowieso auf dem Stand­punkt der gefährlichsten Strömung der Gegenwart: „Follow science!“

Dahinter verbirgt sich Ehrgeiz und Machtgier. Mehr denn je ist „Wissenschaft“ heute die Kern-Ideologie der Bürokratie und der politischen Klasse, die sich bei ihrer Politik auf ihre „Experten“ stützen, auf ihre Nobelpreisträger.

Aber Wissenschaft war auch das häufigste Vokabel des Sowjet-Marxismus und der marxistischen Tradition überhaupt. Anstelle Kritik an diesem sozialen Herrschafts-System und dem kulturellen Hegemonie-Apparat zu üben, haben Marxisten voller Naivität stets die treuesten Gläubigen der Wissenschaft gestellt – unter der sie selbst am meisten zu leiden hatten. Sie haben nichts daraus gelernt, dass sie selbst von diesem Apparat ein ganzes Jahrhundert ausgeschlossen waren.

Eine neue Qualität hat die Berufung auf die Wissenschaft in der Zeit des Corona-Wahn­sinns erreicht. Die Politik dachte, von der Angst der Bevölkerung und gleichzeitig von der mittlerweile gut eingeübten Autoritäts-Hörigkeit – „die Experten“ – profitieren zu können. Dabei kam es sogar zu amüsanten Zwischenfällen. Fassmann wollte mehrmals den Forderungen der Eltern nachgeben und die Schulen wieder aufmachen. Da hatte sich ein Rest von unkontrollierter Vernunft gehalten. Aber Kurz hat ihn zur Ordnung gerufen und ihm die Wadl’n führe g’richtet. Er hat seine Chance gesehen und wollte sie nützen. Überhaupt wissen wir inzwischen, trotz geschwärzter Protokolle, Lauterbach und den Grünen, dass die politische Klasse teilweise noch stärker auf diese Angst-Strategie in den autoritären Staat gesetzt hat, als manche Wissenschaftler.

Schon dies Alles zeigt: „Wissenschaftsskepsis“ muss ein unerlässlicher Zug jeder poli­tisch-emanzipativen Tendenz sein. Wissenschafts-Kritik ist Ideologie-Kritik. Die aber ist die Grundlage jeder systemkritischen Arbeit.

Hier wird es dialektisch: Keine revolutionäre Bewegung ist bisher ohne Intellektuelle ausgekommen. Aber dies waren immer sehr kleine Gruppen gegen die übergroße Mehr­heit ihrer Zunftgenossen. Eine Debatte über Intellektuelle ist somit eine entscheidende politisch-theoretische Arbeit in einer Zeit, in welcher die Linke als Zukunfts-Bewegung so vollständig zusammen gebrochen und verschwunden ist, wie wir es seit zwei Jahrhun­derten nicht mehr kennen; in einer Zeit, in der Technokratie und Bürokratie vereint als „Wissenschaft“ und „Expertise“ offen nach der Macht in der Gesellschaft greifen. Die „Wissenschaft“, der Sachzwang, die Expertise bietet ihnen das Deckblatt für ihre Ambitionen. Die politische Klasse betreibt dies, weil sie die von Unten unkontrollierte Macht will und die Intellektuellen noch alle Male in die Tasche stecken kann.

Martin Polaschek: der Ex-Rektor der Grazer Uni macht sich Sorgen um die „Wissenschafts-Skepsis“ seit Corona, seit der Katastrophenpolitik der Regierungen und deren quasi-faschistischen Versuchungen… Nach den Ursachen kann er, als Muster eines akademischen Intellektuellen, nicht fragen.

Aber…

Plötzlich knirscht es in diesem Gebälk. Die Bürokratie und die politische Klasse werden von einer neuen Entwicklung überrascht. „Die“ Intellektuellen sind keine Einheit. Sie haben ihre eigenen Identitäten und Interessen, die nicht notwendig immer mit denen der Bürokratie zusammen fallen. Was ist geschehen?

Der Ansatz zu einem Völkermord hat die Allianzen durcheinander gebracht. Die politi­sche Klasse sowie die Bürokratie in Europa, vor allem in Deutschland, in Österreich und in den USA unterstützen diesen Völkermord. Und plötzlich treten da ganz frech gar nicht so wenige etablierte Intellektuelle auf. Bei Kunstausstellungen und sogar auf Universitä­ten sagen sie ganz offen „Völkermord“, in Anwesenheit von einer Kulturministerin.

Man glaubte, sich auf sie verlassen zu können. Nun werden plötzlich einige unter ihnen widerspenstig. Das kommt der Bürokratie nach den letzten drei Jahren völlig unerwartet. Das ist fundamental wichtig. Es zeigt die Dialektik in der Stellung der Intellektuellen. Die Mehrheit der Intellektuellen hat Interessen und Identitäten, welche sie bei der Bürokratie gut aufgehoben glaubt. Aber eine selbstverständliche und mechanische Übereinstimmung ist dies nicht. Die Bürokratie will eine Gefolgschaft ohne Wenn und Aber. Zur intellektu­ellen Identität gehört aber auch eine gewisse Ethik der Verantwortung. Und für viele – nicht für alle – widerspricht ein Völkermord dieser Ethik, wie immer man das Wort Ethik interpretiert und missbraucht. Diese eigenständige Haltung ist ein Anspruch von Intellektuellen, den man fragwürdig finden kann. Doch ohne diese Haltung hätte es keine Arbeiterbewegung und keinen Marxismus gegeben. Wir belassen dies hier dabei, werden aber noch darauf zu sprechen kommen.

Halten wir fürs Erste fest: Wir müssen anti-intellektualistisch sein. Aber wir müssen gleichzeitig vermeiden, antiintellektuell zu werden.

Wir klagen an!

Stoppt die deutsche Beihilfe zum Völkermord in Gaza


7. April 2024

Internationaler Aktionstag am 14. April 2024


Um Gaza zu retten, müssen auch die Unterstützer:innen des Völkermordes gestoppt werden. Demonstriert gegen die deutsche Beihilfe zum Völkermord in Gaza.

Versammelt euch am 14. April weltweit vor deutschen Botschaften, deutschen Konsulaten, offiziellen deutschen Einrichtungen als auch vor dem Internationalen Strafgerichtshof und den UN-Standorten in New York und Genf. Wir Klagen An! Verurteilt und bestraft die Mitglieder des deutschen Bundessicherheitsrates und ihrer Helfershelfer:innen unter dem Tatbestand der Unterstützung des Völkermordes.

In diesem Sinn organisieren wir, palästinensische und jüdische, deutsche und internationale Stimmen, zeitgleich am 14. April ein öffentliches Tribunal (siehe https://palaestinakongress.de/) gegen die deutsche Regierung mit weltbekannten Redner:innen in Berlin. Dieses werden wir international ausstrahlen.

Sanktioniert den deutschen Staat und seine öffentlichen Einrichtungen durch die internationale BDS-Bewegung und die Strike Germany Initiative, um folgende Forderungen zu erreichen:

  • Sofortige Einstellung deutscher Waffenlieferungen nach Israel.

  • Einstellung jedweder diplomatischen Unterstützung oder Rechtfertigung des Genozids durch Deutschland.

  • Waffenstillstand Jetzt!

  • Sofortige Aufhebung jeglicher Beschränkungen humanitärer Hilfe nach Gaza und die volle Ausfinanzierung der UNRWA durch den deutschen Staat.

  • Umfassende Reparationen durch den deutschen Staat an das palästinensische Volk.

Trotz Repression, Kriminalisierung, Verleumdung und rassistischer Hetze werden wir uns in Deutschland weiter für die vollumfängliche Beendigung der Unterdrückung der Palästinenser:innen einsetzen.

Wir kämpfen für ein Ende des zionistischen Siedlerkolonialismus und seiner Apartheidpolitik vom Jordanfluss bis zum Mittelmeer, einschließlich des Rückkehrrechts aller palästinensischen Geflüchteten.

Doch wir brauchen eure Unterstützung. Zeigt sie am 14. April weltweit vor deutschen Botschaften und offiziellen Einrichtungen!

organisiert von https://palaestinakongress.de/

#WirKlagenAn #WeAccuse #PalästinaKongress #PalestineCongress

 

Linzer Erklärung der Palästina-Solidarität: Frieden durch Gerechtigkeit

23. Februar 2024

Resolution des ersten bundesweiten Treffens der Palästina Solidarität Österreich


Frieden durch Gerechtigkeit – für eine Ende von Apartheid und Kolonialismus

Resolution des ersten bundesweiten Treffens der Palästina Solidarität Österreich

Am 3.2.24 trafen sich in Linz Palästina-Solidaritätsgruppen aus Oberösterreich, Niederösterreich, Wien, der Steiermark, Salzburg, Tirol und Vorarlberg – die Kärntner hatten sich entschuldigt. Schon allein diese flächendeckende Beteiligung macht die Zusammenkunft zu einem bedeutsamen Ereignis.

In der Situation des akuten Völkermords Israels an den Palästinenserinnen und Palästinensern müssen wir mit Entsetzen feststellen, dass unsere Bundesregierung aktive Beihilfe dazu leistet. Sie hat zweimal in der UN-Vollversammlung und einmal in der EU gegen einen Waffenstillstand gestimmt – und hat sich damit bewusst als einer von ganz wenigen Staaten demonstrativ auf der Seite kolonialer Gewalt und gegen das Völkerrecht gestellt, während eine überwiegende Mehrheit der Staaten die Klage gegen Israel durch die Republik Südafrika vor dem Internationalen Gerichtshof unterstützt.

Um die große Solidaritätsbewegung weiter zu verbreitern, schlagen wir folgende politische Plattform vor:

  1. Humanitäre Hilfe und Wiederaufnahme der UNWRA-Beitragszahlungen jetzt sofort
  2. ein sofortiger, dauerhafter Waffenstillstand
  3. Kooperation mit Israel aufkündigen, insbesondere die militärisch-polizeiliche
  4. die verfassungsrechtlich gebotene Neutralität einhalten
  5. Meinungs- und Demonstrationsfreiheit wiederherstellen
  6. Frieden durch Gerechtigkeit

Wir wollen alle Menschen gewinnen, die Beifall zu und Deckung für diese eklatanten Verstöße gegen das Völkerrecht durch Israel ablehnen. Wir fordern eine Regierung, die die immerwährende Neutralität Österreichs achtet und sich dem Frieden und der humanitären Hilfe verpflichtet fühlt.

Wir orientieren auf Frieden und Gerechtigkeit. Damit verbunden ist das Ende von Kolonialismus und Apartheid. Dabei konzedieren wir, dass es verschiedene Vorstellungen gibt, wie dieses Ziel erreicht werden kann.

Tausendfach hat der Kolonialstaat Israel in Worten und Taten klar gemacht, dass er niemals einen palästinensischen Staat an seiner Seite akzeptieren wird. Die Palästinenserinnen und Palästinenser sollen nicht nur laut der gegenwärtigen Regierung mit faschistischen Zügen, sondern entsprechend dem ganzen historischen zionistischen Projekt als Nation verschwinden.

Die überwiegende Mehrheit der Menschen ist heute davon überzeugt, dass alle Menschen gleich an Rechten und Würde geboren sind und unterstützt deshalb den palästinensischen Widerstand gegen Kolonialismus und Apartheid. Auch der Kampf gegen die Apartheid in Südafrika hat eine weltweite Solidaritätsbewegung hervorgebracht, die als Vorbild dienen kann. So zum Beispiel bei der gewaltfreien Bewegung für Boykott, Investitionsrückzug und Sanktionen (BDS), zu der die palästinensische Zivilgesellschaft die Welt aufruft. Wir schließen uns dem an.

Der palästinensische Widerstand reiht sich somit ein in die globale Geschichte des Widerstands gegen und der Befreiung von Kolonialismus, Imperialismus und Faschismus, ja aller Befreiungskämpfe vergangener Jahrhunderte.

Wir betonen deshalb:

  1. Selbstbestimmung bedeutet auch, sich eine politische Vertretung geben zu können. Die verschiedenen Widerstandsorganisationen gegen die Besatzung sind integraler Bestandteil dieser und müssen als solche anerkannt werden, so wie es Kreisky seinerzeit mit der PLO vorgezeigt hat. Das schließt natürlich den Kampf gegen die Kriminalisierung des Widerstands und seiner politischen Unterstützerinnen und Unterstützer mit ein.
  2. Ein kolonialer Separatstaat geht gar nicht anders als mittels der Unterdrückung und Unterwerfung der ursprünglichen Bevölkerung. Die einzige dauerhafte friedliche Lösung ist ein selbstbestimmtes Palästina mit gleichen Rechten für alle dort lebenden Menschen, einschließlich der Nachfahren der vertriebenen arabischen Urbevölkerung.

Unterstützende Gruppen (alfabetische Reihenfolge):

  • Antiimperialistische Koordination (AIK)
  • BDS Österreich
  • Dar al Janub
  • Frauen in Schwarz Wien
  • Initiative Palästina Solidarität (Wien)
  • Palästina Initiative Tirol (PIT)
  • Palästina Solidarität Linz
  • Palästina Solidarität Steiermark
  • Palästina Solidarität Wiener Neustadt
  • Palästinensische Gemeinde Österreich
  • Solidarwerkstatt Österreich
  • Steirische Friedensplattform
  • Voice for Palestine Salzburg

Über den Völkermord am palästinensischen Volk und seinen kraftvollen Widerstand

Erklärung


4. Januar 2024
Internationale Initiative für den Frieden - den Dritten Weltkrieg stoppen

Israel begeht in Gaza einen Völkermord, wie er im Buche steht. Um genau zu sein, setzt es den kolonialen Genozid, den es in Palästina seit 75 Jahren praktiziert, fort und verschärft ihn.


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Ein solches Verbrechen ist in unserer Zeit nur mit der von den USA und ihren Verbündeten ausgeübten systematischen Vernichtung des irakischen und afghanischen Volkes vergleichbar.

Völkermord ist niemals Selbstverteidigung. Imperialistische Eroberer haben kein gesetzliches Recht auf Selbstverteidigung. Solch ein Begriff ist bedeutungslos.

“DEN DRITTEN WELTKRIEG STOPPEN – INTERNATIONALE INITIATIVE FÜR FRIEDEN” unterstützt den Kampf der Palästinenser gegen das neokoloniale israelische Gebilde.

Palästina hat das Recht, zu existieren und Heimat für alle Palästinenser zu sein.

Palästinenser haben das Recht, in ihrem eigenen Land zu leben, sich frei in ihm zu bewegen und ihre politischen Anführer selbst zu bestimmen.

Palästinenser haben das Recht auf Widerstand gegen die Eroberer ihres Landes.

Es ist unmöglich, unter den Eroberern zwischen militärischem Personal und Siedlern zu unterscheiden — Siedlern, die “lediglich” palästinensisches Land besetzen, dessen Reichtum ausbeuten, die rechtmäßigen Bewohner vertreiben und die militärische Reserve der Armee bilden.

Palästina braucht einen unabhängigen souveränen Staat, der all seine Bewohner ungeachtet ihrer religiösen Überzeugungen willkommen heißt, wie es in Palästina vor der Eroberung durch die Zionisten üblich war. Der Oslo-Friedensprozess von 1993 versagte diesbezüglich und erwies sich schließlich als null und nichtig. Juden, die während der britischen Mandatsherrschaft nach Palästina einwanderten oder später während der zionistischen Herrschaft dort hingebracht wurden, sollten genauso ein Recht auf Staatsbürgerschaft haben; sie sollten das Recht besitzen, dort als Bürger unter Bürgern zu leben, nicht aber als Herrscher aufzutreten.

Das Problem in Palästina ist nicht der Widerstand des unter Besatzungsverhältnissen lebenden palästinensischen Volkes, sondern der israelische Staat selbst. Mit anderen Worten: Das Problem rührt von der Bildung eines rassistischen, kolonialen staatlichen Gebildes auf palästinensischem Boden her; eines Gebildes, welches gleichzeitig als politischer Vorposten und militärische Basis der USA in Westasien und im östlichen Mittelmeerraum dient.

Das palästinensische Volk hat, geprägt durch seine außergewöhnlichen Erfahrungen und Umstände, einen enormen Kampfgeist, eine beispiellose Standhaftigkeit entwickelt und diejenigen seiner politischen Anführer beiseitegedrängt, die es vorzogen, mit Israel zu kollaborieren. Der Widerstand gegen die Besatzung hat das palästinensische Volk auf eine so tiefe politische wie militärische Weise geeint, dass ein gemeinsamer Kampf um einen auf Selbstbestimmung beruhenden Staat möglich geworden ist, unabhängig von den womöglich existierenden Unterschieden hinsichtlich seiner Ausgestaltung. Heute arbeiten alle politischen Parteien und militärischen Strukturen zusammen. Diese Entwicklungen haben zu erstaunlichen Schlägen gegen die Besatzungskräfte geführt. Schläge, die der Westen nicht erwartete; und das trotz brutalster israelischer Aggression und der von Israel begangenen abscheulichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Es handelt sich hier um einen Kampf der Ameise gegen den Elefanten. Der Westen bietet Israel massenhaft direkte als auch indirekte militärische Hilfe an und hat zugunsten Israels umfangreiche diplomatische und Propagandakampagnen gefahren. Währenddessen kämpfen die Palästinenser mit leichten Waffen, ohne jegliche militärische Lieferketten, unter kompletter Blockade. Nichtsdestotrotz fügen sie dem Aggressor empfindliche personelle und materielle Verluste zu.

Nach drei Monaten des Krieges ist der Welt bewusst geworden, dass der palästinensische Widerstand nicht einfach besiegt werden kann und nicht besiegt werden wird. Auch wenn kein Zweifel darüber bestehen kann, dass der Zionismus bereit für den totalen Genozid ist, um seine Ziele zu erreichen, stehen seine westlichen Hintermänner vor ernsthaften Herausforderungen.

Das imperialistische Dominanzsystem in der Region ist bereits angespannt und bewegt sich dem Rande seines Zusammenbruchs zu. Seine wichtigste Stütze nach Israel —- das ägyptische Militärregime — wagt es nicht, Israels Plan, alle Bewohner Gazas auf den Sinai zu vertreiben, zuzustimmen — das wäre denn auch die Vollendung der Nakba. Das ägyptische Volk würde sich weigern, diese Kapitulation zu akzeptieren. Die von den USA seit Jahrzehnten vorbereitete Normalisierung der Beziehungen der arabischen Regime zu Israel ist zumindest verzögert, wenn nicht gar umgekehrt worden.

Andererseits arbeiten die Kräfte des Widerstands kontinuierlich am Aufbau einer breiten, Palästina unterstützenden Front. Die libanesische Hisbollah hat in dosierter Weise bereits eine zweite Front im Norden Israels eröffnet. Die Ansarallah (Houthis) im Jemen bilden eine ernsthafte Gefahr für den Seehandel mit Israel. Das vom Krieg geplagte Syrien, obwohl nach wie vor in Teilen durch die USA und die Türkei besetzt, ist noch immer ein geopolitisches Hindernis für die westliche Ordnung in der Levante. Der Iran ist weiterhin der wichtigste staatliche Unterstützer des palästinensischen Kampfes. Diese Kräfte treiben die Allianz des globalen Südens für einen sofortigen Waffenstillstand, für die Niederlage Israels als eines rassistischen, neokolonialen Förderers westlicher Interessen und für den Aufbau eines demokratischen Staates auf dem Boden des historischen Palästinas voran.

Die westlichen Eliten haben eine aggressive Propagandakampagne gefahren, um das Massaker am palästinensischen Volk zu rechtfertigen und um dem neokolonialen israelischen Gebilde legale Weihen zu verleihen. Sie kultivieren Islamophobie. Sie versuchen, Hass gegen die islamische Welt zu säen, denn in einem bedeutenden Teil der Welt fungiert der Islam als vereinigendes Moment gegen ihre globale Dominanz. Durch das Benutzen Orwell’scher Rhetorik versuchen diese Eliten, jegliche Verurteilung israelischer Verbrechen gegen die Menschlichkeit als Antisemitismus zu brandmarken. Trotz dieser Kampagne demonstrieren hunderttausende Menschen für Palästina, selbst in den westlichen Ländern.

Angesichts dieses brutalen Feindes bedarf Palästina noch stärkerer Unterstützung durch all diejenigen, die für demokratische Rechte, für Selbstbestimmung gegen Imperialismus und Kolonialismus und für eine neue internationale Ordnung eintreten. Die Verhinderung der Vernichtung der Palästinenser, das Zu-Fall-Bringen des neokolonialen Plans des Westens in Palästina mit der Aussicht auf die Bildung eines demokratischen Staates wird sich positiv auf all die derzeitigen und bevorstehenden antiimperialistischen Kämpfe in der Welt auswirken.

***

Dieser Aufruf wurde von der „Internationalen Initiative für Frieden – den dritten Weltkrieg stoppen“ verfasst. Diese gründet sich im Oktober 2023 in Rom auf einer Konferenz, die von folgenden Organisationen unterstützt wurde.

Die Antiimperialistische Koordination (AIK, Österreich) und das Anti-imperialist Camp (international) sind daran beteiligt.

Wir sammeln gegenwärtig unterstützende Organisationen. Wer Interesse hat, meldet sich bitte bei: aik@antiimperialista.org

 

 

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