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Demokratische Revolution … gegen den Westen

Syrien darf nicht Libyen werden


9. September 2011
Von Antiimperialistische Koordination (AIK)

Seit Monaten kämpft das syrische Volk für Demokratie. Nachdem sich das Assad-Regime Tag für Tag als reformunfähig erweist und auf die legitimen Forderungen nur mit Gewalt zu antworten weiß, entwickelt sich die Bewegung zunehmend in eine Revolution, für die auch ein hoher Blutzoll zu zahlen sein wird.


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Revolte gegen Neoliberalismus

In Europa, und auch von vielen Exilanten, ist ausschließlich von Demokratie die Rede – doch das ist gefährlich. Denn in den letzten Jahren hat sich die Demokratie zum neokolonialen Exportschlager entwickelt – siehe Irak und Afghanistan. Ohne weitere Erklärung bedeutet Demokratie die mehr oder weniger vermittelte Herrschaft der westlichen Oligarchie, die das einfache Volk letztlich politisch und sozial ausschließt.

In Syrien handelt es sich wie in der gesamten arabischen Bewegung auch um eine soziale Bewegung gegen die kapitalistischen Eliten, die von der Diktatur profitieren und oft auch familiär mit ihr verbunden sind (siehe den Milliardär und Cousin Assads Rami Makhlouf). Dieser soziale Aspekt der Massenbewegung, der von den revolutionären Kräften vor Ort unterstrichen wird, ist entscheidend. Denn Demokratie für die breiten Volksmassen kann es nur in Kombination mit sozialer Gerechtigkeit und sozio-ökonomischer Selbständigkeit vom Westen geben.

Gegen die regionale Ordnung

Das Assad-Regime bezog (und bezieht teilweise bis heute) im Gegensatz zu den meist prowestlichen arabischen Diktaturen einen Teil seiner Legitimität aus dem, was es als Widerstand gegen die US-israelische Ordnung darstellt. Und tatsächlich unterstützt es die libanesische Hisbollah, die Israel die Stirn bot, gewährt dem palästinensischen Widerstand Unterschlupf und bildet eine Achse mit Teheran, das die US-Vormacht herausfordert.

Doch dieser Widerstand ist relativ, historisch und gegenwärtig. Denn als die libanesische Revolution im Bündnis mit den Palästinensern zu stark wurde, intervenierte Assad militärisch. Die spätere Kontrolle über den Libanon erkaufte sich das Regime mit der Unterstützung für den US-Krieg und das Embargo gegen den Irak. Und mit Israel gibt es zwar keinen Friedensvertrag, weil die Zionisten den Golan nicht zurückgeben wollen, doch von aktivem Widerstand kann nicht die Rede sein. Vor allem aber verteidigt Assad den regionalen Status der US-Ordnung (aus Selbstschutz), wie er von der demokratischen Massenbewegung in der Region bekämpft wird.

Ein Sieg der syrischen Revolte könnte der US-Ordnung in der Region einen weiteren, ernsthaften Schlag versetzen und den Volksbewegungen in der arabischen Welt enormen Auftrieb gegen. Doch der Ausgang ist keineswegs gesichert, denn ein Umsturz kann, wenn die revolutionären Kräfte nicht auf der Hut sind, auch zur Neuordnung im Sinne des Westens missbraucht werden.

Säkularismus versus Konfessionalismus

Assad gibt sich gerne als Garant eines säkularen Staates. In Wirklichkeit ist die Verquickung von politischer und wirtschaftlicher Macht mit der Religionsgruppe der Allawiten Öl ins Feuer konfessioneller Spannungen.

Das Regime malt wie seine Kollegen in Ägypten, Tunesien und auch im Westen den sunnitischen Islamismus als Teufel an die Wand. Und tatsächlich gibt es wie anderswo in der islamischen Welt fundamentalistische Gruppen, doch die sind eine kleine Minderheit.

Mit den demokratischen Bewegungen wurde zudem eine Umkehrung eingeleitet. Die Massen brauchen den Islamismus nicht mehr, um ihre Stimme gegen die westliche Dominanz zu erheben. So sehr sie sich als Muslime fühlen, fordern sie zuerst Demokratie. Das ist auch in Syrien nicht anders. Auf der anderen Seite hat Washington verstanden, dass es nur durch die Zusammenarbeit zumindest mit einem Teil der Muslimbrüder die Revolutionen eindämmen kann. So schnell kann „böse“ zu „gut“ werden, wenn es die Machtpolitik erfordert.

Neben dem Regime selbst sind die Treiber der Konflikte zwischen den Religionsgemeinschaften die prowestlichen Kräfte, vor allem die mit Saudi-Arabien verbundenen Islamisten. Der einzige Garant für die Einheit der Konfessionen ist die demokratische Bewegung selbst. Alle ihre Komponenten, von der Linken, über die Nationalisten und die islamischen Kräfte haben das immer wieder betont.

Gegen Militärintervention und Sanktionen

Revolutionen sind nicht gratis, sie erfordern Opfer. Diese können nicht durch westliches Eingreifen minimiert werden, im Gegenteil. Das schlimmste, was der syrischen Bewegung passieren kann, ist, durch eine westliche oder eine türkische (vom Westen gesteuerte) Militärintervention um die Früchte ihrer Opfer gebracht zu werden. Die libysche Tragödie darf sich nicht wiederholen, wo die westlichen Konzerne schon die Messer wetzen und Demokratie nur das Recht auf Ausbeutung bedeutet. (Vermutlich werden die Nato-Bomben im ölreichen Libyen Öl-Islamisten à la Golf an die Macht bringen…)

Die Forderung nach Sanktionen geht dann in die falsche Richtung, wenn sie die westlichen Regierungen zum Eingreifen auffordert. Denn die hören es nur zu gerne, wenn sie von einer demokratischen Bewegung einen Persilschein für Intervention ausgestellt bekommen. Denn was ist die logische Konsequenz aus nicht wirksamen Sanktionen? Militärische Mittel, was sonst.

Eine Revolution ist nur dann ihren Namen wert, wenn sie den Volksmassen zu mehr Freiheit und sozialer Gerechtigkeit verhilft und sie sie in einer neuen Herrschaftsform repräsentiert – nicht aber, wenn sie die alten Kolonialherren zu Hilfe ruft, die letztlich die ganze Misere verursacht haben. Die Revolution muss mehr Selbständigkeit vom Westen schaffen (politisch, wirtschaftlich, kulturell), nicht weniger als Assad. Sonst wird sie zur Konterrevolution im Namen der Demokratie.

Weg mit der US-israelischen Ordnung in der Region!
Demokratie ist Volksherrschaft oder sie ist nicht!

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