Wir, die UnterzeichnerInnen dieses Aufrufs, sind als Teil der internationalen Zivilgesellschaft zunehmend besorgt über das schreckliche Blutvergießen, welches das syrische Volk gegenwärtig erleidet. Daher unterstützen wir folgende politische Initiative, die auf der Basis der Ergebnisse einer Fact-finding-Mission, die unsere Kollegen im September 2012 nach Beirut und Damaskus unternahmen, zu Stande gekommen ist: Wir rufen zu einer Delegationsreise hochrangiger Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens auf, die sich nach Syrien begeben sollen, um mit den wichtigsten politischen Akteuren zu sprechen. Damit soll geholfen werden, den Weg für eine politische Lösung des bewaffneten Konflikts zu ebnen, der den Weltfrieden ernsthaft gefährdet und die Existenz Syriens als unabhängiger und souveräner Staat bedroht.
In diesem Sinn schließen wir uns folgender Erklärung an:
Alle Augen sind auf den Krieg in Syrien gerichtet, der dem Volk einen zu hohen Blutzoll abverlangt. Die legitime Bewegung des syrischen Volkes für demokratische Rechte begann ebenso friedlich wie die seiner arabischen Geschwister. Nun läuft sie Gefahr in einen konfessionellen Krieg mit regionaler und internationaler Beteiligung zu degenerieren. Auch die zunehmenden geopolitischen Verstrickungen sind besorgniserregend.
Wir sind uns bewusst, dass keine Seite einen solchen Abnutzungskrieg in kurzer Frist für sich entscheiden wird können. Währenddessen muss das syrische und arabische Volk zuschauen, wie die Errungenschaften ihres Widerstands gegen die westliche und israelische Vorherrschaft sowie die regionalen Diktaturen niedergehen und am Ende ganz zerstört werden könnten.
Um jedoch diese Errungenschaften zu retten und den Kampf für Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Selbstbestimmung fortzusetzen, ist eine politische Lösung des Konflikts mittels Verhandlungen unumgänglich. Nur auf diese Art und Weise kann der Konfessionalismus eingedämmt, eine ausländische Intervention abgewendet werden und die demokratische Massenbewegung die Oberhand behalten.
Um das Blutvergießen zu beenden und eine politische Lösung zu unterstützen, handeln wir auf der Basis folgender Kriterien:
1) Volle Unterstützung für einen politischen Prozess, der mittels Verhandlungen und über einen Waffenstillstand beginnen sollen. Hand in Hand damit soll es zur Deeskalation und Entmilitarisierung des Konflikts kommen, was der Bevölkerung erlauben würde, dringend benötigte Hilfeleistungen entgegenzunehmen und ihren Willen friedlich und schließlich auch an den Wahlurnen zum Ausdruck zu bringen.
2) Da jede Lösung auf dem souveränen Willen des syrischen Volkes aufbauen muss, weisen wir jede Form ausländischer militärischer Intervention kategorisch zurück, von welcher Seite sie auch kommen möge.
3) Das Recht auf Selbstbestimmung zu respektieren bedeutet auch die demokratischen und sozialen Rechte der breiten Bevölkerungsmehrheit zu respektieren. Daher darf keine wichtige politische Kraft a priori aus einem politischen Prozess ausgeschlossen werden. Ein dauerhaftes Friedensabkommen muss zu einem konstitutionellen Prozess führen, der freie Wahlen, organisiert durch eine Übergangsregierung, vorsieht.
4) Da es im Verlauf des Konflikts zunehmend zu einer Instrumentalisierung konfessioneller Zugehörigkeiten gekommen ist, die den politischen Zusammenschluss der Bevölkerung auf der Grundlage der Demokratie erschwert, unterstützen wir alle Initiativen und Tendenzen unter den politischen wie militärischen Kräften, die sich für Toleranz zwischen den Religionsgruppen auf der Basis der Gleichberechtigung aller Staatsbürger einsetzen.
Mit unserer Unterschrift sprechen wir der internationalen Delegation, die sich Anfang 2013 nach Syrien begeben wird, unsere volle Unterstützung aus – in der Hoffung, dass diese Initiative einen wichtigen Beitrag für den Frieden in der Region leisten wird.
Auszug aus der Liste der ersten Unterstützer und Unterstützerinnen:
• Ernesto Cardenal, poet, Sandinist politician and theologian of liberation, Nicaragua
• Gianni Vattimo, philosopher, Italy
• Hans von Sponeck, retired UN diplomat and university professor, Germany
• Mairead Maguire, peace nobel price laureate, Northern Ireland
• Norman Paech, professor for international law at the university of Hamburg, for MP for the “Linke, Germany
• Manolis Glezos, resistance fighter against Nazi occupation, Greece
• Annette Groth, MP for the “Linke”, Stuttgart, Germany
• Margherita Hack, astro-physicist, Italy
• Gilberto López y Rivas, social anthropologist, Mexico
• Samir Amin, Egyptian-born economist, director of the Third World Forum, Dakar, Senegal
• Werner Ruf, retired professor for political sciences researchin on peace and conflict resolution, university of Kassel, Germany
• Paul Larudee, Co-Founder, Free Gaza Movement, Free Palestine Movement, Global March to Jerusalem, USA
• Santiago Alba Rico, Spanish writer, resident in Tunis, Tunisia
• Carlos Varea González, university professor and leading member of the “Campaign against the Occupation and for the Sovereignty of Iraq” (CEOSI), Spain
• Andrej Hunko, MP for the „Linke“, member of PACE, Aachen, Germany
• Walden Bello, MP Akbayan, professor for sociology, Philippines
• Inge Höger, MP for the “Linke”, North Rhine-Westphalia, Germany
• Jean Ziegler, author, Switzerland
• Jesus Iglesias Fernández, senator, Spain
• Francisco Vigueras Roldán, journalist, Spain
• Manuel Garcia Fonseca, former MP and speaker of CSCA (Spanish Committee for the Arab Cause), Spain
• Ignasi Riera Gassiot, writer and ex MP in the Catalonian Parliament, Spain
• Eren Keskin, human rights activist and layer, Istanbul, Turkey
• Richard Falk, professor emeritus for International law and UN special rapporteur, USA
• Ignacio Ramonet, director Le Monde Diplomatique, Spanish edition, France
• Niema Movassat, MP for the “Linke”, Oberhausen, Germany
• Leo Gabriel, social anthropologist, journalist and member of the Executive Committee of the World Social Forum, Austria / Latin America
• Vangelis Pissias, Professor in International Economic Affairs, leading organiser of the Gaza Freedom flotilla, Greece
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