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Mehr Verantwortung übernehmen

28. Juni 2021
Von R. Brunath

Zum Zerfall Jugoslawiens vor 30 Jahren


Die Unabhängigkeitserklärung im  Juni 1991 von Kroatien und Slowenien waren das Ende des jugoslawischen Bundesstaats. Damit nahm das Unheil seinen Lauf. Dieser Bundesstaat, bestehend aus den sechs Teilrepubliken Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Mazedonien und Serbien mit den beiden autonomen Provinzen Vojvodina und Kosovo, entstanden nach den Verheerungen der faschistischen deutschen Besatzung, wurde weltweit geachtet als Mitbegründer der Blockfreienbewegung. Die von Kroatien und Slovenien beriebenen Sezessionen vor 30 Jahren waren der Auftakt zu den schwersten bewaffneten Konflikten in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, die 1999 im NATO-Krieg gegen das verbliebene Jugoslawien kulminierten.

Vielfältige innenpolitische Gründe, (regionale Unterschiede zwischen reicheren und ärmeren Teil-Republiken des Bundesstaates Jugoslawien), wurden von außen genutzt, um innere Bestrebungen zur Loslösung aus dem Bundesstaat anzufeuern – denn ohne internationale Unterstützung, in erster Linie aus der BRD, wären Separatisten nicht durchsetzungsfähig gewesen.                       

Die geschichtliche Verantwortung für die Zerstörung Jugoslawiens trägt die BRD-Politik, die dem kroatischen Nationalisten Franjo Tudjman als einem Anhänger des faschistischen Ustascha-Regimes durch den BRD-Auslandsgeheimdienst BND in den Achtzigerjahren massive finanzielle Unterstützung zukommen ließ, und Anfang der Neunzigerjahre hatte BRD-Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) im Verbund mit dem Vatikan dessen Loslösungsbestrebungen mit der Aussicht auf rasche Anerkennung bekräftigt.    

Und Klaus Kinkel (FDP), 1979 bis 1982 Chef des BND, 1992 bis 1998 Außenminister, prägte die Maxime, man müsse „Serbien in die Knie zwingen“. (das klingt wie AKK´s aktuelle Selbstüberschätzung, man „müsse Russland aus einer Position der Stärke begegnen“) Es blieb dem Grünen-Außenamtschef Joseph Fischer vorbehalten, zusammen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) das erste Mal seit 1945 deutsche Soldaten wieder in den Krieg zu schicken. Die völkerrechtswidrige NATO-Intervention war der Kulminationspunkt einer fast zehnjährigen antiserbischen Zerschlagungspolitik, die in Zagreb (Kroatien) ihre Wurzeln hatte und die Massenmorde und millionenfache Flucht provozierte.

Das Verständnis der Rolle Deutschlands ist nicht nur von historischem Interesse. Denn bis heute dient die gnadenlose Parteinahme für die kroatische sogenannte „Unabhängigkeitsbewegung“, vor allem aber die darauf folgende Sezession der Nachbarrepublik Bosnien-Herzegowina mit daraus resultierendem blutigen Bürgerkrieg zur Begründung der vermeintlichen Notwendigkeit militärischer Interventionen. Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock bekundet unumwunden ihre Sympathie für die Zerstörung Jugoslawiens und das Ringen der Grünen Partei um die Zustimmung zum NATO-Krieg 1999 habe sie in die Partei gebracht.

Galten der BRD-Außenpolitik der kroatischen Sezession alle Sympathien, zeigte man der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung die kalte Schulter, den (türkischen) Kurden die Gefängniszelle. Die Grünen sind die Lautesten – mit Baerbock an der Spitze – wenn es darum geht, die Eingliederung der Krim in die Russische Föderation zu geißeln, während die rechtswidrige Sezession des Kosovo als Befreiung vom serbischen Joch gefeiert wird. Das ist schizophren.

Der Unabhängigkeitserklärung der Parlamente in Ljubljana und Zagreb folgten kurzfristige bewaffnete Eingriffe seitens des Bundesstaates, die mit einem von der EG vermittelten Abzug der regulären jugoslawischen Bundestruppen Anfang Juli endeten. Die Kohl-Genscher-Regierung erkannte als erster europäischer Staat am 23. Dezember 1991 Slowenien und Kroatien als eigenständige Staaten an. Einer Befriedung des Konflikts diente der von der BRD geführte Schritt nicht, wie die nachfolgenden Jahre zeigten.

Die bewaffneten Auseinandersetzungen in Kroatien eskalierten zum brutal geführten Bürgerkrieg, der mit Unterbrechungen bis zum August 1995 dauerte. Die in der Sezessionsrepublik lebenden 250.000 Serben fürchteten um ihre Existenz – zu sehr erinnerte der neue kroatische Staat mit seiner Flagge und seinen nationalistischen Parolen an das alte faschistische Kollaborationsregime der Ustascha. Kroatiens Serben kämpften über die Jahre um den Verbleib in Jugoslawien und gründeten ihrerseits auf einem Drittel des Gebiets des für unabhängig erklärten Kroatien eine eigene „Republik Serbische Krajina“. Der Sezession von der Sezession blieb jede internationale Unterstützung verwehrt. Die Serben wurden zu Parias erklärt, angebliche Kriegsverbrechen sorgten für internationales Aufsehen – serbische Opfer gab es in dieser Wahrnehmung nicht. Vor rund einem Vierteljahrhundert, im Sommer 1995, vertrieb die von der NATO aufgerüstete und ausgebildete kroatische Armee im Zuge von zwei „Blitz“ und „Sturm“ getauften Offensiven 200.000 Serben aus Kroatien. Bis heute wird dort diese Massenvertreibung als Befreiung gefeiert.

„Mehr Verantwortung übernehmen“ ist seitdem die außenpolitische Maxime Deutschlands. Zum Ausdruck kommt sie mal durch die Entsendung eines deutschen Kriegsschiffs ins Südchinesische Meer, mal in der Forderung des Grünen-Ko-Vorsitzenden Robert Habeck nach Waffenlieferungen an die Ukraine die sie zur „Rückeroberung der Krim“ brauche, mal sterben deutsche Soldaten in Mali, die da nichts zu suchen haben.

 

Rainer Brunath 26.6.2021

 

 

 

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